II. Die Vulkanruinen Sumbawas.
1. Die Batu Lanteh- und Sangenges-Gruppe.
Im westlichen Teile des Sultanates Sumbawa erhebt sich ein Gebirgsmassiv, bestehend
aus dem 1850 m hohen Batu Lanteh (d. h. „Steinwand“), mit einer einzigen, in
zwei Spitzen auslaufenden Kuppe und dem Sangenges mit einer 1695 m messenden und
weiteren 6—7 etwas niedrigeren Spitzen. Die morphologische Verschiedenheit lehrt, daß
sich die Vulkanruine aus mehreren verschiedenaltrigen Teilen (Fig. 69) zusammensetzt.
Der S a n g e n g e s (auch Ngenges), ist s o , sehr in einzelne Berge aufgelöst, daß
seine Vulkannatur, von unten gesehen, nicht sofort in die Augen fällt. Zollinger1) beschreibt
ihn folgendermaßen: „Das ganze Gebirge bildet einen großen Kessel, an den
Innenwänden steil abfallend, dagegen an der Außenseite aus zahlreichen scharfen
Rippen bestehend, welche sich strahlenförmig nach allen Richtungen ausbreiten. In den
zwischengelegenen Schluchten fließen zahlreiche Bäche und Flüsse. Die Kesselwand ist im
Nordwesten durchbrochen, sodaß sich hier die größte Schlucht befindet, in der das Dorf
Bu£r liegt. Die höchste Spitze im Süden heißt Satupu und im Südwesten Sabra (nämlich
von Alias gesehen). Die höchsten und niedrigsten Bergrücken strecken sich südwärts
aus: Zuerst der G. Bedokh, längs der Küste der Allas-Straße, mehr nach dem Innern
der Tamper Bajem, der bei dem Dorf Reba endigt, und der folgende sehr hohe Rücken
heißt G. Sonkhar; sie alle drei laufen von Nord nach Süden.“
Die Zertalung des Sangenges ist so weit fortgeschritten, daß die Radialrücken ganz
in einzelne spitze Kuppen aufgelöst sind, deren Reihen durch weite Täler getrennt werden.
Fußdreiecke finden sich noch an einigen Stellen, und man glaubt, ein 4-fach gegabeltes
Rippensystem zu erkennen. Dieses ladet im Vorland, das aus drei, bis 75 m ü. d. M.
liegenden, marinen Terrassen besteht, breit nach den Seiten aus und geht in flache, durch
scharfe, schmale Täler mit Steilufern getrennte Riedel über.
Die Haupttäler unterscheiden sich in ihrer Ausbildung von denen der jüngeren
Vulkane sofort durch die weite V-Form und Tiefe, sowie durch die verbreiterte Sohle bei
selbst senkrechten Gehängen der oberen Teile. In geringen Höhen hingegen sind sie
enger, tief eingeschnitten mit spitzwinkligem Querschnitt, reich an Steilwänden, Stufen
und abgeflachten Vorsprüngen und oft mit kammartigen schmalen Seitenrücken, hervorgegangen
aus alten Talböden. Alle diese Berge werden durch besondere Scharfwinkligkeit,
steil aufragende Spitzen und kluftartig ausgeschnittene subsequente Seiten- und Hängetäler
gekennzeichnet. Der Kraterrand ist in Gipfelkuppen zerlegt, die durch enge Schluchten von
einander getrennt werden und welche mit senkrechten Wänden zu den Haupttälern abstürzen.
Der Sangenges gehört demnach wegen seiner spätreifen Formen zu den älteren
Vulkanruinen. Bei ihm sind aus den ehemaligen Fußdreiecken zum größten Teil bereits
Einzelkuppen mit scharfrückigen schmalen Ausläufern geworden. Das reich verzweigte
Erosionssystem hat sich vereinfacht; die Stelle der engen Radialtäler nehmen weite Haupttäler
ein, an welche neue sekundäre enge resequente Seitenschluchten, unter größerem
oder kleinerem Winkel mit den alten Gefällslinien, herantreten. Der Gefällsbruch unterhalb
der Gipfelkuppe ist an manchen Stellen deutlich (Fig. 69), den Verlauf der großen Folge*)
a. a. O. S. 56.
täler aber kennzeichnet noch die Lage der Leitlinien des ehemaligen Systems der radialen
Talfurchen, deren rückschreitende Erosion den Vulkan zerschnitten und bis auf ein Gewirr
von Schluchten und Bergen abgetragen hat.
