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1 2 8 Reise von S. Pedro d'Alcantara durch die Urwälder
wir heute seit geraumer Zeit zum erstenmal wieder vernommen; denn
dieser Vogel findet sich von Rio de Janeiro herauf überall bis zum
Flusse Belmonte^ von dort aber bis zum llheos scheint er nicht in der
Nähe der Seeküste zu wohnen.
Wh' befanden uns jetzt auf der Minas-Strafse, in derjenig-en Höhe
des Flusses llheos^ welche man Porto da Canoa nennt, weil man denselben
bis hieher mit Canoes aufwäi-ts beschifft hat. Der Wald in dem
wir uns gegen Abend befanden, gehört zu der Art, welche man in dieser
Gegend Calinga nennt. So wie man sich nämlich mehr von den niedern
feuchten Ebenen der Seeküste entfernt, steigt der Boden allmählig sanft
an, und nach Mafsgabe des Steigens wird er trockner und der Wald
niedriger. Di^eselben Baumarten, welche in dem weiten Striche der hohen,
feuchten , dunkeln Küstenwälder einen schlanken, schäftigen Wuchs erreichen
, bleiben hier weit niedriger; auch sind diesen trockenen Waldungen
eine Menge von eigenthümlichen Baumarten beygemischt. Der Boden ist
hier mit einem verwachsenen Dickicht von BromeliaStSiuAew id^erzogen,
deren stachlichte Blätter dem brasilianischen Jäger mit seinen unbedeckten
Füfsen nicht wenig beschwerlich fallen; eben so häufig wächst hier ein
niedliches Gras mit zart gefiederten Blättern, unter dem Nahmen Capin
de Sahelei^'^^ welches für die Maulthiere eine gute Nahrung abgiebt;
in der Blüthe haben wir es leider nicht gefunden. Es überzieht die alte
Strafse und andere Blöfsen an manchen Stellen mit einem dichten grünen
Teppich. Die Strafse war hier in der Catinga sehr unwegsam und verwachsen;
hohe Solana von mancherley interessanten Arten, vielerley
Mimosen und die CanganQao (Jatropha urens), verletzten uns mit ihren
(*) "Das hier genannte Gras bcclccla den WaIdl)oden dicht geschlossen mit seinen etwa
ein bis anderlhalb Fufs hohen Halmen, deren niedliclie Blätter zart geficdeil, und die Nebenblättchen
schmal bejnahe linienförmig sindj leider habe ich diese schöne Pllanze nicht in der
Blüthe, oder mit der Frucht gesehen.
R e i s e von S. Pedro d'Alcantara durcH die Urwälder 12 9
Stacheln, und schienen uns selbst unsere Kleidungsstücke rauben zu wollen.
Wir waren sämmtlich mehr oder weniger blutrünstig , dabey trafen wir
auf viele Wohnungen der Marimbondos ^ welche unsere Lage noch viel
unangenehmer machten. Die gröfsere schwarzbraune Art besonders fiel an
einer gewissen Stelle dermafsen über uns her, dafs alle Thiere tobten und
die Menschen von sechs bis sieben dieser Unholde zugleich gestochen noch
lange nachher laut klagten. Mit geschwollenem Gesicht \md Händen und mit
zerrissenen Knieen, durschstreiften wir diese verworrenen Gebüsche in einer
erschlaffenden Hitze. Gegen Abend kam für unsere Thiere noch eine neue
Beschwerde hinzu, denn tiefe Schluchten wechselten jetzt mit ansehnlichen
Höhen ab. Hier sah man schauerlich wilde Thäler, wo eine kühle ewige
Dämmerung herrschte; hier verblühen an klaren über Felsen dahin rauschenden
Wald-Co/^re^os Prachtblumen fern und unbewimdert vom menschlichen
Auge ; nur der einsame Tritt des jagenden -Patachö oder des Anla
und der Unze, stört die stille R.uhe dieser abgeschiedenen Wildnisse. In
vielen Thälern waren die Bäche jetzt von der Hitze ausgetrocknet, wir
mufsten daher ungeachtet der Ermüdung unserer Thiere, noch bedeutend
weit fortziehen, um Trinkwasser bey unserem Lagerplatze zu haben, bis
wir endfich einen kleinen klaren Bach fanden, der durch ein finsteres
tiefes Waldthal dahin rauschte. Ihm, so wie dem Thale, hat man den
Nahmen Joaquira dos Santos beygelegt, weil daselbst zur Zeit der Anlegung
der Strafse ein Mann dieses Nahmens eine Hütte erbaut hatte, um den
Arbeitern Lebensmittel zu verkaufen. Wir schlugen unseren Lagerplatz
nahe an dem kleinen Waldbache auf, wo man alsdann sogleich die drey
grofsen, heute erlegten Miricjui-AÏ^Qn zurichtete. Die hochrothe, der Bignonia
verwandte Blume, welche am Belmonle erwähnt, und von Herrn Professor
S C H R Ä D E R beschrieben werden wirdp), ziei'te hier unseren Lager-
(•*) Herr Professor SciiHADEti hat dieses schone Gewächs aus der Familie der Bignonien
f ü r ein neues Genus erliannt, zu dessen völliger Bestimmung aber die Frucht fehlte.
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