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3 1 0 Reise von Minas Geraes na,ch Arraya,! da Conquista
einem weiten läng^Iichen (Quadrate erbaut ist, dessen obere Seite die in der
Mitte desselben stehende Kirche auszeichnet. Rundum ist alles dichter
dunkeler Wald, daher zeigt sich das (Quadrat als ein hellgrüner Wiesen-
PlatZp mit seinen darauf erbauten Häusern sehr angenehm. Vor Zeiten war
diese ganze Gegend Wald und Wildnifs. Ein Conquistador^ ein unternehmender
Capitam aus Portugal, kam als ein Abenteurer mit einem bewaffneten
Trupp zuerst hier her, und bekriegte die damals diesen Landstrich
bewohnenden Urbewohner, die Camacans^ die sich bis in die Gegend der
jetzigen J^illa da Cachoeira de Paraguagd oder bis zu dem Wohnsitze des
Stammes der Cariri - oder ifiWW-Nation ausgedehnt haben sollen. Er
eroberte den Platz und gründete das Arrayal^ dem man den Nahmen Conquista
beylegte. Nachdem er sich endlich mit den Wilden in ein Einverständnifs
eingelassen und den Anfang gemacht hatte sich anzubauen, bemerkte
er, dafs seine Soldaten sich von Tag zu Tag verminderten; er erfuhr endlich,
dafs die Wilden sie einzeln unter mancherley Vorwand in ihre Wälder
lockten und sie daselbst tödteten. Ein Soldat, den ein Indier auf solche
Weise so weit in den Wald geführt hatte, dafs er sich nun seiner bemächtigen
zu können glaubte, war stark genug den Camacan mit seinem Messer
zu tödten, und öffnete bey seiner Zurückkunft in das Arrayal dem Gommandanten
über das treulose Betragen der Indianer die Augen. Dieser lud
nun, nachdem er vorher seine Leute die Waffen hatte bereit halten lassen,
alle Wilden zu einem Feste ein, und als die sorglose Menge nichts ahndend
sich der Freude überliefs , schlofs man sie plötzlich von allen Seiten ein, und
tödtete sie gröfstentheils. Seitdem zogen sich die Wilden mehr in die Waldungen
zurück, und das Arrayal erhielt Ruhe und Sicherheit. Die zunehmende
Bevölkerung schränkt nun diese Wilden immer mehr ein, sie leben
aber jetzt noch einzeln in kleinen Rancharias oder Aldeas (Dörfern) vereint,
zum Theil kaum gekannt in den grofsen Wäldern, welche sich vom
Rio Pardo, am Rio dos llheos bis zum Rio das Contas ausdehnen. Sie
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reichen hier nicht ganz bis zur Seeküste hinab, denn dort streifen beynahe
bis zu dem letztgenannten Flusse einzelne Gesellschaften der Palachos.
Die den portugiesischen Ansiedlungen näher gelegenen^/iieaj der Camacan-
Jndier pflanzen Mays, Baumwolle und Bananen, sind aber dem ungeachtet
noch völlig roh; sie gehen zum Theil noch nackt und ihre Hauptbeschäftigung
bleibt immer die Jagd. Die Regierung hat Directoren, welche Portugiesen
sind, in diese Dörfchen eingesetzt, um jene Wilden zu civilisiren ;
allein dieses Mittel fruchtet nur wenig und sehr langsam, da die Directoren
selbst rohe Menschen, oft Soldaten oder Seeleute und eben nicht geeignet
sind, sich Vertrauen zu erwerben. Man tyrannisirt die armen Indier, gebraucht
sie wie Sclaven, verschickt sie, kommandirt sie zum Wegebau, zum
Holzhauen, zu weiten Bothengängen, bietet sie gegen feindliche Tapuyas
auf, und bezahlt sie gar nicht, oder nur sehr schlecht, weshalb sie denn
auch, bey der ihnen noch immer einwohnenden Liebe zur Freiheit, sehr
gegen ihre Unterdrücker eingenommen sind.
Ich hatte auf der Reise durch die Urwälder noch völlig rohe Camacans
gesehen, jetzt war ich daher begierig ein Dorf dieser Leute zu besuchen,
welches eine Tagreise vom Arrayal entfernt war, in den hohen Urwäldern
an der schon früher erwähnten Serra do Mundo Novo liegt, und den
Nahmen Jiboya trägt. Der dahin führende Pfad ist wild und uneben und
mäfsige Anhöhen wechseln imunterbrochen mit kleinen Thälern ab. Bey
dem Eintritt in diesen We g ist die Gegend noch etwas bewohnt, das Land
ist vom Holze befreyt und zu Pflanzungen benutzt; allein bald vertieft man
sich in Waldungen, welche eine einsame erhabene Urwildnifs bilden. Sie
haben besonders an ihrer vorderen Gränze geschlossene Dickungen von
dem hohen Taquarussd-Rohre, in welchen wir den schwarz und weifsen
Würger (Lanias picatas, LINN.) zum erstenmale fanden. Weiterhin sind
^die hohen Waldbäume mit den sonderbarsten Schlinggewächsen verflochten;
an den faulenden Urstämmen wuchern Farrenkräuter , Piper, Begonia,