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R e i s e vom Rio Grande de Belmonte zum Rio dos Ilhéos
fühlten wir uns sehr ang-enehm durch die Ansicht des schönen kleinen
Hafens von Ilhéos überrascht, in welchem dieser Flufs mit einer schnellen
Wendung nach Süden zwischen zwey mahlerisch mit Cocospalmen bewachsenen
Felshügeln in die See tritt. Vor seiner Mündung- liegen ein Paar
kleine Fels-Inselchen, von welchen die Gegend den Nahmen Ilhéos erhalten
hat. Zwey Landzungen schliefsen von beyden Seiten diesen Hafen ein; an
der inneren oder nördlichen, zwischen dem Flusse und der Seeküste ist
die f^äla dos Ilhéos oder de S, Jorge erbaut; hier bildet der Flufs einen
ruhigen, geschützten schönen Busen, dessen anziehendes Gemähide durch
einen Hain von Cocospalmen erhöhet wird; ihre federartigen Blätter
schwanken auf hohen schlanken Schäften wogend im Winde , und den
Boden bedecken in ihrem Schatten zwey niedrige Pflanzen, eine Calceolaria
und eine Caphea^ beyde den Botanikern noch unbekannt. Nach
dem Lande hinein erheben sich dichte Waldungen, und unmittelbar bey der
dasselbe in den Philos. Transact, vol. 21. pag. 3oo von dort her beschrieben. Seeströmungen
treiben dasselbe an die brasilianischen Küsten, so wie sie Saamen von Mimosen und andern
tropischen Gewächsen an die Küsten von England und Norwegen führen. Da ich nun die
brasilianische Seeküste verlassen werde, um mich mehr in das Land hinein zu begeben, so
will ich hier in der Kürze die verschiedenen Arten von Conchylien nennen, die mir von Rio
de Janeiro bis nach Ilhéos^ also zwischen dem 28 ten und i5ten Grade südlicher Breite auf dem
Strande vorgekommen sind, auch befinden sich einige Landschnecken tuiter dieser Zahl: Lepas
tiniinnabalam ^ Pkolas candida, Teilina roslrala^ Cardium ßav>um , MacCra striatula, Donax denticalata,
Donax ciineata, Venus Papkia, V. Gallina^ V. laeta, F. castrensis ^ V. PJiryne , V.
affinis, V. concéntrica^ Spondylus plicatus, Chama gryphoides^ Area Noae, A. harbata^ A.
decussata^ A. aequilatera, A. indica, A. rhomboidea, Osirea eduUs, My tilas e dulls, Pinna
nobilis, Conus stercus muscarum, Cypraea Carneóla, C. caixrica, Bulla Ampulla^ B. Velum,
Voluta Aaris Malchin V. Auris Sileni, V. Oliva, V. hiatula, V. Ispidala, V. glabella, V.
bullata ^ Buccinum Galea, B. tuberosum, B. decu.ssatam, B. Harpa, B. haemastoma, B. porcatum,
B. ßuviatile, Strombus Lucifer, S. Bryonia^ Murex Lotorium, M. Mario, M. Trapezium,
M. Aluco, Trochus radiatus, T. distortus, T. americanus, T. obliquatus ^ Turbo stellatus,
Helix Pellis serpentis, //. ampulacea, H. ovalis, H. aspersa Müll., Nerita Canrena, N.
Mammilla, N. ßu^Diatilis, N. lit to ralis, Patella saccharina , P. striatula.
R e i s e vom Rio Grande de Belmonte nach Rio dos Ilhéos 87
f^üla erblickt man einen Waldberg, aus dessen dunkelgrüner Laubmasse
die Kirche von Nossa Senhora da P^ictoria hervortritt. Von dieser Höhe
aus hat Herr S e l l o w , dessen Güte ich die auf der i8ten Platte gegebene
Ansicht verdanke, diese angenehme Landschaft aufgenommen. Es liegt
ein ungemein lieblicher fröhlicher Charakter in dieser stillen überraschenden
Naturscene, in dem schönen Contraste mit dem dumpf brausenden
Ocean, der sich weifsschäumend an den Felsengruppen bricht. Dieser
Ort gehört zu den ältesten Niederlassungen an der Küste von Brasilien,
denn nachdem Cae r a l in Santa Cruz die erste Messe gefeyert, und in
Porto Seguro gelandet hatte, gründete man sogleich die Colonie am Flusse
S. Jorge. Im Jahr 1640 legte F r a n c i s c o R ome i r o den Grund zu
dieser f^lla, indem er mit den dortigen Ureinwohnern, den Tapiniquins,
sich friedlich v e r t r u g D i e Colonie nahm zu und wurde blühend, litt
aber späterhin durch die Einfälle des Stammes der Tapuyas, die man damals
Aymorés nannte und jetzt als Botocudos kennt. Im Jahr 1602
schlofs man in der Capitanía von Bahia einen Frieden mit diesem Volke,
der zu Ilhéos erst i6o3 zu Stande kam, und zufolge dessen man ihnen
zwey Dörfer erbaute und zum Aufenthalt anwiefs; die Reste jener Wilden
hat man zum Theil mit dem Nahmen der Guerens (ausgesprochen wie
Gaerins im Französischen) belegt Die Colonie kam jedoch nachher immer
mehr in Verfall, so dafs sie im Jahr i685 schon sehr herabgekommen war,
und gegenwärtig kaum eine Spur ihres alten Glanzes mehr hat. Mit der
Aufhebung des Jesuitenordens verschwand ihre letzte Stütze ; denn alle
bedeutendere Denkmähler einer früheren Zeit, die noch existiren, rühren
von ihnen her. Der massive Convent, das ansehnlichste Gebäude der f^illa,
das im Jahr 1723 erbaut wurde, steht jetzt leer, und ist schon so verfallen,
dafs es an einigen Stellen kein Dach mehr trägt. Die Mauern an demselben
sind aus Back - und Sandsteinen erbaut, deren Ursprung durch ein-
(*) SouTHEx's history of Brazil I. p. 41.