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í i 8 a R ü c k r e i s e nach Europa
genommen; ein anderer hatte den grofsen portugiesischen Ostindienfahrer
^sia Grande in dieser Region angegriffen und verfolgt, aber nicht genommen,
da der letztere 20 Kanonen an Bord führte und sich tapfer vertheidigte.
Erfreut jene beunruhigende Täuschung auf eine so glückliche Art aufgeklärt
zu sehen, zog die Carlota in gröfster Eile ihre Segel wieder auf;
die Constantia that dasselbe, und nachdem sie ihr Boot wieder hinauf
gewunden hatte, segelte sie sotto v>ento (unter dem Winde) pfeilschnell
und höchst majestätisch bey uns vorbey, indem sie uns eine glückliche
Reise wünschte. Wir entfernten uns hierauf schnell voneinander, indem
der eine seiner Bestimmung nach Osten, der andere aber nach Süden
folgte. Ein Regen- und Sturmschauer, von den Portugiesen Agoageiro
genannt, war uns günstig und trieb das Schiff dermafsen schnell, dafs
wir in wenigen Stunden die Constantia ganz aus dem Gesichte verschwinden
sahen. Am folgenden Tage beobachteten wir mehrere Schiffe, welchen
wir abermals vorsichtig auswichen, als wir am 3oten Juny schon
die Anzeigen der nahen Küsten von Europa in mancherley Stücken von
Seetang {Facas) erkannten, worunter besonders eine Art in Gestalt eines
Bandes sich auszeichnet, welche die portugiesischen Seefahrer Curiólas
nennen.
Um 2 Uhr Nachmittags erschallte von der Spitze des grofsen^ Mastes
der fröhliche Ruf: Land! Land! und wir erkannten bald in trüber Ferne
das Cabo da Roca in Portugal, dessen vordere Spitze gleich einer sanft
abgerundeten Insel sich unseren erfreuten Blicken zeigte. Bald erhob sich
die Küste deutlicher vor unseren Blicken, obgleich W^olken die schöne Ansicht
etwas trübten; Schiffe verschiedener Nationen zeigten sich nun in
der Ferne. Mehrere Fischerböte näherten sich, und man ga]? ihnen durch
Flaggen zu verstehen, dafs wir einen Piloten wünschten, worauf man
auch gegen Abend eine Muleta, ein sonderbar gebautes Fischerboot, mit
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der Pilotenflagge heran segeln sah. Es brachte uns eine grofse Menge
guter Fische und einen Piloten aus Cascaes^ der bey uns an Bord stieg.
Da der Tag schon zu weit vorgerückt war, so konnte man heute nicht
mehr in den Tafo einlaufen; wir kreuzten bis zum folgenden Morgen,
und als der ite July sein erfreuliches Licht über die früh wachsame Schiffsgesellschaft
ergofs, befanden wir uns sämmtlich schon auf dem Verdeck
vereint, um die europäischen Gestade zu begrüfsen; leider war aber das
Wetter nicht günstig, um das Land recht unterscheiden zu können. Wir
segelten nun der Mündung des Flusses zu. Sie wird am nördlichen Ufer
von dem Cabo da Roca und am südlichen von dem Cabo d'Espichel beg
r ä n z t , welches letztere weit in die See vortritt, und flachcr ist als das
nördliche. Das Meer hatte die hellgrüne schöne Farbe wie an den Küsten
von Brasilien. Um 9 Uhr lief die Carlota in die Barra ein, wo rechts
und links die See sich heftig an den Felsenketten bricht. Mancherley
Fischerböte von origineller sonderbarer Gestalt, Muletas^ Barreiros und
spanische Schiffe durchkreuzten einander und liefen zugleich mit uns ein.
Der Nebel hatte sich um diese Zeit verloren, und zeigte uns die etwas
flachen, sanfthüglichen Ufer des hier noch sehr breiten Flusses, bedeckt
mit Dörfern , Villas und Kirchen. Man konnte die weifslichen Häuser unterscheiden
, so wie die schon von ihren Früchten entblöfsten Felder, da der
Waizen in Portugal sehr frühe reift. Zur Rechten blieb uns im Flusse ein
rundes Fort, Torre de Bajío genannt, und am nördlichen Ufer die Festung
S, Juliäo. Der Flufs verengt sich nun etwas mehr, und man bemerkt zu
beyden Seiten Dörfer und Wohnungen. Wir segelten bey ein Paar französischen
Fregatten vorbey, welche vor Anker lagen, und wurden alsdann
von einer portugiesischen Bombarde examinirt. Gegen Mittag ankerte
die Carlota am nördlichen Ufer zu Beiern, dem Anfange der Stadt Lisboa.
Von hier an zieht sich eine weite Häusermasse bis zur eigentlichen Qidade
hinauf. Am Nachmittage erhielten wir die Visita da Saude, welche den