Korrinüa konko miäno! I Zum Feste versammeln die Menschen!
Media heia Mokole Mit den Fürsten zusammen
Kando kokdha Lasset uns feiern
Jd lu mondo-mondo! \ Acht Tage und acht Nächte!
Dieser Maronene-Mythui will in erster Linie den Kampf der Gewalten der Erde
mit denen der Luft darstellen. Der Beherrscher der Welt bleibt Sieger über die Machthaber
des Himmels, welche Blitz und Donner erzeugen. Gleichzeitig verfolgt dieser Gesang den
Zweck, die Sitte der Kopfjagd zu verherrlichen. Tongimpuu erbeutet auf seinem Kriegszuge
den Schädel Bilangianos; im Triumph zieht er in der Heimat ein, und das ganze
Land feiert ein großes Fest. Diesem Beispiele des berühmten Vorfahren und jetzigen Geistes
folgen heute alle Maronene, holen sich von den Nachbarstämmen den notwendigen Kopf
als Opfer für die Seelen der Verstorbenen, vor allem der Könige und tanzen und singen zum
Preise der gefeierten Ahnenseeien das hohe Lied von Tongimpuu. Dieser ist aber niemand
anders als der großmächtige Beherrscher des aiten Hindu-Reiches in Sewiri gading von
Luwu, ein mythologischer Fürst, welcher in der Geschichte der BugiS und Makassaren,
sowie der Bimanesen auf Sumbawa eine große Rolle spielt.
Re l i gion: Der Schädelkultus auf Kabaena entspricht ganz den Anschauungen der
Maronene Rumbias und Mengkokas1) (Bd. I, S. 264). Er ist hier jedoch, wahrscheinlich
infolge der Berührung mit den muhamedanischen Bugis und Badjos derart verändert, daß
die Kopfjagd nur noch zum Schein ausgeführt wird. Überhaupt scheinen sieh die alten
Gewohnheiten auf Kabaena bereits durch den Einfluß der Bugis verändert zu haben. Im
Gebiete des Nordwestens, wo die Bugis an der Baleara-Bucht große Niederlassungen besitzen,
und wo in Kotua, dem Hauptorte der gleichnamigen Landschaft, schon eine Moschee
und ein Hadji-Priester zu finden sind, sollen sogar etwa 20 Kabaena-Leute zum Islam
übergetreten sein. Der muhamedanische Einfluß fällt hauptsächlich bei den Bewohnern der
Landschaft Balo auf, denn diese lassen die Seelen ihrer Verstorbenen bereits zürn Soroga
( ~ Sorga), dem Aufenthaltsorte Allahs, wandern und sind keine Kopfjäger. Als solche
werden die Bewohner der Landschaft Tankeno ( = der Berg), die Miano tonga-wonua, die
Halbwilden (s. Bd. I, S. 241), bezeichnet.
Beim Tode eines Königs (lakina oder moköle) gehen sie seit einigen Jahren zwar
immer noch auf Ko p f j a g d , jedoch ohne einen Schädel erbeuten zu wollen, nur um durch
die symbolische Handlung dem alten Brauche Genüge zu tun. Stirbt auf Kabaena ein
Regent, so erteilt nämlich der Oberhäuptling, der Lakina Tankeno oder im Falle seines
Todes der von Kotua und Lengora den Befehl, an einem bestimmten Tage, dem 7. nach
der Bestattung des Toten auf Menschenjagd (lako mungäeh = Suchen eines Schädels oder
moala rapa Holen eines Kopfes) auszuziehen. Vorher aber erläßt er eine Warnung,
‘) Meine Angaben Uber die Kopfjägerei in Mengkoka kann ich durch einen Bericht von Herrn
Wieland, Civiel-Gezaghebber in Koläka Uber den früher genannten Blätterstrauß (tula, s. Bd. I, S. 254),
eine Art Ordensauszeichnung, von denen es zwei Grade gibt, vervollständigen: Einfache, am Rand etwas
ausgezackte Blätter erhält jeder To Mengkoka, der an einer Kopfjagd teilnimmt, und schön ausgeschnittene,
mit einer Spitze versehene der mit einem erbeuteten Schädel heimkehrende Krieger. Diese Tula-Biätter
werden unterwegs bereits hergesteiit, beim Einzug der Sieger ins Dorf an Bambusflöten befestigt, weiche
zum Feste aufspielen, und hinterher unter dem Hausdach aufgehangen. Außerdem erhalten die Kopfjäger,
wie im ersten Bande Seite 267 mitgeteilt, eigenartige Hute, weiche durch ihre Form auf die Art
der Erbeutung des Schädels hinweisen. Diese Kopfbedeckung wird vor allem im Dorfe La Torna verfertigt,
und eine von der Gestalt eines Hauses wird Powatutu hiniwi, die eines Segelschiffes Pondulu hiniwi
und eines Reisschobers Ala genannt.
