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von neuem einen Schritt vorwärts, vier ganz kurze rückwärts und halblinks seitwärts. Gleichzeitig
wiegen sie zweimal den Oberkörper leicht auf der linken Fußspitze.
Außer diesen gewöhnlichen Bewegungen des Rundtanzes, der oft stundenlang ohne
Unterbrechung dauern kann, wird, wenn die Stimmung gehoben ist, folgender Vor- und
Rücktanz aufgeführt. Man tritt mit vier schnellen Schritten bis dicht an das Feuer, wirft
dann plötzlich den Oberkörper nach hinten und hüpft, diesen wiegend und das rechte
Bein nach vorne werfend, wieder vier Schritte rückwärts. Beginnt der Wein seine Wirkung
auszuüben, so vollziehen sich diese Bewegungen oft mit großem Temperament und erinnern
an den amerikanischen Kakewalk. Im Gegensatz zu diesem Tanz wirkt eine dritte
Art schwerfällig: Die Kette wird in zwei oder vier kleinere aufgelöst, die Leute schreiten
in Zickzacklinie rückwärts und schieben sich, langsam rechts drehend, um das Feuer.
Die Mus i k der Trommeln klingt sehr eintönig; mit zwei Stäbchen werden zwei
verschiedene Klänge, nämlich durch Anschlägen mit der breiten Seite ein tiefer und mit
der schmalen ein hoher Ton erzeugt. Dadurch, daß sie nun bald laut, bald leise in kurzen
oder längeren Pausen erklingen, entsteht eine einfache Melodie. Ich habe versucht, die
Takte durch Zeichen der Kürze w , und Länge —, sowie der stärkeren Betonung / in
Folgendem wiederzugeben.
V or sp i e l :
Ru n d t an z :
Vor - und Rü c k t a n z :
Trotz der Einförmigkeit der Weisen und der Bewegungen wirkt dennoch die ganze
Art des nächtlichen Tanzreigens höchst eigenartig auf die Beschauer. Nur teilweise vom
großen Feuer beleuchtet, bewegen sich die dunkelen Gestalten in ihren bunten Gewändern,
schwarzen Jacken und weißen Tüchern taktmäßig im Kreise. Sinkt dann nach einiger
Zeit der brennende Holzstoß langsam zusammen, so legt sich mit dem Halbdunkel ein
geheimnisvoller Zauber auf das Bild, welcher noch durch das gelegentliche Aufflackern an
Reiz gewinnt. Werden dann wieder einige große Stämme nachgeschoben, und züngelt
die Flamme in riesiger Garbe empor, so wachsen die Tanzenden wie Geister aus der wie
eine Mauer ringsum sich erhebenden Dunkelheit. Wenn aber die Leute, durch den fortwährenden
Genuß des Rohrweines angefeuert, in wilder Extase um den glühenden Holzhaufen
springen, selbst ins Feuer stürmen und die Beine wie toll in die Luft werfen, dann
bedarf es keiner großen Phantasie, um zu glauben, Hexen und Teufel wären losgelassen.
Solche Momente ungezügelter Tanzlust können für den beschauenden Europäer unangenehm
werden, da mit ihr alle Schranken fallen. Der Oberhäuptling und der Bonto-gena von
Buton, welche ihre Leute kannten, mußten die Aufgeregten von Zeit zu Zeit beruhigen.
In dieser Weise verging die ganze Nacht. Erst am nächsten Morgen, als schon
die Sonne anfing zu brennen, und die Reste des Mahles vertilgt waren, legten sich alle
unter den Sonnendächern und in benachbarten Häusern zur Ruhe. Am Nachmittag begann
der Tanz von neuem und währte bis zur Nacht. Dann wurde nochmals kräftig gegessen,
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worauf sich nach und nach der Platz leerte. Geräuschlos wie sie gekommen, verschwanden
die Festteilnehmer, und lange noch sahen wir ihre Fackeln an den Berghängen aufleuchten.
Bei den nächtlichen Tänzen der Kabaena-Leute wurde nicht gesungen, wohl aber
bat mich am zweiten Tag des Festes ein Mann, den H e l d e n g e s a n g de r Ma r o n e n e
vortragen zu dürfen. Er legte sich dabei ausgestreckt auf ein abseits errichtetes Schlafgestell,
da man hier im Liegen zu singen (mekada) pflegt. Die Melodie erinnerte mich in
manchem an Java, doch singt man auf Kabaena weniger schleppend und kreischend, vielmehr
lebhafter und akzentuierter, und manche Stellen ähneln in etwas samoanischen
Sangesweisen. Bald klingt die Stimme tief und leise, bald hoch und laut.
Das Heldenlied soll von den Vorfahren der Kabaena-Leute, den Maronene Rumbias,
mitgebracht sein, eine Herkunft, die mir auch vom Sohn des Königs der Landschaft Tankeno
bestätigt wurde. Es schildert den Krieg zwischen Tongimpuu, dem König der Maronene,
dem Beherrscher der Erde, und Bilangiano dem Blitz, König der Tololaki, sowie Lintuäno
dem Donner, König der Tokea, den beiden Herren der Lüfte.
Tongimpuu, so erzählt die Sage, wohnte in Urzeiten in Sawiri-gadi, während seine
beiden Gegner auf dem großen Gebirge von Südost-Celebes hausten. Dieser erste König
Fig. 4, 5 Gürtel, 6, 9 S irihkörbe , 7 und 8 Tab ak - u n d Gam b ird o se d e r Maronene.
der Maronene war ein Urbild von Schönheit, der herrlichste Mann der Welt und zu allen
Zeiten; denn er war klein und ebenmäßig von Wuchs, hellgelb von Hautfarbe, ungemein
stark und unverwundbar. Sein ovales, volles Gesicht trug unter einer hohen Stirn prächtig
geschwungene, gelb-bräunliche Augenbrauen, und seine schmale Nase trat mit scharfem
Rücken und langer Spitze vor. Sein Kopfhaar fühlte sich seidenweich an und reichte ihm
bis zu den Hüften. Der Schnurrbart bestand aus wenigen langen Härchen, ein Kinnbart
fehlte, und seine Zähne waren bis zur Hälfte abgefeilt. Seine Brust aber glänzte wie gelbes
Gold, ebenso die reich bestickten Kleider, welche den leuchtenden Leib einhüllten und die
sieben Jacken (pitu tapis), deren oberste ganz aus diesem edlen Metall bestand. Auf dem
Antlitz dieses himmlischen Wesens aber lag die würdevolle, erhabene Ruhe der Göttlichkeit.
Bilangiano, der Blitz, hingegen, blickte wild und böse, besaß ein kreideweißes
Antlitz und tiefschwarzes Haar. Lintuäno endlich, der Donner, war kohlschwarz und nichts
weniger als schön von Körper.
Diese Beschreibung erinnerte mich unwillkürlich an Buddha und die Riesen des
Hindutums. Die Sprache des mythologischen Kabaena-Gesanges gleicht der lebenden der
Maronene Rumbias, nur mit vielen alten Ausdrücken vermischt. Im jetzigen Dialekt heißt