befindet und daß zwischen allen Kontinenten einmal Zusammenhänge bestanden haben, die
noch jetzt in der Verbreitung der Tiere und Pflanzen erkennbare Spuren hinterlassen haben
und einer scharfen Klassifizierung in tier- und pflanzengeographische Reiche, Provinzen,
Bezirke und wie diese verschiedenen hierarchischen Abstufungen alle heißen mögen, hindernd
in den Weg treten.
Es ist nun eigenartig, daß gerade Wallace, einer der beiden ersten Begründer der
heutigen organischen Entwickelungslehre, in Bezug auf das hier zu lösende Problem noch
stark in der älteren, im Schwinden begriffenen Weltanschauung befangen war und für
Indonesien eine scharfe, durch die Lombok- und Makassar-Straße verlaufende, zwischen
Nordost-Celebes und Mindanao in die offene See ausbiegende Grenzlinie zwischen Asien
und Australien aufgestellt hat.
Schon allein der tektonische Aufbau des Archipels läßt vermuten, daß eine solche
Grenzlinie nicht existiert und daß vielmehr die einzelnen Inselketten und scharf vorspringenden,
von Gebirgsketten durchzogenen Landzungen früher durch Landbrücken miteinander
verbunden waren. Aber auch meine hauptsächlich auf dem Material der Sundä-
Expedition basierenden vergleichend pflanzengeographischen Studien haben zunächst nur
die allgemeinen Ergebnisse bestätigen können, zu denen durch ihre tiergeographischen
Studien auch die Sarasins bereits gelangt waren. Eine s c ha r f e , den ganzen Archipel
d u r c h s c h n e i d e n d e und in zwei Hä l f t e n t e i l e n d e Gr e n z l i n i e in dem Sinne, daß
alle nordwestlich derselben liegenden Inseln zu Asien, alle südöstlichen zu Australien zu
rechnen seien, e x i s t i e r t nicht . Vielmehr muß Australien einmal in einer nicht allzuweit
zurückliegenden Periode der Erdgeschichte mit Asien zusammengehangen und eine mächtige
Halbinsel des altweltlichen Kontinentes gebildet haben, die von langen Gebirgsfalten begrenzt
und durchzogen war. Durch eine allgemeine, hauptsächlich von Nordost nach
Südwest fortschreitende Senkung sind aber allmählich zunächst die Tieflandgürtel zwischen
den meist konzentrischen, sich aber auch vielfach gabelnden oder radiär verzweigenden
Gebirgszügen zu einem großen Teile unter den Meeresspiegel gesunken, sodann aber auch
die Gebirgsketten selbst vom gleichen Schicksal ereilt worden, sodaß sie in einzelne längere
und kürzere Stücke aufgelöst wurden, bis schließlich an vielen Stellen nur noch die Vulkangipfel
oder gar nur die das Land dann krönenden Korallenriffe über den Meeresspiegel
emportauchten. In Zukunft wird also die Aufgabe der Pflanzen- und Tiergeographie für
den Archipel nicht mehr darin bestehen können, eine allgemeine Grenzlinie zwischen
asiatischer und australischer Flora und Fauna zu suchen, sondern die einzelnen Straßen
und Landverbindungen zu ermitteln, auf denen die Asiaten nach Osten und Süden, die
Australier nach Westen und Norden gewandert sind und sich miteinander vermischt haben.
Für den n o r d ö s t l i c h e n Tei l de r Wa l l a c e ’s c he n Lini e ist ihre N i c h t e
x i s t e n z in den letzten Jahren unter anderem durch die floristische Erforschung der
Philippinen von Seiten der Amerikaner schon hinreichend erwiesen,1) und es kann kein
Zweifel mehr darüber bestehen, daß Ce l e b e s früher durch die Halbinsel Minahassa und
eine über die Sangi-Inseln laufende L a n d b r ü c k e mit der Südspitze von Mi n d a n a o
verbunden war. Aber auch im S ü d e n de s Ar c h i p e l s läßt sich ein u r s p r ü n g l i c h
z u s am m e n h ä n g e n d e r G e b i r g s z u g vom Himalaja und den Khasia-Bergen über Burma,
die Andamanen und Nikobaren, West-Sumatra, Java, Bali,/Lombok, Sumbawa und Flores
bis nach Wetar verfolgen, von wo er sich, nach Norden ausbiegend, über Roma, Damar
9 Vgl. E. D. Me r r i l l , The malayan, australasian and polynesian elements in the Philippine
flora. — Annales jard. bot. Buitenzorg, suppl. III (1910), S. 277—306.
