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 0 6  R e i s e  von  Villa  dos  Illiéos  nach  S.  Pedro  d'Alcantara  
 beständigen  Zerstreuung-,  Leben  und  üppiger  Pflanzenwuchs  ist  überall  
 verbreitet,  nirgends  ein  kleines  Plätzchen  ohne  Gewächse,  an  allen  Stämmen  
 blühen,  ranken,  wuchern  und  heften  sich  Passiflora-  ^  Caladiam-^  
 Dracontium  -,  Piper  - ,  Bégonia  - ,  Epidendrum  - Arten,  mannichfaltige  
 Farrenkräuter  {^Filices)  ,  Flechten  und  Moose  verschiedener  Art.  Das  
 Dickicht  bilden  die  Geschlechter  der  Cocos  ^  Melastoma  ^  Bignonia^  
 Rhexia^  Mimosa^  Ingà^  Bombaoc^  lleoc^  Laurus  ^ Myrthus  ^  Eugenia^  
 Jacarandà^  Jatropha^  f^ismia^  Lecythis  ^  Ficus  und  tausende  von  anderen  
 gröfstentheils  noch  unbekannten  Baumarten,  deren  abgefallene  Blüthen  
 man  auf  der  Erde  liegen  sieht,  und  kaum  errathen  kann,  von  welchem  
 der  Riesenstämme  sie  kamen;  andere  mit Blumen  völlig  bedeckt,  leuchten  
 schon  von  ferne  weifs,  hochgelb,  hochroth,  rosenroth,  violet,  himmelblau  
 u.  s.  w.  und  an  Sumpfstellen  drängen  dicht  geschlossen  auf  langen  
 Schäften,  die  grofsen  schönen  elliptischen  Blätter  der  Heliconien  sich  empor, 
   die  oft  zehn  bis  zwölf  Fufs  hoch  sind,  und  mit  sonderbar  gebildeten  
 hochrothen  oder  feuerfarbenen Blüthen  prangen.  Auf  den  höchsten  Stämmen  
 ,  hoch  oben  in  der  Theilung  der  Aeste,  wachsen  ungeheuere  Brome- 
 Zza-Stauden,  mit  grofsen  Blumenkolben  oder  Trauben,  hochzinnoberroth,  
 oder  von  anderen  schönen  Farben  ;  von  ihnen  fallen  grofse  Bündel  von  
 Wurzeln,  gleich  Stricken  herab,  welche  bis  auf  die  Erde  niederhängen,  
 und  unten  den  Reisenden  ein  neues  Hindernifs  bereiten.  Solche  Bromelia- 
 Stauden  füllen  alle  Bäume  an,  bis  sie  nach  Jahren  absterben,  und  vom  
 Winde  entwurzelt  mit  Getöse  herabstürzen.  Tausendfältige  Schlingpflanzen, 
   von  den  zartesten  Formen  bis  zu  der  Dicke  eines  Mannsschenkels,  
 von  hartem  zähem  Holze  {Baahinia^  Banisteria^  Paallinia  und  andere)  
 verflechten  die  Stämme,  steigen  bis  zu  der  höchsten  Höhe  der  Baumkronen,  
 wo  sie  alsdann  blühen  und  Frucht  tragen,  ohne  dafs  je  ein  menschliches  
 Auge  sie  sah.  Manche  derselben  sind  so  wunderbar  gebildet,  wie  zum  
 Beyspiel  gewisse Baahinia-Kvl^xv^  dafs man  sie  ohne  Staunen  nicht  betrach- 
 Pieise  von  Villa  dos  Ilheos  nach  S.  Pedro  d'Alcantara  107  
 ten  kann.  Aus  vielen  derselben  fault  der  Stamm,  um  den  sie  sich  geschlungen, 
   heraus,  und  hier  steht  dann  eine  colossale  gewundene  Schlange,  deren  
 Entstehung  sich  auf  diese  Art  leicht  erklären  läfst u.  s.  w.  Wer  vermöchte  
 anschaulich  das Bild  jener  Wälder,  dem  der  sie  nicht  selbst  gesehen  hat,  zu  
 entwerfen!  Wie  weit  bleibt  hier  die  Schilderung  hinter  der  Natur  zurück I  
 Ich  erreichte  am  ersten  Tage  gegen  Abend  eine  Stelle,  welche  man  
 Coral  do  Jacarandd  nennt,  weil  hier,  aus  dem  Sertam  herabgekommene  
 Ochsenheerden  übernachtet  hatten.  Die  J^aqueiros  (Kuhhirten)  pflegen  
 alsdann  einen  Coral  oder  Zaun  aufzurichten,  indem  sie  Stangen  abhauen,  
 und  diese  an  die  Baumstämme  in  horizontaler  Pdchtung  dergestalt  anbinden,  
 dafs  das  RindWeh  oder  die  Pferde  während  der  Nacht  nicht  entlaufen  
 können.  Der  hier  erwähnte  Coral  lag  durchaus  im  dichten  und  dergestalt  
 hohen Walde,  dafs  es  schon  frühe  daselbst  dämmerte.  Zunächst  bey  
 der  Umzäunung  fanden  wir  noch  ein  Paar  alte  Ranchos  (Hütten),  die  
 man  in  diesen  Wäldern  gewöhnlich  sehr  nachläfsig  zu  erbauen  pflegt;  
 denn  sie  bestehen  blos  in  einer  schräg  geneigten  Schirmwand  von  Stangen,  
 weiche  man,  um  den  Regen  abzuhalten,  mit  Pattioha  oder  andern  Blättern  
 bedeckt.  Die  hier  vorgefundenen  Hütten  waren  so  alt  und  verfallen^  
 dafs  sie  nicht  den  mindesten  Schutz  gewährten,  dessen  wir,  bey  der  Nothwendigkeit  
 hier  zu  übernachten,  dennoch  sehr  bedurften;  auch  war  kaum  
 die  dunkle  Nacht  zur  Hälfte  verstrichen,  als  ein  Regengufs  herabstürzte,  
 der  uns  sämmtlich  völlig  durchnäfste.  Der  folgende  Morgen  brach  heiter  
 wieder  an,  allein  dennoch  gehörte  eine  geraume  Zeit  dazu,  ehe  wir,  durch  
 Kaffee und  ein  grofses  Feuer  wieder  erwärmt,  die  Reise  fortsetzen  konnten.  
 Unsere  Lastthiere  hatten,  wo  möglich,  eine  noch  schlechtere  Nacht  zu  
 überstehen  gehabt;  denn  nach  ihrer  ersten  angreifenden  Tagereise,  fanden  
 sie  in  dem  hohen  Urwalde  kaum  etwas  Gras  für  ihren  Hunger.  Der  Wald  
 war  von  dem  heftigen  Regen  noch  so  nafs,  dafs  die  Fortsetzung  der  
 Reise  in  der  dicht  verwachsenen  Strafse  eine  harte,  höchst  unangenehme