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die Frucht ernährt die Bewohner verschiedener Gegenden dieser Küste.
Die Palme Blaaritia dient zur Wohnung und Nahrung-; die Existenz eines
ganzen Völkerstammes, Guaraanen^, ist an sie gefesselt, wie Herr
VON H u m b o l d t sich ausdrückt Die Frucht, welche in den Cabinetten
unter dem Nahmen der Cocos lapidea vorkommt, scheint die des Piagaha-
Baums zu seyn. Sie ist etwa 4 bis 5 Zoll lang-, g-estreckt, am vordem
Ende etwas zugespitzt und von dunkelbrauner Farbe. Unter der Hand des
Drechslers nimmt sie eine vorzüg'liche Politur an; daher man darauf verfallen
ist, sie zu Rosenkränzen zu verarbeiten. Die Maschine, worauf man
die Küg-elchen'dreht, ist sehr einfach: anstatt eines Rades befindet sich
oben an der Decke ein Bogen von Holz , von welchem eine Schnur nach
einem Stocke herabläuft, welcher mit dem Fufse getreten wird. Man
schneidet die feste Masse der Nufs in kleine längliche Pflöcke, theilt diese
wieder in kleinere Stücke von der für die Kugeln erforderlichen Gröfse,
durchbohrt dieselben und rundet sie gehörig ab. Ein Arbeiter kann in
einem Tage ein Dutzend Rosenkränze verfertigen, wovon das Stück nicht
mehr als lo Reis kostet; neu verarbeitet sind diese Rosarios von blafsgelblicher
Farbe, man sendet sie aber sogleich nach Bahia ^ wo sie
schwarzbraun gefärbt werden.
Ich besuchte die Indier in ihren Hütten und fand die meisten mit der
Verfertigung der Rosenkränze beschäftiget. Ihre einfachen Wohnungen
unterscheiden sich nicht von den Häusern, welche überall an dieser Küste
gebräuchlich sind; die Dächer sind sämmtlich mit Stroh {Uricanna-Blkttern)
gedeckt, und anstatt dafs man gewöhnlich die ganzen Blätter (/roni^eÄ)
der Cocospalmen auf die Firste legt, um diese wasserdicht zu machen,
sieht man hier die langen Fäden der Piagaba-V&\xnG zu demselben Zwecke
benutzt. Uebrigens sind diese Hütten längs des Rückens eines Hügels hin
in Reihen erbaut, und haben eine angenehme Lage, da man von hier aus
( * ) Ansicliten der Natur, Band I, Seite 37.
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eine weite Aussicht auf den unermefslichen Ocean hat. Etwas landeinwärts
erreicht man ein Campo (eine ebene von Wald entblöfste Stelle)
von wo aus man in der Ferne die Serra de Maitaraca erblickt, eine
Gebürgskette, die, wie überhaupt diese ganze Gegend, viel Gold und Edelsteine
enthalten soll.
Da ich von den der Jagd abgeneigten Indiern zu OUvenga keine Unterstützung
für meine Unternehmungen in die Wälder erwarten durfte, so
setzte ich nach einem kurzen Aufenthalte meine Reise fort, und machte in
früher Morgenkühlung den nur 3 Legoas weiten angenehmen Weg zu dem
Flusse llheos. Der Strand ist bey der Ebbe , welche man für diese Reise
abwarten mufs, den Reisenden sehr günstig, denn er bildet eine ebene
feste Fläche von feinem wasserharten Sande. Hie und da sieht man eine
Wohnung, durch den sie umgebenden Cocoshain, sich über die niederen
Gebüsche erheben. Auf der Mitte des Weges durchreitet man einen kleinen
Bach, der den Nahmen Ciirurupe oder Caruruipe (die geschwollene Kröte
in der alt-brasilianischen Sprache, wo Cururü Kröte bedeutet) trägt. An
einer Felsenspitze, welche in die See hinein tritt, fanden wir einen vorzüglich
schönen Strauch, eine Posoqueria, 6 bis 8 Fufs hoch, mit steifem
dunkelgrünem Laube, dessen wohlriechende Blumen durch 6 Zoll lange
Röhren sich auszeichnen; ich habe dieses Gewächs weiter gegen Süden
nie bemerkt. Der Strand ist in dieser Gegend arm an Conchylien, ich
bemerkte dagegen hie und da kleine von den Wellen abgerollte Stücke
eines leichten roströthlichen schlackenartigen Fossils, das mir auch schon
weiter südlich in der Gegend von Porto Seg'uro vorgekommen war, und
bey genauerer Untersuchung für schwammige vulkanische Tuifwacke mit
einem undeutlichen Atom von basaltischer Hornblende, von der Ascensions-
Insel erkannt wardC^O- Nachdem wir eine Landspitze zurückgelegt hatten,
C ) In der Sammlung des Herrn Ober-Medicinalralh Blumei^bacii zu Göttingen befinden
sich Proben dieses Fossils von der ^scensions-lnsol auch hat der Chirurg Cup^ni^vgoam
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