Tongimpuu Wónua, welcher in Sewiri gading im luwuresischen Hindu-Reich thront, und die
früher geschilderte anthropologische Beschaffenheit dieses pygmaeoiden Volkes selbst.
Diè Untersuchung der Ornamente bei den Maronene und ihren Nachbarstämmen
haben uns also durch eine lückenlose Aufeinanderfolge von Mustern die En t w i c k l u n g
de r gerne i n c e l e b e n s i s c h e n Ku n s t gelehrt:
Je nach der Art der Technik lassen sich aus den beiden G r u n d e l e m e n t e n
L de r Kr e u z b l ü t e bei A u s s c h n e i d e a r b e i t e n u n d 2. de s L i n i e n k r e u z e s bei
B a m b u s s c h n i t z e r e i e n die zahlreichen Muster ableiten. D a s Linienkreuz i s t a be r als
die e i g e n t l i ch e Urfigur d e r g e m e i n c e l e b e n s i s c h e n Or n ame n t i k auf zuf a s s en.
Aus de r s c h r ä g l i e g e n de n Kr e u z b l ü t e (Fig. 47, 52) e n t s t e h t i nf ol ge e i ne r
V e r e i n i g u n g de r Bl ä t t e r p a a r e zwe i e r a n e i n a n d e r s t o ß e n d e r Fi gur e n, u n t e r s
t ü t z t d u r c h ei ne F l ä c h e n a u s f ü l l u n g (Fig. 48) d ie ho h l e S a n d u h r f o r m (Fig. 49)
u n d f e r n e r de r Kreis. Di e s e r l e t z t e f üh r t d u r c h Ko mb i n a t i o n j e zwe i e r
Hä l f t e n (Fig. 54) z u r D o p p e l s p i r a l e (Fig. 55, 57), u n d a u s d e r A n e i n a n d e r r
e i h u n g (Fig. 60) d e r s e l b e n r e s u l t i e r t s c h l i e ß l i c h da s R a n k e n o r n a m e n t
(Fig. 61, 62). Eine ä h n l i c h e V e r w a n d l u n g z e i gt die Kr e u z b l ü t e bei d e n A u s s
c h n i t t -Mo t i v e n . Di e g r a d l i n i g e n S a n d u h r f i g u r e n f ühr e n z um Za c k e n -
o r n a m e n t (Bd. I, S. 242, Fig. 123) u n d , we n n man sie a b w e c h s e l n d a n b r i n g t ,
z um S e c h s e c k (Fig. 16, oberste Reihe; auch reduziert zum Dreieck: Fig. 24), Vi el eck
u nd e n d l i c h z um Kreis. G el a n g e n sie a b e r mi t h o h l en S e i t e n f l ä c h e n (Fig. 26,
zweite Reihe von oben) z u r D a r s t e l l u n g , so k o m m t de r l et zt e d i r ekt z u s t a n de .
Da s L i n i e n k r e u z (Fig. 37) f üh r t d u r c h V e r d i c k u n g zur e i nf a chen s c h r ä g l
i e g e n d e n Kr e u z b l ü t e (Fig. 38). Di e s e wi r d d u r c h Komb i n a t i o n mi t dem
s t e h e n d e n L i n i e n k r e u z acht t ei l ig. Er h a l t e n i hr e Bl ä t t e r g l e i ch e Länge , so
s t e l l t die u m s c h r i e b e n e Fi gur ein Ac h t e c k (Fig. 42) u n d b e i V e r d o p p e l u n g
ein S e c h z e h n e c k , bezw. e i n e n Kr e i s (Fig. 43) dar. N a c h d e r a n d e r e n Ri ch t u n g
j e d o c h e n t s t e h t , wie Meyer und Richter gezeigt, a u s d e r Kr e u z b l ü t e (Fig. 47) b e i
u n v o l l s t ä n d i g e r A us b i l d u n g (Fig. 46) d ie Sp i r a l e (Fig. 45). S c h r ä g l i e g e n d e
und s t e h e n d e L i n i e n k r e u z e f f n V e r b i n d u n g mi t u m s c h r i e b e n e n Q ua d r a t e n ,
e r g e b e n die z a h l r e i ch e n , al s F l ä c h e n b e d e c k u n g d i e n e n d e n vi er - und d r e i e
c k i g e n S c h a c h b r e t t m u s t e r (Fig. 27—29) u n d K r e u z m o sa i k e (Fig. 30, 32, 33),
g e s c h m ü c k t mi t P u n k t e n (Fig. 27, 29, 33), Kr e i s en (Fig. 32), Dr e i e c k e n (Fig. 18)
u n d g r a d l i n i g e n S a n d u h r f i g u r e n (Fig. 31).
Ge ht die R e c h t w i n k e l i g k e i t de r L i n i e n k r e u z o r n a m e n t e v e r l o r e n , so
bi l den s i ch Rh om be n (Fig. 34), u n d d e r e n u n v o l l s t ä n d i g e A u s f ü h r u n g (Fig. 35)
f ühr t z u r Bi l d u n g von Ha k e n u nd we i t e r zur E r f i n d u n g e i ne r e c k i g e n
Sp i r a l e (Fig. 35, 36). D i e s e 1 Liefert das S p i r a l b a n d o r n ame n t (Fig. 15, sowie 61, 62)
u n d z u l e t z t w i e d e r u m da s Ra n k e nmu s t e r .
