Großes Erstaunen erregte daher bei den Eingeborenen die umständliche Zubereitung
unserer Speisen. Durch den Bratenduft angezogen, wurde mein Koch von Zuschauern
dicht umlagert. Er fühlte sich dabei höchst unglücklich, denn man ließ ihm nur ein kleines
Eckchen. Wie er mir später erzählte, hätten die Zudringlichen in alle Töpfe geguckt,
zwischen den fertig gekochten Kartoffeln herumgewühlt und selbst mit den Fingern in die
Sauce getaucht. Unser Magen rebellierte noch nachträglich bei dem Gedanken an den mit
Schmutz und Wunden bedeckten Körper der Leute.
In ihrer Unsauberkeit erinnern die Floresen an die Bewohner Munas, denn sie pflegen
sich nicht zu waschen und ihre Wunden ganz zu vernachlässigen, nehmen wie jene den
Eiter selbst mit einem beliebigen, vom Boden aufgehobenen Holzspahn auf. Sie tätowieren
sich Brust und Arme, jedoch nur auf die gewöhnliche Art durch Einritzen und Färben
mit Indigo, und zwar meist von Windrose-ähnlichen, achtstrahligen Kreuzblumen und gelegentlich
menschlichen Figuren. Den Oberkörper tragen sie unbedeckt, schlagen sich
jedoch gegen Kälte oder beim Schlafen einen großen Slendang (semba) um. Ihr Hüfttuch
(luka) legen sie lose mit einem nach vorn fallenden Zipfel an und bedienen sich oft noch
eines schmalen, mit Fransen versehenen als Gürtel (Taf. XXI, Fig. 2). Von den Frauen
wird nur ein Lendentuch (rawo) benutzt. Es besteht aus dickem, selbstgewebten Stoff in
schönen, schwarzen, roten und orangenen Naturfarben mit eingewebten Ornamenten der quadratischen
oder einfachen spiraligen Kreuzblütenserie (Taf. XXII, Fig. 1, 2) und ähnelt den
bekannten schönen von der Insel Sumba.1) Solche Gewebe verfertigt man hauptsächlich
in den Landschaften Ende, Ngela, Wolo Djita, Mbuli und Ndona. Den Oberkörper bekleiden
die Weiber, ähnlich wie auf Lombok, mit einem losen, mit Halsausschnitt versehenem Tuch.
Den Arm beladen sie mit einem schweren, spiraligen Messingdraht-Armband und die Finger
und Zehen mit vielen Ringen. In den Ohren haben sie große, eigenartige Ohrringe (Taf. XXII,
Fig. 1) aus Zinn, Silber und gelegentlich aus Gold.
Die Männer im Innern des Landes tragen nur selten eine Kopfbedeckung und
wickeln die lang gelassenen Haare wie die Frauen am Hinterkopf zu einem Knoten
zusammen (Taf. XXIV, Fig. lb ). Um die abstehenden vorderen Kraushaare zu halten,
legen sie gelegentlich einen Streifen Lontarblatt um den Kopf oder drehen dieselben
über der Stirn zu einem Knötchen zusammen. Die Knaben schert man häufig bis auf eine
Stelle um den Wirbel und läßt sie selbst bis zum 13. oder 15. Jahre nackt herumlaufen.
Die Frauen lieben es, lange Pfeile in ihr meist unordentliches Haar zu stecken. Trotz des
vielen Arm- und Beinschmuckes zeigen sie sich ganz behende bei der Arbeit, u. a. als
Träger unseres Gepäcks. Ais wir nämlich von Puu mere-wawo unseren Weg ins Gebirge
weiter fortsetzen wollten, stellte sich heraus, daß ein Teil der Männer fortgelaufen war.
Die weiblichen Kulis mit dem Gepäck auf dem Kopf gewährten zwar einen ungewohnten
Anblick, aber der Weitermarsch ging mit besonderer Schnelligkeit von statten.
Da nach Aussage der Bewohner von Puu mere-wawo der Aufstieg zum Grenzgebirge
über den Geli Watu Manu weniger gut als über den westlich von ihm liegenden
Nira Djawa sein sollte, so begaben wir uns zuerst nach Geni, einem größeren Bergdörfchen
auf einer Talterrasse des Ai Naku-badju, am Fuße des genannten Berges. Tags darauf kletterte
ich mit nur wenigen Leuten unter Zurücklassung des ¡großen Gepäcks das Seitental des
Manu-bala aufwärts zu einer Einsattlung des Grenzgebirges beim Dörfchen Mboa Rado.
