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i 8 4 A u f e n t h a l t zu Varéela und Pieise bis Minas Geräes
die Vignette des yten Abschnittes dieses aten Theiles der Reisebeschreibung
giebt, ist interessant, da er diese Campos Geraës charakterisirt. Sieben
Thiere bilden eine Loi^ und werden von einem Manne getrieben, beladen,
und gefüttert. Der erste Esel des ganzen Zuges hat eine bunt verzierte
mit vielen Glocken behangene Halfter, Dem Zuge voran reitet der Hei'r
der Tropa mit einigen Theilnehmern oder Gehülfen zur Seite, sämmtlich
mit langen Degen bewaffnet, mit hohen braunledei^nen Stiefeln, und einem
grofsen weifsgrauen Filzhute bekleidet. Solche Züge unterbrechen zuweilen
die todte Einförmigkeit dieser Campos.
Man trifft in diesen Gegenden wenig Menschen; desto reicher ist die
thierische und vegetabilische Schöpfung, so dafs man die rohen Bewohner
darüber wohl vergessen kann. Wirklich ist die Natur dieser Campos
Geraës von der der niederen Küstenregion so sehr verschieden, dafs der
Naturforscher hier lange Beschäftigung findet, wenn er die erforderliche
Zeit darauf verwendet; manche dieser zerstreuten Natin^merkwürdigk^iten
werden nur gelegentlich und daher nach und nach gefunden, und von den
Bewohnern des Landes, den rohen, indolenten, und mit ihrer Viehzucht
einzig beschäftigten f^aqueiros darf er keine Unterstützung erwarten; selbst
zur Jagd kann man ihre Hülfe für Geld nur mit Mühe erlangen. Weit
noch von jedem Anspruch auf den Nahmen gebildeter Menschen entfernt,
sehen sie das Studium der Naturgeschichte und die damit verbundenen
Arbeiten, als eine alberne kindische Beschäftigung an. Man erhielt hier
nichts 5 was man nicht selbst auffand oder erjagte; deshalb waren meine
Jäger unermüdet beschäftigt.
Die Zahl der Çuadrupeden ist hier geringer als in den niederen Waldgegenden.
Man findet indessen im Campo Geral eine Hirschart, die man
f^eado campeiro{^^ nennt, wahrscheinlich der Cervus meocicarms der
(*) Der Guazud des A z An A. Audi v. HUMBOLDT Matacani in den Llanos von Calabü7^o geliörL
ohne Zweifel Inerherj denn auch AZA HA merkt eine weiise Spielart unter diesen Hirschen an.
A u f e n t h a l t zu V a r eda und Reise bis Minas Geraës i 8 5
Naturforscher, welche die Gröfse unseres Piehbocks erreicht, ein dreyzackiges
Gehörn trägt, geschwänzt und rothbraun gefärbt ist. Diese Thiere
ziehen die offenen Campos dem Walde vor, und entfliehen mit gewaltigen
Sprüngen, wenn sie den Feind bemerken. Sie sind nicht leicht zu schiefsen,
insbesondere mufs man den Wind wohl beobachten, wenn man sie in
den Schufs bekommen will. Man benutzt Fleisch und Fell dieser Thiere.
Folgt man dem Campo noch weiter hinein bis zu den Quellen des Rio
S. Francisco, so findet man, besonders in der Serra da Canastra und
in anderen grofsen Waldungen, die grofse Hirschart, welche ein Gehörn
trägt, das fünf und mehrere Spitzen an jeder Stange bildet, und welche
hier f^eado Galhero oder Quguapara genannt wii^d; sie ist wahrscheinlich
identisch mit dem Gaazupuca des A Z A R A . In den Thalwäldern leben das
J^eado Mateiro und Cadngeiro{^^ ^ welche beyde mit Hunden gejagt
und wie die andern Arten benutzt werden. Von dem grofsen Hirsch,
welchen ich jedoch nicht gesehen habe, erzählt man, dafs er angeschossen
, wohl auf den Jäger losgehe, was auch unsere europäischen Brunfthii'sche
öfters thun. Jedoch rühmt man hier dieser brasilianischen Thierart
nicht den grofsen Verstand nach , welcher in einem neuerlich über
Brasilien erschienenen Werke, unserem europäischen Hirsche zugeschriebexi
wird : dafs er nämlich, wenn er verwundet worden, heilende Kräuter
aufzufinden wisse, und sie in die Wunde stecke. Schwerlich dürften unsere
deutschen Jäger Beyspiele eines solchen Verstandes oder verständigen
Instinkts jemals bey den Thieren beobachtet haben. Nächst den Hirscharten
bewohnt der Gacira oder diese offenen Gegenden. Er
scheint in dem gröfsten Theile von Süd-Amerika in den von Waldungen
entblöfsten Gegenden gemein zu seyn; daher hat ihn C U V I E R mit Recht
( * ) GU«Z«/IIVRT und Guazubij-a des AZARA.
(•*'*) Siehe Y. ESCUWKGK Journal von Brasilien Heft 1. S. 202 in der Note.
( * * * ) Der ylguara-Guciza des AZARA.
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