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^44 R e i s e von Conquista nach der Hauptstadt Bahia
da niemand aus Furcht sich dazu verstehen wollte, das Bkit lange Zeit
aus. Nun brannte ich die Wunde mit Schiefspulver und machte Aufschläge
von Kochsalz, welches ich auch nebst Branntwein innerlich gab.
Der Kranke hatte, so w'ie alle von Schlangen Gebissene 5 starke
Schmerzen in dem Fufse, und war sehr für sein Leben besorgt, vorzüglich
da mehrere alte Leute mit der Behandlung nicht zufrieden waren, und
ihm Thee von Kräutern kochten, welche ich nicht zu sehen bekam. Gegen
Morgen verschwanden die Schmerzen und alle Besorgnisse; leider konnte
die Art der Schlange nicht näher bestimmt werden, da er sie nicht getödtet
hatte. Herr S E L L O W theilte mir einen anderen gefährlicheren Fall
mit. Der junge des Herrn F R E Y R E I S S , den er zu S. Fidelis gekauft
hatte, wurde im Oktober 1816, von einer Viper auf der Jagd in den Fufs
gebissen. Das Bein war etwas geschwollen, als er nach einer guten halben
Stunde nach Hause kam. Man band den Fufs, scarificirte die Wunde und
saugte sie öfters aus; innerlich bekam er statt eines anderen schweifstreibenden
Mittels Branntwein. Nach mehrmaligem Ausbrennen mit Schiefspulver
legte man den Kranken in ein Schlafnetz und streute Cantharidenpulver
in die Wunde. Der Fufs schwoll sehr an. Ein eben anwesender
Mineiro brachte zwey Wurzeln, die er sehr rühmte; die eine war
schwammig und geschmacklos, deshalb wurde sie verworfen; von der
anderen, welche sehr bitter war und von der Aristolochia ringens zu
seyn schien, wurde ein starker Thee gemacht. Ob ein erfolgtes Erbrechen
von dem Thee, dem Branntwein, oder von dem Bisse herrührte, ist schwer
zu entscheiden. Nach einer ruhigen Nacht waren Fufs und Schenkel bis
zum doppelten Umfange angeschwollen; der Kranke war so gereizt, dafs
er bey dem geringsten Geräusche schrie und weinte. Da nach der Aeufserung
des Mineiro ein solcher Kranke kein weibliches Geschöpf ansehen
durfte , so rief der junge Indier einem jungen Mäjdchen, sobald es sprach,
sogleich zu: Maria cala a hocal Maria schweige still!
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Da er Blut aus d^em Munde auswarf, so gab man kein Mittel mehr;
auf den Fufs wurden ihm die Blätter (wahrscheinlich der Plameria obovatd)
gelegt, welche der Kranke sehr lobte, da sie ihn vorzüglich kühlten
; in die Wunde streuete man das Pulver der Wurzel dieser Pflanze.
Er genafs nun bald.
Auf einer kleinen Reise in der Nähe von Rio de Janeiro fand Herr
S E L L O W einen von einer Schlange gebissenen Neger vollkommen erschöpft
auf der Erde liegen. Sein Gesicht war aufgetrieben, er athmete heftig, und
sollte aus Mund, Nase und Ohren geblutet haben. Man gab dem Kranken
das Fett der grofsen Eidechse Teiu {Lacerta Teguiocin, LINN.) ein, welches
als gewöhnliches Arzneymittel in den Häusern der Brasilianer zu finden ist;
vorher hatte man schon innerlich und äufserlich einen Thee von einer Art
J^erbena, welche Herr S E L L O W oirgata benennen wii^d, gegeben, welcher
den Schweifs befördern soll. Obschon Herr S E L L O W das Ende der
Kur nicht abwarten konnte, so wird das Gesagte doch eine Idee von der
Kurart solcher Kranken unter den brasilianischen Landbewohnern geben;
überhaupt ist es dort wie bey uns: jeder kennt ein anderes Mittelchen,
welches Vorzüge vor dem des anderen hat, welches gewifs hilft und auch
wohl geheim gehalten wird. Mehr anempfohlen wird das Abbeten einer
gewissen Anzahl "Vater Unser, Ave Maria" u. s. w.
An Hunden fand ich eine, wahrscheinlich nach der Art der Schlange,
sehr verschiedene Wirkung des Bisses. Einer meiner Jagdhunde wurde m
den sandigen Gebüschen an der Küste von einer Viper in den Hals gebissen;
sogleich schwoll dieser so wie der Kopf so unförmlich an, dafs man
die Augen kaum finden konnte. Nach drey Tagen, während welcher Zeit
ihm flüssiges Futter eingeschüttet werden mufste , verlor sich mit der Geschwulst
die Krankheit; die Haut am Halse blieb aber immer schlaff und
herabhängend. Der Hund hingegen, von dem ich im ersten Theile bey
Gelegenheit meines Aufenthaltes zu P^illa T^i^oza erzählte, wurde Abends
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