1 9 4 A u f e n t h a l t zu Vareda und Reise bis Minas Geraés
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mifst man daselbst andere den gemäfsigten und kalten Theilen unserer
Erde eigenthümliche , und hierhin gehören besoaders Brustbeschwerden,
Gicht und dergleichen, woran man hier weit weniger leiden soll. Brasilien
hat durch seine bedeutende Ausdehnung vom Aequator bis zu 55 °
südlicher Breite5 eine sehr verschiedene Temperatur, und es ist vorzugsweise
die Region, von welcher diese Reisebeschreibung handelt, sowohl
vom CliiTfia als durch den Boden vorzüglich begünstigt. Fruchtbar kann
man dieses Land gröfstentheils nennen, denn Wärme und Feuchtigkeit
sind in seinen meisten Provinzen in dem richtigsten Verhältnisse vereinigt.
Nur die höheren Gegenden haben in der heifsen Zeit zum Theil Wassermangel,
doch ersetzt alsdann der Thau einigermafsen dieses nöthige Bedürfnifs,
ohne dafs jedoch in jenen Gegenden Zeiten der Austrocknung
vermieden werden können, die einen grofsen Theil des Viehstandes hinwegraffen.
In dieser trockenen heifsen Hälfte des Jahres regnet es nicht,
die Erde berstet von Hitze und Trockenheit', und man hat am Morgen
und Abend selbst nur wenige Erholung , indem der Wechsel dieser bey
uns so angenehmen Stunden der Kühlung zu schnell geschieht. Da Tag
und Nacht einander ziemlich gleich sind, so hat man lange Nächte, die
gewöhnlich schon bald nach 7 Uhr eintreten. In den niederen und ebenen
Küstenländern von Brasilien ist alles ganz anders; dort lebt man in
der heifsen Zeit weit angenehmer, weil Lüfte, Gewässer und hohe Wälder
überall Linderung geben, und in den kalten Monaten bleibt ebenfalls stets
eine angenehmere Temperatur; es friert nie und ich habe den Thermometer
nie unter i3° Reauiwur gefunden, dabey beobachtete ich in der
heifsen Zeit im Schatten nie viel über 3o woraus für das ganze Jahr
eine sehr gleiche angenehme Temperatur hervorgeht, die in der kalten
Zeit unserem schönsten Frühjahr etwa gleich kommt, wo auch Blumen
und Früchte gefunden werden. Nicht in der kalten Zeit, sondern gerade
dann, wenn die Periode der Hitze und Trockenheit ihren höchsten Grad
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erreicht bat, pflegen sich die heftigen Gewitter einzustellen, alsdann wird
die lechzende Erde mit unendlich fruchtbaren Regen getränkt und neu
b e l e b t , sichtbar erhebt sich nach einigen Wochen dieser abwechselnden
heftigen Regenschauer bey gröfserer Wä rme die verdorrte Vegetation des
Campo, oder der höheren oifenen Gegenden, und selbst in den niederen
bewaldeten Provinzen tritt ein neues kräftigeres Leben der vegetabilischen
Schöpfung ein. Gewöhnlich sind Februar, März, April und May Regenmonate,
und die auf sie folgenden Monate Juny, July, August, Septemb
e r , nennt man die kalte Jahreszeit, auf welche alsdann October, November,
December, Januar, wo die gröfste Hitze ist u. s. w. folgen.
Diese Jahreszeiten sind aber in den verschiedenen Gegenden von einander
abweichend, je nachdem sie mehr nördlich oder südlich liegen. In manchen
Jahren regnet es kaum sechs Wochen etwas anhaltend, in anderen
dauert diese Zeit länger, doch irrt man sehr, wenn man sich einbildet,
es regne täglich und die ganze Zeit hindurch anhaltend. Man hat überhaupt
von jenen entfernten Ländern bey uns eine zum Theil sehr unrichtige
Idee, wozu besonders gewisse Reisende beygetragen haben, welche
sich nicht blos an dasjenige hielten, was sie selbst sahen, so wie Schriftsteller,
welche Schilderungen von Ländern geben, die sie nie gesehen
haben. Solche Beschreibungen, in dem Sorgestuhl entworfen, nachdem
aus allen bekannten Schriften über den gewählten Gegenstand das Interessanteste
ausgehoben, und ohne Sachkenntnifs nach Gefallen geordnet ist,
können vielleicht wegen ihrer Schreibart, und der angenehmen Darstellung
anziehen, sie bleiben aber ohne Werth, da sie überall Blöfsen geben.
Falsche übertriebene Schilderungen sind da nicht zu vermeiden, wo die
eigene Ansicht, die Wahrhei t fehlt, es werden Dinge auf das Ganze angewandt,
die nur für seine einzelnen Theile gehören, und w^ie könnte
man zum Beyspiel von einem so grofsen Lande, wie Brasilien, üebereinstimmung
in allen Theilen erwarten, da doch jede Provinz ihre Eigen