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1 7 6 A u f e n t l i a l t zii Vareda und Reise bis Minas Geraes
Von Tambiiril nach den Gränzen von Minas hin durchschneidet man
eine rauhe, einförmig- mit Catinga bewachsene, etwas berg^igte und von
Schluchten zerrissene Gegend; man folgt dem Riacho da Ressaque^ an
welchem anfangs ein sehr angenehmer We g , im Schatten überhängender,
und von schönen Colibris umschwirrter Gebüsche mancherley Art, hinaufführt.
Der kleine Bach macht einige Cascaden uad verbreitete eine angenehme
Kühlung, da die Hitze grofs und der W e g zum Theil sehr beschwerlich
für unsere Lastthiere war. Dabey vergütete die Mannichfaltigkeit der
uns umgebenden Blumen reichUch die kleinen Beschwerden der Reise. Unter
den schönen beobachteten Gewächsen nenne ich herrliche C«557a-Stämme,
deren grofse orangenfarbene Blumenbüschel den köstlichsten Geruch duften
schöne violet und roth gefärbte aber geruchlose Passionsblumen
{^Passiflora) ^ und ein rankendes Gewächs mit hochdunkelrothen Blumen,
welches über unseren Häuptern das Gebüsch zu einem Laubengange verflocht
C''''^). Die Gesträuche stachlichter Mimosen von unendlich fein gefiedertem
Laube waren uns Reisenden auf den zum Theil unwegsamen Pfaden
sehr beschwerlich, indem sie den jetzt von der Sonne ausgetrockneten
gelben oder rothen Letten, aus welchem hier die Oberfläche der Ei^de
besteht, überziehen. Sobald man die Bergrücken erstiegen hat, welche
einförmig einander überhöhen und durchaus gleichartig mit Catinga oder
Carasco bedeckt sind, folgt man schmalen kleinen Wiesen mit
(*) Diese Alt scheint Cassia mollis^ VAHL, ZU seyn.
(**) Wahrscheinlicli eine neue Ipomaa.
(***) Carasco nennt man die niedrigste Art der Waldüngen, oder die letzte Gradation
derselben, welche an die grofsen ausgetrockneten ebenen Heiden oder Campos Geraes grän^t.
Sie erreichen eine Höhe Ton zehen bis zwölf Fui's, und scheinen aus ziemlich gleichartigen
Holzarten zu bestehen; man kann sie mit den in manchen Gegenden von Deutschland yorkommenden
Haselhecken oder Haselgebüschen vergleichen, mit welchen sie sehr viel Aehnlichkeit
zeigen5 da diese Gesträuche sämmtlich abgestorben waren, so konnten die Gewächse nicht
bestimmt werden, welche sie bildeten.
A u f e n t h a l t zu Vareda und Pveise bis Minas Geraes 1 7 7
mancherley rohrartigen Gräsern angefüllt an dem Flüfschen Ressaque ^
und wird überall durch neue Vogelstimmen und Gewächse angenehm
unterhalten. Hier fand ich nicht selten das merkwürdige Nest einer noch
nicht beschriebenen Vogelart (=•'), das aus einer grofsen Menge kleiner
Stückchen dürren Holzes zusammengesetzt, schwebend aufgehängt und
mit einer kleinen runden OefFnung als Eingang versehen ist; der Vogel
pflegt alle Jahre ein neues Nest über das alte zu setzen, so dafs ich dergleichen
Wohnungen von drey bis vier Fufs Länge an einem dünnen
Zweige aufgehängt gefunden habe. Bey der Untersuchung einer dieser
luftigen Wohnungen fanden wir dieselbe an ihrem unteren Ende von einer
unbekannten Mäuseart bewohnt, während der Vogel selbst den oberen
Theil noch in Besitz hatte.
Da, wo der Rasenüberzug die Gebürgsarten dieser Höhen hervorblicken
liefs, fand ich Stavrolith in einfachen Crystallen, mit etwas Hornblende
in Glimmerschiefer, Die Niederwaldungen oder Carascos, durch
welche wir hinauf ritten, standen in dieser ganzen Gegend zu unserer
nicht geringen Ueberraschung ohne Ausnahme völlig entlaubt da, wie unsere
europäischen Waldungen im Winter. Bey unserer Ankunft zu Ressaque
erhielt ich über diese Erscheinung keinen befriedigenden Aufschlufs.
(*) Anahates raßfrons^ anf dem Museo zu Berlin imter dem Nahmen der Sylvia rafifrons
bekannt. Seine Lange betragt 6 Zoll 9 Linien j alle oberen Theile haben ein leichtes blasses
Graubraun, hier und da ein wenig gelblich überlaufen j Stirn und Scheitel mit schmalen zugespitzten
Federn besetzt, welche aber keine eigentliche Haube bilden; Stirn dunkel-rostbraun;
über das Auge hin zieht ein undeutlicher blais weiisgraulicher Strich; alle unteren Theile sind
blals graubräunlich weifslich gefärbt; Kehle und Mitte des Bauchs am weiisesten; After und
Seiten sind stark gelblich überlaufen; Flügel, so wie die oberen Theile im Allgemeinen etwas
oliven-graubräunlich überlaufen.
(**) Miw pyrrhorinos, die CatInga-Maus mit sehr langem Schwänze; ihre Gröise ist beynahe
die der mittleren Haselmaus; Körper fahl graubräunlich gemischt, etwa Yon der Farbe
des Hamsters; Gegend um die Nase, die diinnbehaarten ziemlich grofsen Ohren, und Schenkel
in der Gegend des Schwanzes rothbraun.
Th. II.
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