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268 R e i s e von Conquista nach der Hauptstadt Bahía
werden von hier in alle Weltg^egenden versandt^ weshalb man hier Schiffe
von allen Nationen findet, und mit Portugal und Rio de Janeiro wird
durch Pakete eine beständige Verbindung unterhalten, da diese schnell
segelnden Fahrzeug-e die Reise in möglichst kurzer Zeit zurück legen.
Die benachbarten Küstenbewohner von Brasilien bringen ihre sämmtlichen
Produkte nach der Hauptstadt und setzen dieselben dort gegen andere
Bedürfnisse und die Waaren fremder Lander um. Durch diesen lebhaften
Umtrieb hat sich Bahía schnell zu einer bedeutenden Stadt erhoben,
welche an Gröfse Rio de Janeiro weit übertreffen soll. Man kann auf
das schnelle Heranwachsen dieser Stadt schliefsen, wenn man bedenkt, dafs
sie im Jahre i58i nicht mehr als 8 0 0 0 Einwohner, der ganze Reconcav
aber nur etwas über 2000 Bewohner zählte, worunter jedoch weder
Neger noch Indier einbegriifen sindp); jetzt soll Bahía über 100000
Menschen enthalten.
Das innere Ansehen dieser grofsen Stadt hat im Allgemeinen wenig
Erfreuliches, denn es herrscht hier weder Nettigkeit, noch Ordnung und
Geschinack. Die Bauart ist massiv, ja die Jesuiten liefsen zu ihrem Kloster
und ihrer Kirche sogar die behauenen Steine aus Europa kommen. Die
Häuser sind in einem sehr verschiedenen Style erbaut, ein Theil derselben
ist hoch, ziemlich nach europäischer Art gebaut und durchgehends mit
Balkons versehen; ein anderer aber besteht aus niederen unansehnlichen
Wohnungen, doch findet man fast in allen Glasfenster. In der trockenen
Jahreszeit herrscht in den Strafsen, besonders in der unteren Stadt, eine
drückende Hitze, welche durch mancherley daselbst sich verbreitende
Gerüche noch beschwerlicher gemacht wird. Eine regsame, sich immer
bewegende Volksmenge von gröfstentheils farbigen Leuten vermehrt diese
Unbequemlichkeit; Negersclaven tragen zu zehn, zwölf und mehreren
vereint, schreyend oder singend, um sich im gleichen Takte des Schrittes
(*) SoüTHEv's liistoi^ of Bra/^il Vol. I. pag. 317.
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P i e i s e von Conquista nach der Hauptstadt Bahía 3 6 9
zu erhalten, grofse Lasten, indem alle Waaren auf diese Art vom Hafen
in die Stadt geschafft werden; andere tragen mancherley Kaufartikel umh
e r , und rufen dieselben aus, und zu den Seiten der Strafsen erblickt
man die Feuer der Negerinnen, welche hier beständig kochen und braten
und nicht besonders anziehende Gerichte an ihre Landsleute verkaufen.
Die Sitten und Gebräuche der Bewohner sollen im Allgemeinen die
der Portugiesen in Europa seyn und unter den höheren Ständen soll ein
bedeutender Luxus herrschen. Zu jeder Zeit findet man hier Fremde der
see-handelnden Nationen, vorzüglich viele Engländer und jetzt auch Franzosen;
Deutsche und Holländer sieht man dagegen nur seltener.
Am Tage bemerkt man keine Frauenzimmer in den Strafsen; erst in
der Abenddämmerung geht die schöne Welt aus den Wohnungen hervor
um der Kühlung zu geniefsen, und alsdann erschallt Gesang und die Viola.
Zu den gewöhnlichen Unterhaltungen des Pöbels in den Strafsen von Bahia
gehören Processionen und religiöse Aufzüge, welche bey der unglaublichen
Menge der Festtage sehr häufig vorfallen. Man bestreut die gereinigten
Strafsen mit weifsem Sand und Blumen, erleuchtet die Fenster, und mit
einer grofsen Menge von Wachskerzen ziehen bey dem Geläute der Glocken
und dem Geprassel der abgebrannten Feuerwerke die aufgeputzten Züge
nach der Kirche. Leichenbegängnisse werden ebenfalls bey Nacht mit
einer Menge von Lichtern gehalten, und man ist hier von dem übelen
Gebrauche noch nicht abgekommen, die Todten in die Kirche zu begraben.
Nachdem der Verstorbene eingesegnet und mit Weihwasser besprengt
worden, senkt man ihn ein, worauf die Geistlichen sich entfernen und die
Vollendung der Beerdigung Negersclaven überlassen. Hier hörte ich nach
zwey Jahren wieder Orgeln in den Kirchen und das Geläute der Glocken.
L i n d l e y und A n d r e w G k a n t beschrieben Rio de Janeiro und
Bahia im Allgemeinen ziemlich richtig, besonders wird man sich nach
ihnen eine Idee von den dort gebräuchlichen Kirchenceremonieu machen