und die Banda-Inseln bis nach Ambon, Buru und Südost-Celebes fortsetzt. Von Sumbawa
und Flores ab kann man deutlich noch e i nen zwe i t en , weiter außen liegenden I n s e l b
o g e n verfolgen, der sich aber, nach dem eigenartigen Verlauf von Javas Ostküste zu
schließen, wohl schon an Javas Südost-Kap vom inneren abgezweigt hat und sich dann
ungefähr parallel zu ihm über Sumba, Rotti, Timor, Timor-Laut und die Tenimber-Inseln,
sowie Ceram gleichfalls bis nach Buru hinzieht. Ein anderer äußerer Höhenzug ist nur !||
noch in spärlichen Resten vor Sumatra erhalten und scheint sich früher bis nach Kap Genteng
an Javas Südküste fortgesetzt zu haben.
Das Vordringen der asiatischen Flora bis nach Tasmanien und Ost-
Polynesien.
Das Pflanzenmaterial der Sunda-Expedition stammt ausschließlich von der inneren
dieser Inselketten, und zwar von Lombok mit geringen Unterbrechungen bis Wetar und
von Südost-Celebes mit seinen vorgelagerten Inseln. Dieses umfangreiche Material zeigt
nun, wenn wir zunächst die Fl or a de r s ü d a s i a t i s c h e n H o c h g e b i r g e auf der angegebenen
Linie na ch Os t e n v e r f o l g e n , daß ein ganz beträchtlicher Teil derselben
weit über Java und Bali hinaus nach Osten vorgedrungen ist, daß Lombok und Sumbawa
ganz entschieden, wahrscheinlich aber auch noch Flores in floristischer Hinsicht zu West-
malesien gerechnet werden müssen, daß mithin a u ch z wi s c h e n Bal i u n d Lomb o k
die Wa l l a c e ’s che Lini e n i cht e x i s t i e r t 1) und daß, wenn überhaupt eine etwas schärfere
Grenzlinie zwischen asiatischer und australischer Flora vorhanden sein sollte, diese östlich
von Sumbawa, ja wahrscheinlich sogar östlich von Flores gesucht werden muß. Allerdings
nimmt diese asiatische Hochgebirgsflora an Artenzahl nach Osten zu rasch ab, aber doch
in ungefähr gleichmäßigen Abstufungen von Insel zu Insel, sodaß man keinem der zahlreichen
Querdurchbrüche von der Sunda- bis zur Alas- und Sapeh-Straße vor den anderen
eine besondere Bedeutung als Trennungslinie zuerkennen könnte.
Zwar sind 1. die prächtige und auffällige Primula imperialis, die vom Himalaja,
den Khasia-Bergen und dem Vulkan Gedeh auf West-Java bekannt ist, sowie 2. die auf
dem Gipfel des Pangerango vorkommende winzige Gentiana quadrifaria östlich der Bali-
Straße noch nicht gefunden worden, und auch von den verschiedenen Rhododendrum-Arten
Javas kommt nur eine einzige, 3. Rh. Zollingeri ] . J . Smith, auch noch auf Lombok -vor
(Elbert No. 1094, 1362, 2241).2) Außer letzterem hat aber noch eine ansehnliche Zahl
anderer solcher in Borneo noch nicht nachgewiesener Hochgebirgspflanzen e r s t auf
L omb o k ihr e Os t g r e n z e , so z. B. 4. der epiphytische Bärlapp Lycopodium proliferam
B l.! (.Ceylon; Java! Lombok 1040, 1160, 1440, 2141, 2288), 5. das verwandte L. miniatum
Spring. (Javal Lombok 2186), 6. Berberis Wallichiana DC. (Nepall bis Khasial Java!
Lombok 2240), 7. die Waldkresse Cardamine javanica Miq. (Sumatral Javal Lombok 1113,
1607, 1716, 1897), 8. Stellaria australis Zoll, et Mor. (Javal Lombok U14 ^ |!8 0 , 1421,2183),
9. die Ahorn-Wallnuß Engelhardtia aceriflora Bl. (Sumatral Javal Lombok 921, 1096, 2273,
2329, 2347; eine andere Art noch in englisch Neuguineal), 10. der der Elsbeere und Vogelbeere
verwandte Baum Photinia Notoniana W. el A. (Ceylonl Britisch Indien! Javal Lombok
¡TVgl. auch S. 133 des I. Bandes.
>) Diese Nummern beziehen sich auf die Herbar-Pflanzen der Sunda-Expedition; doch numeriere
ich auch die aufgeführten Arten und Gattungen, um leichter von einer Stelle nach der anderen ver-
weisen zu können.