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2 0 0 Reise von Minas Geraes nach Arrayal da Conqiiista
S t r i c k , der an einem Ende einen eisernen Ring^ hat, durch welchen das
andere Ende gezogen wird; man fafst dieselbe weit geöffnet in die rechte
Hand, den übrigen Theil des Strickes aber regelmäfsig- in Windungen kin^z
zusammen in die linke, und indem man sie nun beständige über dem Kopfe
schwingt 5 wird sie von dem aqueiro, der durch lang e Uebung dieses Geschäft
mit einer seltenen Geschicklichkeit verrichtet, unter 5o bis 60 und
mehrere dicht zusammen gedrängte Pferdeköpfe richtig auf den zum Fange
bestimmten geworfen. Sobald das Pferd sich gehalten fühlt, zieht es rückwärts,
um sich von dem Stricke zu befreyen, worauf alsdann mehrere Leute
über dasselbe herfallen, es greifen, knebeln und niederwerfen. Die gefangenen
Pferde gebehrden sich oft unbändig, steigen, schlagen über, zerren,
springen, schlagen aus u. s. w., allein die ihnen um den Hals gelegte und sich
immer fester zuziehende Schlinge macht es ihnen unmöglich lange Widerstand
zu leisten. Nicht selten beschädigen sie sich dabey selbst, und ich sah
bey dieser Behandlung eine Stute auf der Stelle todt niederfallen. Ein solcher
Verlust wird indessen bey der grofsen Menge von Pferden, die man unterhält,
leicht verschmerzt. So wie das junge unbändige Pferd gefangen ist,
wird es sogleich gesattelt und ihm ein Zaum aufgelegt, worauf ein Neger-
Junge es besteigt, spornt und peitscht; es wird alsdann losgelassen und rennt
nun im Kreise umher, oder steigt und schlägt aus, allein der P^aqueiro sitzt
unbeweglich fest, und mattet das Thier vöHig ab, bis es in Schweifs gebadet,
zitternd sich dem Stärkeren ergiebt, worauf es dann bald völlig gezähmt
wird. Die t^'xqueiros suchen eine Ehr e in dieser Bändigung wilder Pferde,
und sie haben es darin zu einer seltenen Fertigkeit gebracht : doch nehmen sie
auch öfters Schaden dabey. Kostet es indessen auch einem das Leben, der
reiche Eigenthümer achtet es nicht hoch; es ist ja nur ein Neger-Junge, der
hier nicht höher geachtet ist als das Vieh. Die Bolas (-) des spanischen
(*) Siehe Az a b a essais sur Tliist. natur. des quadr. du Paraguay VoL I. pag. 52 und
125. so wie in verschiedenen anderen Schriftstellern.
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R e i s e von Minas Geraes nach Arrayal da Conqiiista 201
Amerika, die man in den Pampas von Buenos Ayres und allen jenen
benachbarten Gegenden gebraucht, um das Vieh so wie wilde Thiere damit
einzufangen, ja die man selbst gegen den Feind mit Vortheil angewandt hat,
sind verwandt mit dem Lago ^ man kennt sie aber hier im Sertam nicht.
So beschwerlich und ermüdend die Arbeiten der T^aqaeiros sind, so
bringen sie dagegen die übr ige Zelt gewöhnlich in der höchsten Unthätigkeit
bey ihrem Viehe hin und schlafen oder ruhen ganze Tage. Essen und schlafen
sind dann ihre einzigen Unterhaltungen. Ihre Nahrung ist kräftig, denn
sie leben von Milch, die man blos zur Consumtion oder zur Bereitung von
Käsen, aber nicht zum Verkauf benutzt, von Mandioccamehl und getrocknetem
Ochsenfleische. Dieses letztere zu bereiten salzt man das Fleisch nicht
ein, sondern schneidet es so auseinander, dafs es in schmale Lagen oder
Bänder zerfällt; diese werden auf Stricken von Ochsenhaut in der Sonnenhitze
getrocknet, und erhalten auf diese Weise in einem bis zwey Tagen
eine solche Festigkeit, dafs sie hai^t und klingend wie Horn werden; nur ist
bey dieser Procedur einige Aufsicht nöthig, damit die Sonne und die Luft
recht in alle Höhlungen eindringe.
Der Ertrag der Viehwirthschaft im Sertam ist beträchtlich, da man
hier eine vortreffliche Gelegenheit des Absatzes nach der Hauptstadt hat; in
anderen Gegenden des inneren Brasilien, in welchen man überall ausgebreitete
Viehzucht besitzt, fehlt dieser Absatz, und das Vieh ist daher dort
imgleich geringer im Preise. Am Rio S. Francisco kauft man einen grofsen
schweren Ochsen für 2 0 0 0 Reis ( e twa / , Carolin), in Bahia hingegen galt
er zu dieser Zeit etwa 9 bis 11000 Reis. Die Besitzer dieser y\^\i'Fazendas
senden gewöhnlich ein bis zwey Mal im Jahr Ochsenheerden oder
Pferde {CaiDalerias') nach der Hauptstadt, wo sie schnell verkauft sind. Den
bedeutenden Ertrag dieses Handels kann man leicht berechnen; denn wenn
man eine Boiada nur zu i5o bis 160 Stück annimmt, so giebt dies schon
zu einem Mittelpreise von 10000 Reis der Ochse, einen Ertrag von 5ooo
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