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Hafs gegen ihn zu erkennen gaben; KERENGINATNUGK hatte aber besonders
Ursache ihn zu hassen, denn er hatte den Bruder desselben, blos
einer Axt wegen erschossen, als er auf einem hohen Baume beschäftigt
war, Honig- von wilden Bienen auszuhauen. Durch die menschenfreundlichen,
zweckmäfsigen Vorkehrungen und Anstrengungen des Gouverneui^s
der Capitanía von Bahia, Conde Dos ARCOS , des jetzigen Marine-Ministers,
hat am Belmonte der Krieg mit den Botocuden aufgehört, und man
kann jetzt den gröfsten Theil des schönen Flusses sicher bereisen. Nicht so
ist es am Rio Doge^ wo man den Wi lden öfters Niederlagen beybrachte und
dennoch im Frühjahre 1816 wieder von ihnen geängstigt imd bedrohet
wurde.
Der Krieg gegen die Wi lden, ist der der Jäger und leichten Truppen
im Walde. Man schützt einen Theil der Soldaten gegen die Gewalt der
Pfeile durch einen sogenannten Gibao d'armas (Panzerrock) wovon weiter
oben geredet worden ist.
Die Sinne dieser Wilden werden durch die Uebung von Jugend auf
aufserordentlich geschärft. Sie sollen an der Spur die verschiedenen Nationen
erkennen, die Fährte diTrch den Geruch errathen und sich zu dem
Ende rein gefegte Pfädchen bereiten. Wenn sie bemerkten, dafs Feinde
in der Nähe streiften, wie es die Soldaten von den Destacamenten zu thun
pflegen, so pflanzten sie zuweilen selbst kleine zugespitzte Rohrpfähle in
diese Pfade ein , und lauerten dabey im Hinterhalte ; eben so wissen sie
einen umgefallenen Baum oder jedes andere Verdeck, als einen Hinterhalt
zu benutzen; der Vorübergehende, welcher ruhig, ohne an Gefahr zu denken,
seine Strafse wandelt, wird dann von ihrem kräftigen Pfeile unfehlbar
durchbohrt. Wenn sie einen Angriff auf die europäischen Militairposten
oder Ansiedlungen gewagt haben, so läfst man gewöhnlich drey
bis vier Tage ruhig verstreichen, ehe man etwas gegen sie unternimmt;
dadurch werden sie sicher gemacht und desto gewisser überfallen. Die
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Soldaten erhalten zu einer solchen Unternehmung in die Wälder, ein
Pfund Pulver und vier Pftmd Schrote, denn mit Kugeln schiefst man sehr
selten^ sie tragen eine Muskete ohne Bajonet und gewöhnlich ein breites
Waldmesser {Facäo) an der Seite, auf dem Rücken einen langen Tornister
von Rehfell, mit anderthalb Quart (eine halbe sächsische Metze) Farinha,
etyv^s Bapadura (brauner, gTober Zucker, in einem grofsen viereckigen
Stück), dabey z w ö l f Pfund trockenes Fleisch, welches alles für zwölf Tage
bestimmt ist. Vorsichtig die Spur der Wi lden aufsuchend und ihr nachfolgend,
nähert sich die Truppe langsam dem Orte ihres Aufenthalts. Ist
man so glücklich, ihre Hütten, welche oft in ziemlicher Anzahl bey einander
liegen, aufzufinden, und geschieht dieses erst spät Abends, so umringt
man sogleich dieselben ; dann legt sich alles nieder, und erwartet
still und ohne das mindeste Geräusch den kommenden Tag. Bey der Einschliefsung
hat man sich besonders vor den Hunden und aufgezogenen
wilden Schweinen in Acht zu nehmen, welche sie gewöhnlich zu ihrer
Sicherheit in einiger Entfernung von ihrem Nachtlager an die Bäume zu
binden pflegen. Erstere bellen, die letztern schnauben ganz gewaltig ,
wenn sie etwas fremdartiges wittern. Sobald der Tag grauet, postiren
sich die Soldaten, je zwey und zwey im Kreise, wo möglich hinter starke
Bäume hei-um, bis die Dämmerung so weit vorgerückt ist, dafs man sicher
zielen kann, worauf die durch Panzerröcke geschützten voran gehen und
angreifen. Erreichen sie die Hütten unbemerkt, so stecken sie ihre Gewehre
hinein, und feuern in die Mafse der schlafenden Bewohner. So
wie die ersten Schüsse fallen, entsteht eine grofse Verwirrung, Geschrey
und Geheul; Männer, Weiber und Kinder werden von ihren grausamen
Verfolgern ohne Gnade, ohne Rücksicht auf Geschlecht oder Alter, niedergeschossen.
Die Männer greifen sogleich zu ihren Bogen und schiefsen ihre
Pfeile ab; gewöhnlich aber unterliegen sie bey der Ungleichheit der Waf fen.
Der Pulverdampf wird von der dicken, feuchten Luft der vom nächtlichen