Hand die Herde und lassen den Tieren Dampf vom Aufguß gekochter Wawan-Früchte um
den Körper wehen. Darauf besprengen alle anwesenden Mütter die'-Büffel fünfmal mit ein
wenig Blutwasser, eine Handlung, bei welcher man diese im Kreise herumtreibt. Zuletzt
werden die Tiere aus dem Kral herausgelassen, und Menschen und Vieh begeben sich zum
Wasser, um zu baden. Den Schluß bildet der Opferschmaus, bei dem getanzt und
gesungen wird.
Dieses alljährlich stattfindende Fest dient aber nicht allein zur Fruchtbarmachung
der Haustiere, sondern auch der Menschen mit einer ähnlichen an den Frauen vorgenommenen
Zeremonie, über die ich leider keine Einzelheiten habe erfahren können. Die Sitte der
Tierweihe besteht auch beim Welemur-Stamme, und G. W. W. C. Baron van HoevelU) sagt
über sie bereits: „Zahlreiches Großvieh wird dann geschlachtet und die Fetische mit dem
Blute der Opfertiere beschmiert. Fällt dann mehr Regen, wie gewünscht wurde, so reibt
man die Gegenstände mit Kalk ein. Diese große Opferfeierlichkeit wird „una dien helas“
genannt. Unter „helas“ bemerkt Hoevelt .in einer Fußnote, werden zwei vom Himmel
gefallene Gegenstände, Schwert und Speer verstanden, ein Wort, das lexikographisch sovidk
wie „etwas Wunderbares“ bezeichnet, „una“ ist machen, „dien“ kalt, folglich bedeutet der
Ausdruck „Kaltmachen des Wunderbaren“. Zu dieser Deutung macht J. D. E. Schmeltz
(Die Redaktion des Archivs) den Zusatz, ob mit diesen Worten nicht „Die Besänftigung
der Gottheit“ zu verstehen sei, eine gewiß richtige Auslegung. Die Tobu Tihu haben mir
als ursprüngliche Bedeutung des“ „Kaltmachens“ von Büffeln die Worte genann t||,d u -la su i
ldan“, d. i. „umwickeln der Hornenden“, eine auch im Malayischen gebrauchte Redewendung
zur Bezeichnung für Besänftigung eines Büffels.
Diese Beruhigung der Tiere und Menschen, das genannte „nuna rindfnfswird in gleicher
Weise auch auf die Ahnenseelen des Tihu-Sees und schließlich auf Paipdi we-waki angewandt.
Der letztere, der Gott der Sonne, gilt als die schaffende Kraft, wird durch das Opfer versöhnt
und sendet den befruchtenden Regen. Er weckt dadurch nicht nur die in der Erde
ruhende Saat zu neuem Leben, sondern das von Menschen und Vieh genossene Wasser
des Tihu-Sees bringt eine zahlreiche Nachkommenschaft. Das Pflanzfest der Tihus entspricht
also dem Frühlingsfeste der alten Germanen und feiert das Erwachen der schlummernden
Natur. Diese scheint in diesem, bereits unter australischem Einfluß stehenden Gebiete
durch den starken Laubfall während des Ostmonsuns ebenfalls erstorben zu sein. Paipöi
als der Regenspender führt nun bei den Tobu Tihu auch den Beinamen „we-waki“ —
„das große Wasser“, mit welchen Worten auch der Tihu-See und das Meer bezeichnet
werden. Er bewirkt aber nicht nur im allgemeinen die Vermehrung der Menschen, sondern
soll gelegentlich auch direkt zu einer Jungfrau aus den Höhen hernieder steigen. Eine
solche „Maria-Legende“, eine Sage von der Befruchtung eines Mädchens durch die Gottheit,
wie sie ja bei indischen und polynesischen Völkern häufig vorkommt, scheint überall
auf der Insel verbreitet zu- sein und wird von verschiedenen Reisenden, u. a. auch von
van Hoevell (I. c. S. 1.36 . -137) erzählt.
Wie im westmalayischen Archipel der Gott des Himmels, der Dewa langit auch
den Monsunwinden gebietet, so wird er auch bei den mit dem Regenmonsun eintretenden
K r a n k h e i t e n angerufen. Die Tobu Tihu pflegen dann dem Paipöi we-waki ein Tier zu
opfern und aus den Eingeweiden das O r a k e l zu befragen, ob sie wieder gesund werden.
Bei kleinen Anliegen nehmen sie ein Huhn und ziehen aus den Blütüberresten des Herzens
*) „Einige weitere Notizen über die Formen der Götterverehrung aui den Süd-Wester- und Süd-
Oster-Insein.“ (Internat. Archiv f. Ethnograph. Band VIII. Leiden 1895. S. 137.)
und dessen letzten Bewegungen Schlüsse auf die Zukunft. Wenn noch irgend eine Verbindung
von Vor- und Herzkammer durch Blut vorhanden, so wird der Kranke genesen.
Verkündet das Orakel den Tod oder dauert die Krankheit schon länger, so wird eine Ziege
und später ein Schwein, schließlich, wenn dieses Opfer dem Gotte nicht genügt, ein Büffel
geschlachtet.
Vor dem Beginn eines solchen Orakelopfers hält man ein Körbchen mit Reis, Sirih-
pinang zum Paip£i we-waki gen Himmel empor und ruft den Gott mit den Worten an:
0 P aip ii we-waki ndgen begao, I 0 PaipgT we-waki, wenn Du mich töten willst,
ila nok süar la hahi, gib mir ein Zeichen durch das Schwein,
dra nok shar ak ma, wenn Du mir jedoch weiteres Leben verkündest,
möri ilä tddala hahi kardme\ | gib mir ein Zeichen durch die Leber des Schweines!
Der Reis wird jetzt über das Schwein gestreut und dieses selbst durch einen
Lanzenstich getötet. Alle Anwesenden ziehen darauf ihre h e i l i g e n S t e in e , „¿mar“ (an der
Südküste „hämar“) hervor, legen sie zusammen und auf diese ein Stück vom Opferschwein.
Nach erfolgter Zeremonie
steckt jeder
seinen Stein wieder
zu sich, und die Reste
des Opfers werden
verzehrt.
Um etwas Näheres
über diesen Emar-
Stein zu erfahren,
wandte ich mich zuerst
insgeheim an den
Welemur-Häuptling
von Aüwa, welcher mir
Folgendes mitteilte:
Diese Steine sind vom
Himmel gefallen,
stammen als kostbares
Erbe von den Vätern,
welche dieselben einst
in den Bergen gesammelt
haben, ln
ihnen wohnen die
Schutzgeister, und je
möglichen Anliegen, besonders um Fruchtbarkeit zu erlangen, an.
Tobu Tihu führt einen solchen mit sich, und ruft ihn bei allen
Riedel berichtet (a. a. 0., S. 436), daß die Bewohner der Südküste einem Steine
„Sirui“ göttliche Ehre erweisen. Dieser wird in einem besonderen Hause (ro-moodo oder
uma laluli) aufbewahrt und als Donnerkeil (ilat lanit isin), der vom Himmel gefallen ist,
bezeichnet. Ein Priester (run-teitei) bewacht denselben und opfert ihm bei Krankheitsfällen
und Regennot Sirihpinang, Schweine u. a.
Auch die Welemur-Leute kennen solche Genien des Menschen. Sie verfertigen
sich nämlich aus Holz, Knochen oder Gräten der Seekuh (dujung) B i ld e r und denken sich