Ein ganz anderes Entwicklungsstadium der Zertalung weist nun der dem Sangenges
benachbarte B a tu L a n t e h auf. Er besitzt enge und tiefe, steilwandige Täler, aber mehr
oder weniger vollständig zusammenhängende Rippen. Nur das Vorhandensein von unbedeutenden
Stufen und Vorsprüngen1) im Verlauf der sonst ebenmäßig abfallenden Rücken,
vor allem im oberen Teile, kennzeichnet den Anfang der beginnenden Zertalung (Fig. 69, links),
welche im allgemeinen erst 2-fach, nach der Spitze zu 3-fach zu sein scheint. Zollinger2)
gibt bereits folgende Beschreibung vom Batu Lanteh: „Er ist besonders reich an Wasser,
weswegen die Eingeborenen ihn scherzend den G. Perampuam (d .h . Frau) nennen. Die
Abhänge sind nicht sehr steil, sodaß seine Grundform das Aussehen eines platt gedrückten
Kegels hat. Auch die Rippen, die von ihm nach unten laufen, besitzen nicht die Schärfe
wie die des G. Ngenges . . Der Berg hat 2 Spitzen, von denen die südöstliche mir als
höchste erschien. Ich erkletterte die nordwestliche, zu welcher man zuletzt über einen
besonders scharfen Kamm kommt. Auf der Höhe liegen 2 große Felsblöcke, die in ein
stumpfes Ende auslaufen und
einander die flache Seite zukehren,
sodaß ein, ein Fuß
breiter Spalt gebildet wird, aus
dem Wasser quillt.“
Die Schilderung Zollingers
der vom Gipfel aus sichtbaren
Gegend liefert ein anschauliches
NW.
S e k e d e t
SO.
Fig. 114. Die kle in e Vulkanruine de s Sek ed e t am Fuß d e s Batu Lanteh,
umgeben von 3 M e e re ste rra ssen. Gez. v. Verf. .
Bild von der umgebenden Gebirgswelt. Statt sie zu wiederholen, gebe ich ein
Panorama, aufgenommen von meinem Assistenten, von der westlichen Hälfte des Horizontes
(Taf. XVIII, Fig. 1) und verweise auf die Schilderungen des vorigen Kapitels bei Ausführung
der, Besteigung.
Die beiden Vulkanruinen, welche mit ihrem Sockel zu einem Massiv verschmelzen,
verbindet ein Rücken im Gebiet der Püsu-Einsattelung, und der von beiden Gebirgen gebildete
Winkel wird von einer kleineren Vulkanruine, dem S e k e d e t ausgefüllt (Fig. 114).
Der breite Püsu-Verbindungsrücken setzt sich (nach den jüngsten, unveröffentlichten topographischen
Spezialaufnahmen) bis zum Batu Lanteh-Gipfel fort, verschmälert sich zu einem
scharfen, einer Kraterwand-ähnlichen Kamm, dessen oberes Ende in Spitzen und Zacken
zerlegt ist (Fig. 69). Er dürfte ein Teil des alten Ringwalles sein, welcher durch 3 weitere
Kuppen angedeutet den oberen Abhang des Batu Lanteh bogenförmig umgibt und sich
auf der Südseite im Sanak fortsetzt. In der nach Westen geöffneten Caldera hat sich in
der Ostecke der Batu Lanteh-Kegel aufgebaut und hier das alte Ringgebirge zum größten
Teil verschüttet.
Am Püsu-Paß entspringen auch die Hauptflüsse des Massivs, im Norden der Brang
Sumbawa und Re, zwischen welchen der Sekedet liegt, und nach Süden fließt zur Lampui-
Bucht des Indischen Ozeans der Brang Beh.
Die kleine Vulkanruine des Sekedet erhebt sich in zwei Hauptspitzen und ähnelt
in ihrer Gestalt dem Sangenges, wird von verhältnismäßig tiefen Tälern durchsetzt, und
’) die teilweise vielleicht sogar infolge zufälliger Aufhäufungen durch Agglomeratströme entstanden.—
*) a. a. O., S. 56, 57.