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9- R e i s e vom Rio Grande de Belment e zum Rio dos Ilheos
welche in kleinen Gesellschaften diese Gebüsche durchstreifen. Die Bewohner
der Gegend ziehen häufig die Jungen dieser zärtlichen Thierchen auf,
die zwar sehr zahm werden, aber dennoch oft sehr beifsig bleiben. Sie
näirden in Europa sehr beliebt seyn und daher oft dahin gebracht wei^den,
wenn ihnen nicht die Seereise zu gefährlich wäre. Der Flufs Taipe hat
ein Zucker-Engenho und mehrere Engenhocas, wo man Branntwein aus
dem Zuckerrohre bereitet; man nennt in allen diesen Theilen von Brasilien
die gewöhnlichste, schlechteste Art des "Zuckerbranntweins ^^oa
ardente de Cannai die zweyte schon mehr abgezogene Agoa ardente
de Mel^ und die beste Art kommt aus Bahia und wird Cachaza genannt.
Aus Europa fühi-t man alsdann andere Sorten stai^ker Getränke ein, zum
Beyspiel Agoa ardente do Reino (aus Portugal) Genever {Genehre) aus
Holland, Rum u. s. w. Auf den Pflanzungen am Tazpe pflanzt man Mandiocca.
Reis, Zuckerrohr u. s. w. jedoch von der ersteren nicht einmal so
viel, dafs man Aer P^illa dos Ilheos den nöthigen Bedarf zum Unterhalte
liefern könnte. Dieser Mangel ist ein Beweis von der Indolenz und geringen
Industrie der Bewohner. Sie sind zufrieden, wenn sie kärglich Mehl,
Fisch und trockenes Salzfleisch haben, und zuweilen noch einige Krabben
{Caranguejo) aus den Mangue-Gebüschen finden. An Verbesserung ihres
Zustandes , so wie an Vervollkommnung des Landbaues denken nur sehr
wenige. Ihre Indolenz geht so weit, dafs es ihnen selbst gleichgültig ist,
wenn sie Geld verdienen können. Der Kaffee gedeihet hier am Flusse
ganz vortrefflich, und man kauft dieses bey uns so allgemein beliebte
Produkt in der P^illa sehr wohlfeil; dennoch bauet man ihn sehr wenig,
und der Handel damit ist äufserst unbedeutend.
Nur die untern Ufer des Flusses sind durch Fazendas und Wohnungen
geziert; so wie man diese zurückgelegt hat, erblickt man zu beyden
Seiten nur hohe Waldung, und wo diese fehlt ist das Ufer durchaus
schön grün bewachsen, und bildet zum Theil*^ansehnliche Höhen oder
R e i s e vom-iftio Grande de Belmonte zum Rio dos Ilheos g3
angenehme Hügel; in den hohen Wäldern blicken die Kronen der wilden
Cocospalmen aus dem dichten Geflechte der Laubgebüsche mahlerisch
hervor. Eine Menge von Wasserpflanzen bilden zu beyden Seiten an
den Ufern ein dichtes Gehäge, aus welchem die Aninga {Arum linife-
RUM^ ARRUDA), mit ihrem kegelförmigen nach oben verdünnten Stamme,
7 bis 8 Fiifs über das Wasser empor wächst, und mit grofsen pfeilförmigen
Blättern ein sonderbares Dickicht bildet. Piso hat diese Pflanze
in seinem 4ten Buche, Capitel LXX {de Facultatibus simpliciurn) pag.
io3 recht kenntlich abgebildet. Auf diesen Wassergewächsen leben mancherley
Vögel, insbesondere die Drossel mit dem gelben nackten Halsflecke
{Turdus hrasiliensis) die Piagoca {Parra Jacana^ LINN.) und das schön
blaue Wasserhuhn {Gallínula martinicensis), das wir seit langer Zeit
nicht mehr beobachtet hatten. Dieser Vogel hat ein vorzüglich schönes
Gefieder und kommt in seiner Lebensart vollkommen mit unserer deutschen
Gallinula chloropus überein, da er eben so wie diese gut schwimmt
und auch auf den Halmen und Zweigen der Wassergewächse umherhüpft.
Der grofse Myuá {Plotus melanogaster') war hier häufig und weniger
scheu als aia andern mehr südlich gelegenen Flüssen ; wir erlegten mehrere
derselben, so wie die niedliche Picapara {Plotus surinamensis^ LINN.
oder Podoa^ ILLIGERI) die ihre kleinen nackten Jungen nach Art der Taucher
{Podiceps) unter den Flügeln umherträgt. Eine angenehme Unterhaltung
gewähren auf diesem Flusse dem Naturforscher auch die Fischottern
{LonD-as)^ welche in Gesellschaft leben und bis auf Schufsweite
vordemCanoe hinschwimmen, oft über das Wasser hoch emporkommen,
laut schnarchend Luft schöpfen, und sonderbare Töne hören lassen. Zuweilen
erscheinen sie mit einem. grofsen Fische im Rachen, als wollten
sie ihre Beute zeigen, und tauchen dann schnell wieder hinab. Indefs
wird man ihrer selten habhaft; denn wenn sie durch den Sclmfs nicht
sogleich tödtlich verwimdet sind, so bekommt man sie nicht wieder zu
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