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6 : E i n i g e Worte über die Botociiden
gen können. Das Studium der Urvölker in dieser Capitanía giebt indessen
weit geringere Resultate, als in anderen weniger cultivirten, oder von
Europäern noch unbewohnten Gegenden. Da er die Botocuden nicht selbst
besuchen und an der Quelle schöpfen konnte, so blieb ihm nichts übrig,
als die erhaltenen, von Hörensagen herrührenden Nachrichten mitzutheilen
5 welche oft unsicher und fast immer übertrieben sind. Hierhin gehört
besonders (Seite gS) die Aussage eines lange unter den Botocuden gewesenen
Negers, welche höchst imwahrscheinlich ist; denn gewifs existirt
eben so wenig ein Botocuden-König, als eine monarchische Regierungs-
Verfassung unter jenen rohen Natimnenschen, und eben so unwahrscheinlich
ist die allgemeine Versammlung, bey welcher die Lippen und Ohren
durchbohrt werden. Wenn man alle verschiedenen Stämme und Horden
der Botocuden zusammen triebe, so würden vielleicht nicht so viele vereinigt
werden können, als der Neger AGOSTINHO hier wegen der Lippen-
Operation bey einander gesehen haben wollte. Seine ganze Aussage hat
das vollkommene Gepräge der Unwahrheit. Anders ist es mit den Bemerkungen
über die harte, grausame Behandlung, welche die armen
Urbewohner von den mächtigern, mit Feuergewehr versehenen, goldgierigen
Eroberern ihrer Wälder zu erdulden hatten. Hier hört man
Wahrheiten, die man leider lieber unterdrücken möchte. Eben so interessant
sind die mitgetheilten Verordnungen, welche die Regierung in
Bezug auf die Behandlung der Indier erlassen hat, und welche leider!
ebenfalls nur sehr unvollkommen befolgt wurden. Zur Bei^ichtigung einiger
Punkte, die wilden Völkerstämme betreffend, mögen folgende Bemerkungen
dienen.
Seite 77: Da der ganze Volksstamm von dem Worte Botocjue den
Nahmen führt, so wird richtiger Botocudos als Botecudos geschrieben
Sie wurden nicht Grens, sondern Gerens (ausgesprochen wie
(*) Siehe Corografía Brazilica etc. T. II. pag. 72 in der Note.
E i n i g e Worte über die Botocuden 63
im Französischen das Wor t GaerzVjÄ) genannt, wovon man sich noch heut
zu Tage am Flusse Itahype überzeugen kann; auch schrieben alle Schriftsteller
auf diese Art Der Nähme Arari scheint blos in Minas zu
existiren ; denn in den untern Gegenden des Rio Doge und am Belmonte
habe ich ihn nie nennen hören, ihn auch eben so wenig in den verschiedenen
Schriftstellern, welche von Brasilien handeln, gefunden, wohl aber
nennt man jenes Volk auch Aymores oder Amhures, Die Gebräuche
der Botocuden scheinen am Rio Doge eben dieselben zu seyn, wie am
Belmonte , hievon glaube ich mich hinlänglich überzeugt zu haben, obgleich
die Nachrichten, welche Herrn VON ESCHWEGE hierüber mitgetheilt
wurden, dagegen streiten. Denn wenn sie am Rio Grande de BeL
monte auch zum Theil friedlich gegen die Weifsen handeln, so folgt daraus
nicht, dafs sie von einem andei^n Stamme sind; sie würden dort, wie
der Augenschein lehrte, eben so friedfertig seyn, als hier, wenn man
sie nicht auf eine so schreckliche Art mifshandelt hätte, und es ist schon
weiter oben gesagt worden, dafs sie ein Paar Meilen nöz^dlich vom Belmonte^
am Rio Pardo^ und ein Paar Meilen südlich, am 5. Antonio^
sich auch noch unlängst feindUch gezeigt haben; ihr Zusammenhang in
den Wäldern zwischen dem Rio Doge und Belmonte ist übrigens hinlänglich
erwiesen, da sie am S. Matthaeus^ am Macuri und in allen
diesen Gegenden abwechselnd sich noch zu zeigen pflegen. Die Erzählung
von besonders erbauten, und mit Vogelfedern ausgezierten Häusern,
in welche sie ihre Todten begraben, imd darin alljährlich eine Todtenfeyer
anstellen, ist gewifs ungegründet; ich selbst habe oft Gelegenheit
gehabt, mich über die abenteuei^lichen Erdichtungen zu entrüsten, welche
man mir über diesen Gegenstand mittheilte, welche aber oft aus halber
Kenntnifs der Sache entstanden, besonders in jenen Gegenden, wo die
Wilden feindselig sind. Ich habe mehrere Bewohner von Minas-Novas
(*) Siehe SOUTHEY' S history of Brazil Vol. II. p. 562 u. a. O.
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