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180 A u f e n t h a l t zu Vareda und Reise bis Minas Geraës
rundete Höhen und Rücken aus, welche mit hohem trockenem Grase und
einzehi zerstreuten Gesträuchen bedeckt sind. In diesen weiten Campos^
welche sich bis zum Rio S, Francisco bis Pernamhuco ^ Goyaz und weiter
ausdehnen, laufen in verschiedenen Richtungen die Thaleinschnitte, in
welchen die Flüsse entspringen, die von diesem erhöheten Rücken herab
dem Meere zufliefsen. Unter ihnen ist besonders der Rio S, Francisco zu
bemerken. Er entspringt in der Serra da Canastra^ welche man als die
Gränze zwischen den Capitanien von Minas Geraës und von Goyaz ansehen
kann. In den Thälern, welche diese weiten nackten Rücken und
Flächen durchkreuzen, findet man die Ufer der Flüsse und Bäche von
Waldungen eingefafst, auch befinden sich noch besonders in den Vertiefungen
verborgen hier oder da einzelne Gebüsche, besonders je mehr man
sich den Gränzen von Minas Geraës nähert, und diese Art der Bewaldung
ist zum Theil einer der eigenthümlichen Charakterzüge dieser offenen
Gegenden. Oft glaubt man eine anhaltende Fläche vor sich zu haben und
steht plötzlich an einem schmalen, steil eingeschnittenen Thale, hört in
der Tiefe einen Bach rauschen und sieht auf die Gipfel der Waldbäume
nieder, welche, von mannichfaltigen Blumen verschieden gefärbt, seine
Ufer einfassen. Es herrschen hier bey meist bedecktem Himmel in der
kalten Zeit beständige Winde, und in den trockenen Monaten eine brennende
drückende Hitze; dabey ist alles Gras vertrocknet, der Boden glühend
heifs, und Mangel an trinkbarem Wasser. Aus dem Gesagten geht
hervor, dafs diese Campos Geraës des östlichen Brasiliens, obgleich auch
waldlos und gröfstentheils eben, dennoch sehr verschieden von den Steppen
sind, deren Vergleichung in der alten und neuen Welt wir auf eine so
anziehende Art von Herrn VON H U M B O L D T geschildert lesen (-) ; denn die
Llanos oder die nördliche Steppe am Orinoco und à^G Pampas von Buenos
(*) Ansichten der Natur ß. I. S. 1. und Voyage au Nouveau Continent etc. T. II. pag.
147, 148 und 149, so -wie in der Note.
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Ayres sind schon den Campos Geraes sehr unähnlich, um so mehr die
Steppen der alten Welt. Sie sind nicht völlig eben, sondern mit sanften
Höhen und abgeflächten Rücken abwechselnd, daher ist ihr Anblick einförmig
und todt, besonders in der Zeit der Trockenheit. Dennoch sind
sie nie so nackt wie die Llanos und Pampas^ und noch weniger als die
Steppen der alten Wel t , denn überall überzieht ein Gras dieselben, welches
oft hoch aufschiefst, und niedere Gesträuche bedecken gewöhnlich die
sanfteren Gründe, auch zuweilen ganze Flächen, daher vermifst man hier
mehr die dort so heftige Wirkung der Sonnenstrahlen, und es fehlen
folglich die trockenen heifsen Sandwinde der Llanos^ der afrikanischen und
asiatischen Steppen, die eine grofse Beschwerde für die Preisenden in jenen
Gegenden sind. Hat man von der Küste aus diese erste Gradation der Höhe
des inneren Brasiliens erstiegen , welche in der von mir besuchten Gegend
nicht bedeutend hoch ist, indem daselbst kein Schnee fällt und nur selten
Fröste und Hagel sich zeigen, auch ein grofser Theil der Bäume zu allen
Zeiten des Jahres das Laub behält, welches weiter nach Westen an einigen
höheren Punkten schon anders ist, und wandert auf diesen Campos Geraes
nach den höheren Gegenden derselben fort, so erreicht man alsdann die
Gebürgsketten, welche über dieselben sich hinziehen, die indessen mit den
Cordilleren des spanischen Amerika nicht zu vergleichen sind, und weder
Schneekuppen noch Vulkane haben. Herr VON E S C HWE G E hat uns von
den höhei^en Serras in Minas Geraes Nachricht gegeben, und VON HUMB
O L D T erklärt die Verbindung der Gebürgsketten des spanischen und des
portugiesischen Amerikas ^^^^ Rücksicht ihrer belebten Schöpfung
kommen die waldlosen Regionen von Süd-Amerika mit einander überein,
und sie unterscheiden sich dadurch besonders von den Steppen der alten
W e l t , dafs alle ihre verschiedenen Urvölker zur Zeit der Entdeckung
durch die Europäer, Jäger auf der untersten Stufe der Cultur, die der alten
(•*) Voyage au Nouveau Continent etc. Tora. II. pag. i53.
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