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R e i s e von Minas Geraes nach Arrayal da Conquisla
hinein, um es besser anfassen zu können. Dieses Stück Holz ergreift nun
der erste beste von ihnen, legt es auf seine Schulter und läuft damit nach
Hause zu; alle übrigen folgen ihm schnell nach, und suchen ihm die Last
abzunehmen. Auf diese Art wetteifern sie bis zu der Stelle, wo die Schönen
versammelt sind, und ihnen ihren Beyfall bezeigen. Oft ist das Holz
so schwer, dafs einer oder der andere der rüstigen Ritter Schaden nimmt.
So wie sie ankommen, pflegen sie sich, völlig in Schweifs gebadet, sogleich
In den Flufs zu stürzen, um sich abzukühlen, wodurch schon mancher
seinen Tod gefunden haben soll.
Wenn ein Camacan krank wird, läfst man ihn ruhig liegen; kann
er noch gehen, so verschafft er sich selbst seine Nahrungsmittel, im anderen
Falle soll er völlig hülflos bleiben. Diese Gleichgültigkeit gegen Kranke
undHülflose bezeugen viele Schriftsteller, unter anderen G Ü M I L L A von den
Völkern am Orinoco ^ AVO diese Unempfindlichkeit eben so auffallend ist,
als der Gleichmuth mit dem sie Schmerzen ertragen und selbst den Tod
erwarten ('•'). Arzneyen haben sie wenige; ein Mittel indessen , welches
sie für wirksam halten, besteht darin, den Kranken, nach Art der Bogaier
oder Semmeli der Aromachen und anderer Völker in
mit Tabacksrauch zu beblasen. Der Patient verhält sich leidend bey der
Operation, und der Arzt murmelt dabey einige Worte, die man leider
nicht versteht. Stirbt ein Kranker, so vereinigen sie sich um ihn her,
beugen die Köpfe über den Todten hin, und heulen Tage lang heftig, Männer
und Weiber. Dieses Weinen ist erkünstelt und dauert oft sehr lange, sie
ruhen sich abwechselnd etwas aus und wenn man die Trauer für beendigt
hält, so hebt sie plötzlich mit erneuerter Kraft wieder an. Der Todte soll
oft lange über der Erde bleiben. Die Seelen der Verstorbenen sollen sie
als ihre Götter ansehen, dieselben anbeten und ihnen die Gewitter zuschreiben.
(*) Siehe GÜMILLA hisloire de l'Orenoque T. I. pag. 328.
(**) QUANDT Nachrichlien von Surinam Seile 61.
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Sie glauben auch, dafs ihre Verstorbenen, wenn sie im Leben nicht gut
behandelt worden sind, als Unzen wiederkehren, um ihnen zu schaden;
daher sollen sie ihnen ins Grab eine Caia, Panella (Kochtopf) etwas Caüi^
so wie Bogen und Pfeile mitgeben. Diese Gegenstände legen sie unter den
Todten, dann füllen sie die Grube mit Erde, und zünden ein Feuer darauf an.
Um diese wenigen Nachrichten über den merkwürdigen Stamm der
Camacans noch etwas zu vervollständigen, will ich hier noch hinzufügen,
was die Corografia über diesen Gegenstand sagt, da dieses Buch bis jetzt
in Deutschland nur wenigen Lesern bekannt seyn dürfte. Mongoyöz
(auszusprechen Mungoyös; den Nahmen Camacan^ den sich dieses Volk
selbst beylegt, scheint die Corografia gar nicht zu kennen), mit welchen
im Jahre 1806 ein Friede zu Stande gebracht wurde, fand man in sechs
bis sieben wenig volkreiche Dörfer in der Nachbarschaft und nördlich vom
Flusse Patype {Rio Pardo) vereiniget. Eine jede Familie lebt in ihrer Hütte
getrennt, und Alle pflanzen verschiedene Arten von Bataten, Kürbissen,
hiiamen, Wassermelonen und vortreffliche Mandiocca (hier ist die Rede von
der Mandiocca-doQC oder , auch sammeln sie grofse Quantitäten von
Honig. Nirgends sind sie so wenig ökonomisch als bey der Benutzung der
Bienen. Sie nehmen selbst bey denjenigen, welche man in ihren Wohnungen
findet. Wachs und Thiere miteinander heraus, und reinigen das
Ganze durch eine Art von Schwinge; Wachs imd Bienen werden in einer
gewissen Portion Wasser zerlassen, wodurch ein berauschendes Getränk
entsteht, welches sie fröhlich stimmt und zuweilen selbst wüthend macht.
Sie bereiten noch ein anderes geistiges Getränk durch einen Aufgufs auf
gestampfte Bataten imd Mandioccawurzel, der bald in Gährung übergeht."
„Die Väter geben ihren neugebornen Kindern einen Nahmen, ohne alle
weitere Ceremonien. Sie beweinen die Todten, und beerdigen sie nackt in
sitzender Stellung ('•'). Sie singen und tanzen nach dem Schalle eines Tnstru-
(*) Diesen Gebrauch des Begrabens in sitzender Stellung sollen sie jetzt nicht mehr haben.