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damit sich im ganzen Lande vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenhochstand, also von
6— 12 Uhr Mittags niemand außerhalb seines Hauses sehen läßt. Sollten die herumstreifenden
Kopfjäger einen Menschen draußen finden, so würde diesen die Wurllanze ereilen und sein
Haupt unter dem Schwerte fallen, d. h. nur, wenn er nicht noch im letzten Augenblicke
schnell sein Lendentuch um den Kopf wickelt und sich dadurch unsichtbar macht. Der
jetzige Lakina Tankeno gibt sogar die Beendigung des Jagdzuges durch einen Schuß mit
einer butonesischen Messingkanone kund.
An Stelle des ehemaligen Schädelopfers, das man früher zur Besänftigung der Seelen
der Verstorbenen alljährlich darbrachte (s. Bd. I, S. 264)^ ist eine andere wichtige Kulthandlung,
d a s R a u c h o p f e r getreten; denn, so sagt man heute, versäumt man der Seele
Weihrauch anzuzünden, so würde sie, dadurch beleidigt, die Familienmitglieder zu Tode
quälen. Die Balo-Leute halten dieses Opfer schon deshalb für notwendig, um die zur Soroga
wandernde Seele vor bösen Geistern, die sie unterwegs festhalten und mißhandeln könnten,
zu schützen.
Trotz dieser, von den religiösen Gebräuchen der Maronene abweichenden Anschauung
über die Seelenverehrung herrscht doch auf Kabaena sowohl bei den Bewohnern der Landschaft
Balo als auch Tankeno noch der ursprüngliche Gö t t e r - und Ge i s t e r g l au b e .
„Sangia Langi“ (auch Rangi =3 Himmel, s. „Sangia“ in Bd. I, S. 98), der Gott des Himmels,
ist das Oberwesen, welches auf dem Batun-Sangia-Berge wohnt. Dieser liegt im nördlichen
Kabaena und fällt sofort durch seine 3 großen und 2 kleinen senkrecht aufragenden Felspfeiler
auf, die wegen ihrer Ähnlichkeit mit Fingern die Bezeichnung: Hand Gottes (sangian
wua-lima) tragen. Die Balo-Leute verehren hauptsächlich den Sangia Wita, den Gott der
Erde (wita = Erde), welcher seinen Sitz auf dem gleichnamigen und höchsten Gebirge
der Insel hat.
Bei Eintritt des Westmonsuns (Ende Oktober, Anfang November) steigen die Kabaena-
Leute auf diese beiden Berge und errichten Opferhäuschen (Iai'tja-m-peolia = Bitthäuschen,
wörtlich: Haus um sich loszukaufen), ein Name, der wie das „laika“ in Rumbia der alten
Sprache der Maronene angehört, während man auf Kabaena sonst wie auf Muna und in
Mengkoka das Haus mit „raha“ bezeichnet. Der Priester, der Bisa, bezw. Wolia, Arzt und
Schamane legt im Namen der Menschen Gaben, nämlich außer Feldfrüchten, wie Reis,
Bananen, Kokosnüssen und Zuckerrohr, auch Eier, Fleisch von Hühnern und Ziegen nieder,
um den Gott um Vergebung der Sünden und Abwendung der Krankheiten zu bitten.
Nach der Reisernte (metampe), etwa im August, findet d a s E r n t e f e s t (ari mononkötu)
statt, verbunden mit einem Fruchtopfer an die beiden Gottheiten Sangia Rangi und Sangia
Wita. Um den neugeernteten Reis eßbar und keimfähig zu machen, schließt sich an dieses
Fest die Zeremonie der Rei s weihe. Der Parika, Priester und Pflanzendoktor, zündet
rings um ein aufgestelltes Bündel unenthülsten Reis Weihrauch an. Verweigert man dem
Sangia Rangi diese Ehre, so soll der Genuß der Feldfrucht Krankheiten verursachen und*
falls jemand wagt, ungeweihten Reis zu verkaufen, muß er sterben. Das vom Gotte gesegnete
Korn aber wird hohe Keimkraft erhalten und reiche Ernte bringen. Später empfängt
das Re i s f e l d, um den bösen Geist fernzuhalten, ei ne Weihe, welche jedoch nicht allein
der Parika, sondern auch ein alter, erfahrener Mann vollziehen kann. 70 Setzlinge werden
ausgepflanzt (motäsu) und das Landstück ringsum beräuchert.
In Hinsicht auf den vom Gotte Sangia Rangi gewährten Schutz des Feldes teilt man
das Jahr in „Sangia“, eine Bezeichnungsweise, die vielleicht mit der malayischen Zeiteinteilung
nach „Waktu“ (Bd. I, S. 11) zu vergleichen ist. Auf ein Jahr kommen, ent