Die Übertragung der Ornamentmotive auf die Flechtwerke hat schließlich noch eine
besondere Ausgestaltung der Kreuzblüte zu einer Kr e u z b l ü t e n s p i r a l e (Fig. 23, Bd. I,
Taf. XXIX, Fig. 1, 3) veranlaßt. Andererseits ist in anderen Zweigen der Technik umgekehrt
das Geflechtslinienmuster, z. B. das Fischgrätenornament als Wiedergabe der Köperbindung,
kopiert worden.
Landeskundliche Betrachtungen.
Man muß staunen, bei diesem einfachen Volke der Maronene so großen Schönheitssinn
zu finden, selbst in nebensächlichen Dingen. Niemals erblickt man z. B. hier beim
Sirihkauen die üblichen dicken Tabakklumpen, die den Mund verzerren und diesem ein
unappetitliches, widerliches Aussehen geben, sondern Männer und Frauen verwenden nur
kleine, niedliche Tabakkügelchen, welche sie in einen Mundwinkel oder unter die Oberlippe
schieben.
Die ausgesprochene Ordnungsliebe erstreckt sich sogar, wie ich noch nie bei solchen
Völkern beobachtete, auf die schadhaften Stellen der Kleider. Diese werden sorgfältig mit
einem eingesetzten Flicken ausgebessert und kunstgerecht von beiden Seiten gesäumt.
Von den Bewohnern Rumbias berichtete ich (s. Bd. I, S. 236), daß sie hochbegabte Menschen
mit schnellem Auffassungsvermögen seien. Alle meine Wünsche, mir dieses oder jenes zu
besorgen oder etwas anzufertigen, fanden eine prompte und befriedigende Erfüllung, welche
man von den meisten denk- und arbeitsfaulen malayischen Stämmen gar nicht erwartet.
Verschiedentlich hatte ich auf Kabaena Gelegenheit, mich von der Geschicklichkeit der Leute
zu überzeugen und sie zu beobachten, z. B. beim Löschen eines Waldbrandes, bei Anlage
eines Gartens, Umzäunen mit Baumstämmen und Bau eines Hauses (s. auch Rumbia Bd. I,
S. 236). Der praktische Sinn macht sich auch bei der Bewaffnung geltend. Der Schild
(taa) von derselben Form wie in Rumbia (s. Bd. I, S. 265) dient zugleich als Scheide für
das Schwert. Dieses ähnelt dem der Südost-Halbinsel und besitzt außerdem einen Handschutz
aus einem gebogenen, mit Rottan an den Griff gebundenen, ornamentierten Hörnstück.
Die Kabaenanesen verfügen wie ihre Vettern in Rumbia über eine schnelle, gute
Entschluß- und Urteilsfähigkeit, welche sich mir bei der geschilderten Gerichtssitzung
offenbarte. Als ich einmal die Annahme eines mir zum Kauf angebotenen Schildes verweigerte,
da die randlichen Haarbüschel ausgefallen waren, säbelte der Besitzer sofort
einem gerade neben ihm stehenden Jüngling mit dem Haumesser einige lange Haarsträhnen
ab und pflöckte sie am Schilde fest.
Mit sichtlichem Vergnügen führten die Kabaena-Leute den von mir erteilten Auftrag,
ein Modellhaus anzufertigen, aus. Einige schleppten Bäume aus weichem Holz herbei,
spalteten die markreichen Stämme durch Eintreiben eines Keiles und stellten Planken und
Pfeiler her; andere sammelten Rohr zum Binden, Blätter der Rottanpalme zur Dachbedeckung,
Bambus für Dachlatten, Zwischenbalken und Schindeln. Ein paar Kunstverständige machten
die Giebelverzierungen, Türen, Fenster und Leitern und schnitzten eine komplette Inneneinrichtung
„en miniature“ : Herd, Gefäße, Körbchen, Säcke, Schlafmatte, Bretter für Geschirre
und Vorräte, Wandhaken zum Aufhängen, schwebende Recks zum Trocknen für Zeug, und
an einem Pfeiler wurde sogar eine Zuckerrohrpresse (mit Hebelvorrichtung) zum Ausquetschen
des Saftes für Weinbereitung befestigt. Sie alle hatten Freude an der Arbeit, scherzten wie
die Kinder und bewunderten ihr Werk. An jede Kleinigkeit dachten sie, und selbst das
einsame Örtchen im Seitenkämmerchen erhielt eine Ableitungsrinne und das Loch im Fußboden
einen runden Deckel. Nur die Kohlezeichnungen an den Wänden, Tiere und Menschen
darstellend, hatten unsere Künstler vergessen, da sie diese wohl nicht als unerläßlichen
Bestandteil ansahen. Das fertige Haus glich seinem Vorbilde, dem des Kenepulu in Balo
(s. Taf. II, Fig. 1), und sein Gerüst ist in der Zeichnung (Fig. 66) wiedergegeben.
Zwei Typen des Woh n h a u s e s lassen sich auf Kabaena unterscheiden, das der
Fürsten und Reichen, vor allem in der Landschaft Tankeno, im verbesserten Maronene-Stil