a86 R ü c k r e i s e nach Europa
Platz, die Praza do Comrnergio angelegt ist, auf dem man die colossale
bronzene Statae Equestre des Königs Dom Joäo L aufgestellt hat. Lisboa
hat ein Opern - und zwey Comödienhäuser. Die Qaays am Flusse,
besonders der Qiiay Sodre ^ vor welchem die grofsen Indienfahrer vor
Anker liegen, werden stark besucht, und dienen besonders in der Kühlung
des Abends den Bewohnern zum Spaziergange. Ehemals soll das Gewühl
der Spaziergänger und des handeltreibenden Theils der Einwohner in diesen
dem Ufer nahe gelegenen Theilen der Stadt weit beträchthcher gewesen
seyn als jetzt, da der Handel unendlich viel verloren hat. Die Portugiesen
geben der englischen Regierung die Schuld dieser Abnahme ihres Wohlstandes,
weshalb auch die Engländer im Allgemeinen hier wenig beliebt
sind. Der Handel nach Indien ist stärker als der nach Brasilien, welcher
durch die Engländer ganz besonders verloren haben soll. Portugal ist in
vielen Stücken noch gar sehr gegen andere Nationen zurück; selbst in der
grofsen Hauptstadt Lisboa vermifst man eine Menge von nützlichen Einrichtungen,
die man in den meisten kleineren Städten des civilisirten Europa
findet. Alles ist theuer; die Wage n {^Seichas) und Gasthöfe äufserst schlecht,
und nur sehr wenige, welche von Ausländern angelegt sind, haben einige
Voi'züge. Man hat bey Nacht keine Erleuchtung; weder Landstrafsen noch
Posten sind zweckmäfsig eingerichtet; der Corréo (Briefpost) nach Madrid
geht zu Pferd; keine Wächter schützen die Sicherheit der Strafsen bey
Nacht. Dagegen findet man jetzt überall Militärwachen , besonders seitdem
ohnlängst ein Aufstand in der Stadt vorgefallen war. Manche Züge
dieser südlichen Stadt sind originel. Das Wasser, welches der grofse sehenswerthe
Aquäduct, der ein schönes massives We r k ist, 4 Legoas weit aus
den Kegeigebürgen von Qintra herüberführt, wird von einer Menge von
Menschen mit kleinen Fäfschen in allen Theilen der Qidade zu Kauf umhergetragen.
Diese Wasserträger, welche zu der rohesten Klasse des Volks
gehören, sieht man an allen Brunnen in zahlreichen Banden gelagert. An
P i ü c k r e i s e nach Europa 2 8 7
einem jeden Morgen bey Anbruch des Tages treibt man Kühe und Ziegen
mit einer Glocke am Halse, durch die Strafsen, und melkt sie vor einem
jeden Hause. Ueberall wallfahrten in den Strafsen eine Menge von Gärtnern,
Bauern und WindmüUern mit grofsen Zügen von Maukhieren und
Eseln, welche ihre Produkte, alle Arten von Gemüsen, Obst, Mehl u. s. wverkaufen.
Man bringt besonders eine grofse Menge Obst zur Stadt.
Lisboa hat mehrere ansehnliche Gärten, in welchen schöne schattenreiche
Bäume anziehende Parthien bilden. Aber auch in der Gartenkunst
sind die Portugiesen noch hinter allen Nationen zurück; denn überall findet
man noch nach dem alten steifen französischen Geschmack geschnittene
Bäume, zu den kläglichsten erbärmlichsten Figuren verunstaltet. Zu Beiern^
dem unteren Theile der Stadt, befindet sich der Garten der Königin,
nahe -bey der jetzt völlig ausgestorbenen Menagerie. Er besteht in einem
Bosquet von hohen schattem-eichen Bäumen verschiedener Art, besonders
von Silberpappeln, Lorbeeren, Eschen und mehreren anderen südlichen
Bäumen, überall mit geraden unter der Scheere gehaltenen Hecken durchschnitten
, zwischen welchen sich die Wege befinden; eine Menge von
Singvögeln beleben diese Schatten. Auf eben diese Art ist der öffentliche
Garten {Passéo publico') angelegt, welcher sich in der Mitte der Stadt
befindet. Hier hat man unter alten schattenreichen Bäumen einander
durchkreuzende gerade Gänge angebracht; sie sind mit kleinen Brusthecken
eingefafst, und zu den Seiten mit Mauern und vielen kleinen Thoren
versehen. Dieser Spaziergang ist klein, er erfreut aber durch seinen
Schatten, da er in der Mitte der von der Sonne erhitzten Strafsen angelegt
ist. Unter den hier wachsenden Bäumen bemerkt man mit Vergnügen
hohe schöne Cerc/i-Stämme. Unweit dieses Passéo befindet sich der
königliche Palast, ein nur mäfsig ansehnliches Gebäude. Ein anderer Palast,
Palagio da Ajiida genannt, wird zu Beiern erbaut, doch fehlt jetzt
noch viel an seiner Vollendung. Mit mehreren! Interesse beti^achten die
Í Í
ff^ .