54 R e i s e von S. Pedr o d'Alcantara durch die Urwälder R e i s e von S. Pedro d'Alcantara durch die Urwälder i 3 5
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hhiein, scherzend über die sonderbar gruppirte Gesellschaft der Abenteuerer,
welche, ein jeder auf seine Weise, nach Mög-lichkeit sich zu schützen
sachten. Zwar trösteten wir einander mit der Hoffnung, dafs auch diese
Rcgen-Catastrophe vorüber gehen werde, doch konnten wir es uns nicht
verbergen, dafs es sehr übel um uns stehen würde, wenn der Regen mehrere
Tage anhalten sollte, denn alsdann erkranken die Menschen, und
besonders die Lastthiere sehr schnell, welche nichts weniger als anhaltende
Feuchtigkeit erlragen können; ganze Gesellschaften von Reisenden haben
auf diese Art ihr Leben in kurzer Zeit in jenen dichten feuchten Tropenwäldern
eingebüfst.
Der Tag brach endlich an, und welches Glück! ein heiterer Sonnenstrahl
zerstreute das dunkele Gewölke und belebte die ganze Truppe mit
neuem Muthe; auch war uns dieser jetzt sehr nöthig, denn wir mufsten mit
unseren von Mangel an Nahrung etwas geschwächtenMaulthieren, und mit
dem durchnäfsten und daher sehr erschwerten Gepäcke beladen, die Reise
über Berg und Thal fortsetzen. An diesem loten Januar befanden wir uns
so weit vorgerückt, dafs wir in einem Tage den Punkt hätten erreichen
können, wo man den Rio da Cachoe'ira zum letztenmale passirt; um
indessen unseren schwer beladenen Lastthieren nicht zu viel zuzumuthen,
theilten -wir dieses Tagewerk in zwey Märsche ab. Die Strafse war an
diesem ersten Tage ziemlich frey von Gebüschen; aber niedere stechende
Pflanzen, die Jatropha w^ens und eine Art Hex besonders, so wie MimoÄa
Gesti'äuche und Marimbondos belästigten uns sehr ; die letzteren
indessen doch weniger als wir es erwarten mufsten, da wir nun anfiengen
feindlich gegen sie zu verfahren und heute eine Menge ihrer Nester
zerstörten. Wir durchzogen eine bergigte Gegend, die man Serra da
Qaguaranna nennt, weil hier bey Anlegung der Strafse eine rothe Unze
{J^aguaranna^ Felis concolor^ LINN.) erlegt ward. Die Berge dieser
Kette sind nicht besonders hoch, aljer dürr und trocken, mit vielen Urgebürgstrümmern
und Steinen, auf welchen Caiin^« eine dichte Wildnifs
bildet, deren Boden an etwas freien Stellen, besonders in der Strafse mit
einem dichten Teppich von dem schönen schon erwähnten Grase bedeckt
ist, welches man Capin de Sahélé nennt. Fortschreitend in diesen Gewächsen
beunruhigten wir das einsame Nest einer Macuca {Tinamas brasiliensis,
LATH.), die ihre grofsen schönen Eyer auf die Erde legt. Man
findet diese Nester häufig in jenen Wäldern, und sie haben schon manchem
Reisenden zur Nahrung gedient; ein auffallendes Beyspiel findet man
in der Erzählung des traurigen Schicksals der Madame GODIN, die uns
DE LA CONDAMINE mitgetheilt hat(-); sie war so glücklich durch die
Entdeckung dieser Eyer sich das Leben zu fristen, als alle ihre Begleiter
an ihrer Seite den Beschwerden der Reise unterlagen. An einer der Höhen
der Serra da Çaçiiaranna erkrankte das beste meiner Lastthiere und blieb
zurück; es mufste dalier eines unserer Reitmaulthiere beladen werden.
Ungeachtet man sogleich alle Hülfe anwandte, starb das Thier, und verursachte
uns einen sehr iiihlbaren Verlust. Vögel, die wir bisher vergebens
gesucht hatten, die Geyerkönige {^altar Papa, LINN.) zeigten sich
jetzt augenblicklich in der hohen Luft; ihr feiner Geruch hatte ihnen sogleich
den todten Körper verrathen, allein ihre Klugheit hielt sie in grofser
Entfernung, und vergebens verbai^g ich einen Jäger im Hinterhalt, um sie
zu überlisten. Um indessen eines solchen Vogels habhaft zu werden, blieb
ich iiir diese Nacht in der Nähe an einem kühlen Wa\d~Corrego, den
man nach einem, zur Zeit der Anlegung der Strafse hier verstorbenen,
und an die Seite derselben beerdigten Indier, JoÀo DE DEUS nennt. Man
bezeichnete damals die Stelle seines Grabes mit einem jetzt noch vorhandenen
Kreuze. Der gemeine Brasilianer übernachtet nicht gern an einem
Orte, wo ein Todter begraben liegt, denn die Furcht vor Geistern ist
unter diesen rohen Menschen noch sehr wirksam, wenigstens wird er in
{*) De LA CoHDAwiNE relation abrege (Vun vo}-agc etc. pag. 355.