i 6 6 A u f e n t h a l t zu Vareda und Reise bis Minas Geraes
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den aufgehäuften Felstrümmern der Gebürge des Rio Pardo^ in den oberen
Geg-enden des Belmonte, am Rio 5. Francisco und ähnlichen Orten lebt.
Ein Camacan, welcher von mir zum Jagen ausgesandt worden war,
brachte vier dieser Thierchen ein, deren Fleisch gut zu essen ist. KOSTER
sagt, das IVIocó lebe in dem Sertam von Agu^ und nennt es eine Art
Kaninchen. Unter den Vögeln befanden sich manche uns neue interessante
Arten, welche nur den Rücken von Minas Geraes bewohnen, besonders
viele Arten von ILLIGERS Genus Myothera^ so wie auch viele kleine
körnerfressende Vögeh unter ihnen mancherley Arten der Kernbeifser und
Finken, zum Beyspiel Loocia tórrida^ lineóla oder crispa^ die aber keine
krause Federn des Unterleibes hat, Pyrrhula misya^ VIEILL. , Fringilla
nitens^ Emberiza hrasiliensis^ LINN., Fringilla pileata^ der Chingolo und
der himmelblaue Kernbeifser {Groshec bleu de cieT) des A Z A R A U. S. W. —
Unsere botanischen Sammlungen wurden mit mancherley Grasarten, mit
schönen Farrenkrautern {Filioc) und mit einigen schön blühenden Gewächsen
bereichert, unter welchen die Allamanda cathartica mit hochgelben
grofsen Blumen sich auszeichnete, die an einigen Stellen sehr häufig als ein
starker Strauch zwischen den Felsstücken wuchs. Auch fanden wir hier
einen Prachtbaum aus dem Genus Cassia^ welcher eine kugelförmige schattenreiche
Krone bildet, und über und über mit hochorangefarbenen langen
Blumenkegeln, der Blüthe der Rofskastanie {^Aesculus) ähnlich, geschmückt
w a r p j ; diese Bäume tragen unendlich viel zur Verschönerung der übrigens
graulich und düster gefärbten Gebüsche und Weideplätze bey.
Am 5ten Februar nahm Ich Abschied von unserem gütigen Hauswirthe
und verliefs Barra da f^areda. Unweit des Wohnhauses tritt man in
einen Wald, welcher sich drey Legoas weit ausdehnt, und allmählig ansteigt.
Die Berge dieser höheren Gegend sind sanft abgerundet und verkün-
(*) Diese praclih'olle Cassia bildet eine neue Species, wenn sie nicht etwa in der zu
Montpellier erschienenen Monographie dieser Gewächse l)cschi-ieben ist.
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digen die Nähe der offenen Ebenen und hohen Rücken, welche einen
grofsen Theil des inneren Brasiliens bilden. Es war uns sehr wohlthuend
die trocknere, gesündere Luft dieser hohen Gegenden zu athmen, nachdem
wir so lange in den feuchten Küstenwäldern mühsam gegen das Fieber
gekämpft hatten: hier im Sertam hat man diese ermattende Krankheit
nicht leicht zu befürchten. Die Flüsse fllefsen hier schnell über Felsstücke
dahin, ohne sich mit f a u l e n d e n Gewässern von Sümpfen zu mischen, deren
Dünste in den Küstenwäldern eine feuchte, weniger gesunde Luft verursachen.
Selbst die Milch, dieses Hauptprodukt der Weidegegenden, erregt
in den niedrigen feuchten Regionen nur zu leicht Uebelbefinden und Fieber;
hier aber schadet sie nicht und ernährt eine Menge von Menschen, deren
kräftiger Bau und gutes Aussehen schon von einer gesünderen Luft und
Lebensart zeugen.
Der Wald von Barra da Vareda gehört, wie alle Wälder in diesen
höheren Gegenden, nicht mehr zu den hohen Urwäldern, sondern ist Catinga,
jedoch von der höheren Art. Eine grofse Menge schöner Bäume
und Pflanzen standen jetzt gerade in der Blüthe, unter anderen schöne Trompetenblumen
von den angenehmsten Farben, ein Baum mit hochscharlachrothen
Blumen aus der Familie der Malven, der ein neues Genus bilden
wird, und eine schön hellzinnoberroth blühende rankende Pflanze aus der
Diadelphia u. s. w. Eine Menge Colibris von der Art des Trochilas mosehitus,
LINN., mit rothem Scheitel und goldfarbener Kehle, umschwirrten
diese Blumen. Der Wald hat an manchen Stellen, mit hohem Sumpfrohr
bewachsene an anderen, ausgedehnte nackte Plätze, die man abgebrannt
hat, um dadurch Gras für das Vieh zu erzeugen; solche Stellen
überziehen sich sogleich mit hohem Farrenkraut {Pteris caudata), dessen
horizontal gestellte Frondes einen eigenen Anblick gewähren. Mit dem
Ende des Waldes erreicht man angenehme grüne Wiesen, welche ungeachtet
der trockenen Jahreszeit, dennoch das frische Grün unserer euro