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2 2 8 P i e i s e von Conquista nach der Hauptstadt Bahía
Prigmga verliefsen. Hier war der Wald höher, schattenreicherund mehr
g-eschlossen als am ersten Tage; die grofsen Schmetterlinge flatterten in
bedeutender Anzahl hoch oben an den Gipfeln der Bäume, wo sie von
einer unendlichen Menge duftender, weifslicher und gelblicherBaumblüthen
angelockt wurden, daher war es nicht möglich einen einzigen derselben
mit dem Netze zu erreichen. In den Strahlen der blendenden Mittagssonne
blitzen die Flügel dieser prächtigen Insekten ungemein schön, besonders
wenn man von einer Höhe auf sie herabsieht; die himmelblauen
Flügel AQ^ Papilio Menelaus schillern dann das herrlichste violet, die des
Nestor blau, in verschiedenen Schattiiningen, und der grofse bläulich weifse
Laertes des F A B R I C I U S ist ebenfalls in diesen Wäldern sehr häufig, dabey
leichter zu fangen als der Menelaus. Diese beyden prächtigen blauen
Schmetterlinge findet man schon südlich in der Gegend von Rio de Janeiro
häufig; überhaupt bilden diese schönen Insekten die gröfste Zierde
der Wälder; hierhin gehört auch besonders der schwarz und goldgrün
gestreifte Papilio Leilus ^ welchen wir zu f^illa Nova de Almeida und
am Macuri besonders häufig fanden. Er ist daselbst in offenen Gegenden
selbst an der See ziemlich zahlreich. Ich habe im ersten Theile dieser
Reisebeschreibung gesagt, dafs in einer gewissen Gegend Nymphales
am zalilreichsten wären; ich bemerke daher, dafs die Schmalflügler (//eliconii)^
in der von mir bereisten Gegend, im Allgemeinen die zahlreichste
Familie der Schmetterlinge ausmachen. Sie flattern überall in den Wäldern
umher, besonders der Feuerfleck, Heliconias Phyllis ^ ferner Sara,
Egena mit ihren mancherley Verwandten und Varietäten, so wie mehrere
andere. Auf offenen Wiesen und Trifften ist wohl einer der gemeinsten
der Papilio Plexippus FABR., der selbst in Nord-Amerika gefunden wird;
in den grofsen Urwäldern überall der klappernde Schmetterling, der ein
solches Geräusch, wahrscheinlich mit seinem Saugrüssel hervorbringt, und
schon von L A N G S D O R F zu Catharina erwähnt ward, so wie Climena
' Reise von Conquista nach der Hauptstadt Bahia 2 2 9
( G R A M E R Tab. XXIV. F.), welcher die Zahl 88 auf der unteren Seite seiner
Flügel trägt. Andere schönere Arten sind seltener, zum Beyspiel Dimas^
Zacynthus, Polydamas ^ Mutius ^ Dolicaon u. s. w.
Da die Hitze an diesem Tage grofs war, so suchten die erschöpften
Lastthiere emsig das Was ser , welches uns beynahe einen Verlust zugezogen
hätte; denn das eine derselben warf sich plötzlich in einem Waldsumpfe
nieder, so dafs das Moorwasser in die Kisten eindrang, und die
darin befindlichen Gegenstände beynahe unbrauchbar machte. Dergleichen
Zufällen ist der Reisende in diesen Einöden häufig unterworfen, und verliert
zuweilen durch unbändige Maulthiere, durch Nachläfsigkeit der Tropeiros^
oder durch Regenwetter die Frucht angestrengter Bemühungen
und langer beschwerlicher Reisen.
Nachdem ich den Urwald verlassen hatte, trat ich in eine Gegend von
hohen sanft abgerundeten Hügeln ein, welche mit niederen Gesträuchen
oder mit weiten Gehägen einer Samambaya (Farrenkraut, Pteris caudatd)
bewachsen war. Dieser Farren hat die Eigenschaft, dafs er gesellschaftlich
weite Strecken Landes, gewöhnlich wüste Heiden im Walde überzieht,
eine sonst seltene Erscheinung in dieser Gegend von ßrasilien und wahrscheinlich
in allen heifsen Ländern, da in diesem Clima die Gewächse selten
gleichartig vereint vorzukommen pflegen, wie in den gemäfsigten und kalten
Gegenden unserer Erde Die jungen Triebe des hier erwähnten Farren
sollen das Rindvieh tödten, wenn es davon geniefst. Eine ähnliche Wirkung
in Absicht auf die Pferde schreibt man einer hier wachsenden Art
von Bromelia zu. Da seit langer Zeit kein Regen gefallen war, so er-
(*) Hierüber siehe y. H UMB O L D T De distributione geographica plantarmn pag. 5o. Zu
diesen Gewächsen gehören im östlichen Brasilien Conocarpus^ Amcennia, mehrere Arten yon
Rhexia, einige hohe Rohrarten {Bambusa?). Das Uhd und Taquarussü, die Küsten-Zwergpalme,
mehrere Filicesbesonders die Pteris caudata^ melu-ere Grasarten, Cecropia^ Bignonia
u. s. w.