I
iliiiiiiill
I
tlüinii
3 o 8 Reise von Minas Geraes nach Arrayal da Concfiiista
Gebüschen gedeckt heran, um es zu schiefsen; es Avurde ang-eschossen und
entfloh, die Hunde verfolgten es vergebens, und es ist ohne Zweifel die
Beute eines der Bewohner von Porcos g'eworden, welcher Zeuge dieser
Jag^dscene war. An einem alten Stamme fand ich die schöne grüne unschädliche
Natter, welche man hier Cohra verde nennt, die aber nicht mit
jener schädlichen Art verwechselt werden darf, welcher man in anderen
Gegenden denselben Nahmen giebt. Ich fand auf dem Arrayal zufällig den
Capitam Mor ANTONIO DIES DE MIRANDA, den Commandanten dieses
bedeutenden Distrikts, der mich in seinem jetzt unbewohnten Hause gastfreundschaftlich
empfieng und beherbergte.
Arrayal da Concfuista ist der Hauptort dieses Distrikts, der ungefähr
so viel bedeutet als eine P^illa an der Küste. Er besteht aus etwa 3o bis ko
kleinen niedrigen Häusern, und einer jetzt noch im Bau begriffenen Kirche.
Die Bewohner sind arm, daher haben die reichen Gutsbesitzer dieser
Gegend, die Familie des Coronel JOAO GONSALVES DA COSTA, der
Capitam Mor MIRANDA und noch einige andere den Bau derselben bis
jetzt auf ihre Kosten betrieben. Aufser dem nöthigen Lebensunterhalt,
welchen die Bewohner aus den Pflanzungen ziehen, erhält diese Gegend
etwas Nahrung durch den Absatz der Baumwolle und der Ort selbst durch
den Ochsenhandel, weicher Bahia getrieben wird; auch werden die
vom Rio S. Francisco kommenden Boiadas hier durchgetrieben, und man
sieht zuweilen in einer Woche über looo Ochsen nach jener Hauptstadt
ziehen. Dieses Vieh wird auf dem weiten Wege bis in diese Gegend
gewöhnlich mager; alsdann läfst man es hier eine Zelt lang in der Weide
gehen, um es erst wieder sich erholen zu lassen. Ein grofser Theil der
Bewohner sind Handwerker und müfsige junge Leute, welche mancherley
Unordnungen veranlassen, da hier keine Polizey ist. Trägheit und leidenschaftlicher
Hang zu geistigen Getränken sind Hauptzüge dieser Leute,
daher sind Streitigkeiten und Ausschweifungen sehr häufig; auch fliehen
R e i s e von Minas Geraes nach Arrayal da Conijuista 20g
die besseren und angeseheneren Bewohner der Gegend diesen übelberufenen
Ort , und leben auf ihren Fazendas im Lande zerstreut. Sehr oft wurden
wir Fremden hier von Betrunkenen belästigt ^ und es kostete uns oft
sehr viele Mühe diese unangenehmen zudringlichen Menschen wieder los
zu werden. Da einer gefährlichen Landessitte gemäfs, jedermann sein Stilet
oder Dolch im Gürtel trägt, so fallen unter diesem rohen unmoralischen
durch keine Aufsicht gezügelten Volke, nicht selten Mordthaten und Gewaltthätigkeiten
vor, wie denn auch vor wenigen Wo c h e n einer der Bewohner
einen anderen durch einen Flintenschufs verwundet hatte. Es ist aus
diesen Gründen dem Reisenden anzurathen, dafs er zu Arrayal da Concjuista
die möglichste Vorsicht gebrauche, um sich und seine Leute vor
Unannehmlichkeiten zu bewahren. Naturforscher finden hier unter den
Bewohnern immer einige Jäger, welche zur Anschaffung naturhistorischer
Gegenstände gebraucht werden können. Man verschaffte mir hier unter
anderen den brasilianischen Fuchs, der eine Nacht vorher die Hühner der
Bewohner heimgesucht hatte. Dieses Thier ist Az ARA' S Aguarachay, eine
fahl graugelbliche und weisgrauliche Art, die ohne Zweifel über ganz Süd-
Amerika verbreitet ist; denn es Ist sehr wahrscheinlich, dafs die grauen
surinamischen, vielleicht selbst die virginischcn Füchse von dieser Art sind.
In den meisten Gegenden der Ostküste nennt man dieses Thier Cachorro
da Mato, zu Conquista aber verwechselte man es mit einer anderen Art
und nannte es Raposa. Vergleicht man seine Bildung und Farbenvertheilung
aufmerksam mit der des pensylvanischen Fuchses {Canis griseoargcnteus,
Renard tricolor'), so findet man im Allgemeinen viel Aehnlichkeit,
und es ist eine Frage, ob der Aguarachay nicht als eine durch
das Clima erzeugte Abart des anderen betrachtet werden mufs. Die Lage
von Conquista ist übrigens nicht unangenehm , besonders wenn man aus
der Vertiefung eines sanften Thaies gegen den hohen, sanft al^gerundeten
Waldrücken hinblickt, an dessen dunkelbewaldetem Abhänge der Ort in
t
Th. II. 27
M I'