Der Weg war durch die Steilheit der Abhänge und das Fehlen eines ausgetretenen Pfades
b ten Kate a. a. O., PI. 12, Fig. 16, 17.
sehr schwierig. Manchmal ging es den zum 1670 m hohen Nira
Diawa führenden Manu bala-Rücken an fast senkrechten Wanden in
die Höhe, besonders beim letzten Stück, dem Angi genannten Berg,
einer allseits vertikal ansteigenden Felsmasse. Schließlich wurde
nach erneutem Abstieg die Einsattlung zwischen Nira Djawa und
Keli Bumbu mit dem armseligen Dörfchen Mboa Rado (Taf. XI ,
Fig. 1) erreicht. .. .__
Der Grenzrücken bildet hier, vielleicht 600 m u. d. M., eine
kleine Ebene, eine ausgesprochene Abrasionsfläche des Meeres, aus
einer Zeit, als das Land tiefer lag. Er gewährt einen prächtigen Ausblick
zur Savu- und Flores-See. Zu meinen Füßen hegen der steil -§
abfallende, aber stüfenartig absinkende, von scharfkantigen Bergrücken
zerschnittene südliche Abhang und die flacher geneigte, mi
sanft gerundeten Hügeln besetzte nördliche Flanke der Insel. Dor
greifen breit die Ende-Bai und hier die Buchten des Ruku Ria und
Kowo Kodja mit langer Spitze tief ins Land hinein.
Derselbe große Unterschied fällt auch in der V e g e t a t io n der
beiden Seiten auf, ein üppiger dichter Monsunwald auf der südlichen,
Buschwildnisse' und ausgedehnte Grasflächen auf der nord- ^
liehen. Trotz der östlichen Lage der Insel und der Nahe von Sumba s -
und Timor, wo bereits viele australische Pflanzen, u. a. Eucalyptus,
vorwalten, schließt sich die Flora von Mittel-Flores van die von g
Sumbawa, Lombok und Celebes an. Wieder sind es vorwiegend +
schöne Ficus und Aleurites, hohe Canarium, stattliche Kleinhofia,
eine Reihe Sapindaceen, niedrige Euphorbiaceen und Urticaceen.
(Sponia, Villebrunea) und ulmenartige Tiliaceen (Grewia). Von 400 | -
bis 500 m an aufwärts werden die Myrsineen (MaesaJ, Myrtaceen Hg
(Eugenia), Lauraceen (Litsea) und die prächtigen Pandaneen (Frey- ■
cinetia) häufig. Auf der Höhe von Mboa Rado bei H 600—650 m
steht ein prächtiger Pandanus-Wald (Taf. XX, Fig. 2) mit einem Unterholz
von Pflanzen der gemäßigten Gewächszone wie Melastoma,
Viburnum und Baumfarnen (Cyathea| und selbst Höhenpflanzen wie
Rubus pyrifolius treten auf. In manchen Teilen erinnerte mich der
Wald mit seinen vielen Lianen, Rankenpflanzen, Misteln (Viscum,
Loranthus) und Epiphyten an die Wälder des Grenzgebirges von
Rumbia, doch an sehr vielen Stellen besteht nur ein Sekundär- und
Buschwald, welche auf verlassenem Kulturland neu gewachsen sind.
Auf der Spitze wie am Nordabhang, den ich nur ein Stück
weit bis Woro Niö hinabstieg, walten Sträucher und Kräuter vor,
wie buntblumige Clerodendron, viele Rubiaceen (Oph.iorrh.iza, Mus-
saenda, Toddalea), weißblütige Nachtschattengewächse (Solanum,
Datura), Knöterich (Polygonum chinense), Labiaten, Leguminosen
und Compositen, dann vor allem Seggen und Gräser (Pogonatherum
crinitum, Trin.; Paspalum; Pennisetum; Panicum). Inmitten ausgedehnter
Felder von Imperata arundinacea, dem Alanggras, findet
elph rlle crrnße Anthistiria gigantea. Alles in allem gewährt die
.