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2 Ei n i g e Wort e über die Botocuden
Ehemals waren die Aymores im höchsten Grade furchlLar für die
schwachen portugiesischen Ansiedlungen, bis man sie späterhin mit Nachdriack
angriff und in die Wälder zurücktrieb, wo sie heut zu Tage unter
dem Nahmen der Botocuden leben. In SOUTHEY'S history of Brazil
imd in der Corografia Brazilica findet man Nachrichten über die Verheerungen,
welche diese Wilden zu verschiedenen Zeiten, besonders zu
Porto Segaro, S. Amaro, llhéos u. s. w. angerichtet haben. Von den
Aymores , die ehedem am Flusse llhéos gewohnt haben, existirt nur
noch ein kleiner Rest: ein Paar alte abgelebte Personen, die unter dem
Nahmen der Guerens am Flusse Itahype oder Tdipe sich aufhalten.
Aber noch immer weckt der Nähme Aymorés oder Botocudos bey den
europäischen Ansiedlern Empfindungen von Abscheu und Schrecken, weil
diese rohen Menschen allgemein in dem Rufe stehen, Anthropophagen zu
seyn. Den Nahmen Botocudos haben sie von den grofsen Holzpflöcken,
womit sie Ohren und Lippe verunstalten; denn Botoque bedeutet im Portugiesischen
ein Fafsspund. Sie selbst nennen sich Engeráckmung{¿'''^% und
hören es sehr ungern, wenn man sie Botocudos nennt. Ob sie gleich
von der Küste verdrängt worden sind, so bUeb ihnen demungeachtet noch
ein weiter Strich undurchdringlicher Urwälder zum ruhigen, ungestörten
Zufluchtsorte frey. Heut zu Tage bewohnen sie den Raum der sich längs
der Ostküste, jedoch mehrere Tagereisen vom Meere entfernt vom i5ten
bis zu 19/2 Graden südlicher Breite ausdehnt, oder zwischen dem Rio
Pardo und Pdo Doge liegt. Sie unterhalten von dem einen dieser beyden
Flüsse bis zum andern eine Verbindung längs der Gränzen der Capitanía
von Minas Geraes^ näher an der Seeküste aber findet man einige andere
Stämme, die Patachos, Machacalis u. s. w. Westlich dehnen sich die
Botocuden bis zu den bewohnten Gegenden von Minas Geraes hin aus;
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(*) Ausgesprochen wie das französische Wort Guerins ^ nur hört man das J am Ende.
(**) Das E am Anfange des Wortes weflig Iiörhar.
E i n i g e Worte üb^r die Botocuden 3
MAWE verlegt ihren äufsersten Wohnplatz an die Quellen des Rio Doge
nach S. José da Barra Longa. Ueberall, in Minas so wie am Rio
Doge, föhrt man Krieg gegen sie; in früheren Zeiten waren besonders
die Paulisten (Bewohner der Capitania von 5. Paulo^ ihre unabläfsigen
Feinde. Am Pdo Grande de Belmonle findet man bis Minas Novas
hinauf die Gesellschaften der Botocuden, die hier in ungestörter Ruhe
leben. Jede Truppe hat ihren Anführer (von den Portugiesen Capitam
genannt), der nach Verhältnifs seiner kriegerischen Eigenschaften mehr
oder minder in Ansehen steht. Nordwärts am rechten Ufer des Rio Pardo
zeigen sie feindliche Gesinnungen; ihren Hauptsitz haben sie jedoch in den
grofsen Urwildnissen an beyden Ufern des Rio Doge und des Belmonte.
In diesen Wäldern schalten sie ungestört, und am Flusse S, Matthaeus
streifen sie noch zuweilen bis nahe an die Seeküste hinab.
Dies sind die Gegenden, welche heut zu Tage diesem Stamm zum
Wohnsitze dienen. Ihre frühere Geschichte, wovon wir einige Notizen
in den Werken der Jesuiten und anderer Schriftsteller finden, die SOUTHEV
in seiner History of Brazil zusammengestellt hat, zeigt, dafs sie immer
zu den rohesten und wildesten der Tapuyas gerechnet und sehr gefürchtet
wurden ; dieses Urtheil von ihnen findet man auch noch in den gegenwärtigen
Zeiten bestätigt.
Die Natur hat diesem Volke einen g-uten Körperbau gegeben, denn
sie haben eine bessere und schönere Bildung als die übrigen Stämme. Sie
sind gröfstentheils von mittlerer Statur , einzelne erreichen eine ziemlich
ansehnliche Gröfse ; dabey sind sie stark , fast immer breit von Brust und
Schultern, fleischig und muskulös, aber doch proportionirt ; Hände und
Füfse zierlich-; das Gesicht hat, wie bey den andern Stämmen, starke
Züge und gewöhnlich breite Backenknochen, zuweilen etwas flach, aber
nicht selten regelmäfsig gebildet; die Augen sind bey mehreren klein, bey
andern grofs, aber durchgängig schwarz und lebhaft. Der Mund und die