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zu seyn, dafs sie den Hahnen ihres Gewehres immer gespannt und zum
Schusse bereit trugen. Man legte sogleich Hand an unsere JagdgeAvehre,
Waldmesser und Pistolen, ja sogar meinem jungen Botocuden (^UÄCK rifs
man Bogen und Pfeile aus der Hand. Einige meiner Leute, welche sich
weigerten ihre Gewehre abzugeben, wurden beynahe mifshandelt, und ^
nun erst nachdem man uns entwaffnet sah, wuchs der Muth dieses Gesindels
zu einem hohen Grade von heroischer Kühnheit. Siebenzig Bewaffnete
gegen sechs Unbewaffnete I das war auch wahrlich keine geringe Heldenthatl
Um uns aus diesem unbegreiflichen Tumulte einen Ausweg und eine
Erklärung über die Ursache dieser Behandlung zu verschaffen, rief ich in
den tollen Haufen hinein: ob diese Bande denn keinen Anführer habe und
wo er sey? worauf man mir höchst laconisch antwortete: der Commandant,
Herr Capitam BARTHOLOMÄO werde sogleich kommen imd mir
schon mein Fvecht geben. In der That sah ich auch nun einen unansehnlichen,
schmutzigen, aJigerissenen und von Schweifs triefenden Mann mit
seiner Muskete in der Hand ankommen, dessen Diensteifer ihm nicht erlaubt
halte, uns an der Spitze seiner Gesellschaft zu erwarten, sondern
der uns schon entgegen geeilt war, seine Beute aber verfehlt hatte. Die
Erscheinung des Oberhauptes machte endlich zu unserem Glücke dem Streite
über unseren Besitz, welcher in dem -ivilden Haufen ausgebrochen war,
ein Ende, und der laute Wortwechsel und das Geschrey dieser ungestümen
Menge verwandelte sich plötzlich in eine unseren Ohren sehr willkommene
Stille.
Furcht vor seinem strengen Vorgesetzten, dem Capitam Mor zu Nazareth^
trieb den Herrn Gommandanten uns genau visitiren und uns alle
Arten von Waffen, selbst Feder- und Taschenmesser abnehmen zu lassen.
Ich wurde hierauf mit meinen Leuten in ein offenes Haus an der Seite der
Strafse gebracht, wo man eine Bande von bewaifnetem Pöbel im Zimmer
selbst, und eine andere vor der Thür aufstellte; Fenster und Thüren blieben
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den ganzen Tag und selbst während der sehr kühlen Nacht geöffnet, auch
liefs man ohne Unterschied betrunkene Matrosen, Negersclaven, Mulatten,
Weifse und alle Arten des bunten müfsigen-Strafsenvolks zu uns hinein,
welche sich für den ganzen Tag daselbst häuslich niederliefsen, sich zu
ims auf die Bänke drängten, und mit politischen Bemerkungen, welche sie
laut über uns anstellten, nicht einen Augenblick der Ruhe uns vergönnten.
Ich erfuhr jetzt, dafs man mich für einen Engländer oder Amerikaner halte,
und dafs mein Arrest eine nöthige Vorsichtsmafsregel wegen der zu Pernamhuco
ausgebrochenen Revolution sey. Meine portugiesischen Leute
waren durch dieses Verfahren zum Theil sehr niedergeschlagen; denn sie
wurden an mir irre, und glaubten ich sey ein wirklicher Betrüger. Meine
Portaría^ welche mir gewifs in einem jeden anderen Falle von Nutzen
gewesen seyn würde, war hier unnütz; denn obgleich mehr als zwanzig
Personen die Köpfe zusammen steckten um sie zu lesen, so verstand doch
niemand ihren Inhalt, und der Commandant der Bande am wenigsten; dies
beweifst unter andern der Titel eines Engländers, welchen man mir in
dem Rapporte beylegte, obgleich in der Portaria ausdrücklich gesagt war,
dafs wir Deutsche seyen. Es ist indessen sehr wahrscheinlich, dafs in
Lage niemand ahndete, es könne aufser Portugal und England wohl noch
ein anderes Land in der We l t geben. Es wurde nun ein Verzeichnifs von
meinem ganzen Gepäcke aufgestellt, und ich lieferte die Schlüssel von den
sämmtlichen Kisten ab. Einige raubsüchtige Gesellen unter meinen Wächtern
von Ptaubgierde getiñeben, bestanden darauf, man müsse alle Effecten
eröffnen und visitiren, welches zu gestatten Capitam BARTHOLOMÄO jedoch
zu billig dachte. Mittags erhielten die Gefangenen ein wenig Salzfisch, und
hatten dann Gelegenheit, ihre Geduld in der Anhörimg einer Menge beleidigender
Reden zu üben, bis die Nacht diesem unerträglich lästigen Tage
ein Ende machte. Aber selbst diese brachte uns wenig Ruhe , da uns das
galfende Volk nicht verliefs.
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