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der Portugiesen besuchen, so pflegt man sie gewöhnlich mit Mandioccamehl
abzufüttern. In der Nähe des Quartel Dos Arcos am Belmonte
pflanzten einige Leute Tabak, allein die Wilden raubten denselben vor der
Erndte; sie rauchen gern, welches sie von den Europäern gelernt haben
sollen. Schon die Tupinambas an der Küste hatten jedoch den Gebrauch
zusammengerollte Blätter zu rauchen, als die Portugiesen sie zuerst besuchten.
\)\Q Mandioccabrava-WxxvzQX, die den Europäern sogleich heftiges
Erbrechen verursacht, soll gebraten, von den Tapuyas ohne Nachtheil
gegessen werden; allein man sagt, dafs sie vorher immer ein Stück
davon abbrechen, und den Bruch mit Speichel befeuchten; auch essen sie
die Wurzel nie frisch, sondern lassen sie einen Tag liegen: vielleicht verliert
sich die schädliche Wirkung durch das Welken. Es wachsen in den
Urwäldern Brasiliens eine Menge Früchte auf hohen starken Waldbäumen
vom härtesten Holze ; die wenigen eingetauschten Aexte der Botocuden
würden kaum hinreichen einen einzigen derselben zu fällen; hier mufs
daher die Kunst im Klettern zu Hülfe genommen werden. Unter diesen
höchsten der Waldstämme zeichnet sich der Sapacaya-Bmim {Lecythis
Ollaria^ L I N N . ) aus, dessen grofse topf-ähnliche Frucht , von ihnen Hä
genannt, schmackhafte Kerne enthält, um welche die Wilden mit mancherley
Thieren, besonders den Affen und den stark beschnabelten Araras
den Wettstreit zu bestehen haben. Um eine solche Frucht zu erhaschen,
ist ihnen keine Mühe zu grofs, da man sie aufserdem durch nichts in der
Wel t bewegen kann, diesen hohen Baum zu ersteigen. In solchen Fällen
ist es unglaublich, mit welcher Schnelligkeit sie den höchsten Gipfel erreichen.
Eben so häufig als diese Früchte, bringt sie der wilde Honig
zum Ersteigen der höchsten Bäume. Sie suchen dies angenehme, hier so
häufige Waldprodukt nicht allein zur Nahrung auf, sondern auch vorzüglich
wegen des ihnen zu vielen ihrer Arbeiten unentbehrlichen Wachses.
Die Arten wilder Bienen, von welchen einige keinen Stachel haben, sind
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in den unermefslichen Wäldern von Süd-Amerika sehr zahlreich, und
würden einen Entomologen lange beschäftigen können. Ihr Honig ist zwar
nicht so süfs, als der europäische, aber dagegen von sehr aromatischem
Geschmacke. Um ihn aus den hohlen Aesten hoher Bäume heraus zu
nehmen, sind scharfe Instrumente nöthig. Obschon jede Horde der Botocuden
jetzt gewöhnlich wenigstens eine eiserne Axt besitzt, so bedienen
sie sich doch auch statt derselben eines harten, grünen oder grauen Nephrins
{Caratd in ihrer Sprache) : sie schleifen ihn etwas scharf und
können dann damit mäfsig harte Baumäste und Stammhöhlungen eröffnen,
wobey sie den Stein entweder blos mit der Hand fassen, oder, nachdem
er mit Wachs beklebt i s t , zwischen ein Paar Stücke Holz fest einbinden;
Taf. i3, Fig. 8. ist ein solcher verkleinert abgebildet; die Galabis in Guiana
bedienten sich nach B A R R E R E ähnlicher Aexte. Die Brasilianer nennen
einen solchen Stein Corisco (Donnerkeil), weil sie glauben er falle bey
Gewittern vom Himmel, und dringe oft tief in die Erde hinein.
Um endlich die Liste der mannigfaltigen Lebensmittel der Botocuden
zu vervollständigen, mufs ich noch einer Ameise mit ungewöhnlich grofsem
Hinterleibe, die man in Minas Geraes Tanachura nennt, gedenken, deren
Leib sie rösten und für sehr schmackhaft halten-
Das Gesagte wird hinlänglich zeigen, dafs die ohnehin nicht eckelen
Botocuden nicht leicht Hunger zu leiden brauchen, besonders da sie sich
in jeder Lage des Lebens zu helfen wissen. Dennoch aber tritt bey ihrer
heftigen Efslust zuweilen Mangel ein, in welchen Fällen man sie bey den
Ansiedlungen um Lebensmittel bitten, und wenn diese verweigert wurden,
die Pflanzungen mit Gewalt plündern sah. Als Mitesser findet man unter
( * ) Di e s e Steinart ist Nephr i t und zwar der P« « amm« -Ne phr i t , aus welchem die Neuseeländer
ihre Ae x t e , Meiisel u. s .w. be r e i t en; auch die Tacaravcis der Galileis gehören hierhin,
so wie überJiaupt diese grünen Steine bey den Völkern yon Guiana in groi sen Ansehen standen.
Hi e rübe r siehe BAR R E R E Bes chreibung yon Cayenne (deut sche ü e b e r s . ) pag. I 3 I .
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