u. Textfig. 127). Vor ihnen befindet sich eine flache Gesteinstafel. Auf diese legt man die
üblichen Gaben oder aber hängt an eine aufgestellte Bambusstange (ngara) noch einen
besonderen Opferbüschel (karo), einen glockenähnlichen Kranz mit langen Fransen und
gelegentlich einem in der Mitte befindlichen klöppelartigen Kreuz. In Rea dagegen errichten
die Leute zwei schön geschnitzte Holzpfeiler und versehen sie oben gern mit einem kleinen
Schiffchen, z. B. in Geni (Taf. XXII, Fig. 3), jedoch sollen dieselben im westlichen Gebiet
der Südküste verfertigt werden und daher auch die Bootsform und den Namen „kadju gana“,
d. i. „Stamm mit dem Boot“, erhalten haben. Sie legen auf diesen Opferplatz (oro Deo-
dewa Wura Rara), besonders zu Beginn der Ackerbestellung, Ende November oder Dezember,
einige Gaben, wie Fleisch, Reis mit Mais, Sirih und Palmwein und pflanzen obendrein den
genannten Kranz auf, an dessen zackenbesetztem Bambusträger sie hauptsächlich Früchte
befestigen. Die Felsplatte vor den Pfeilern soll hier nur als Sitzgelegenheit („ora nambe“,
d. i. Sitzplatz oder „ora nata“, von „nata“, d. i. halb-hoch) für Rastende dienen.
Diesen Opferpfählen für den Sonnen- und Mondgott fügen die Bewohner von Rea
gewöhnlich noch den heiligen Steinpfeiler („tubu müsu“, müsu, d. i. Feind) für den K r i e g s g
o t t Deo-dewa Sawa Naga1) hinzu, der als Beschützer von Haus und Hof gilt und besonders
bei bevorstehenden Kämpfen verehrt wird. Wie sein Name („sawa“, in Ndona auch „saga“
und „sage“, d. i. die Schlange, „naga“ in Ndona auch „naka“) sagt, weist er auf die hinduische
Naga-Schlange hin, von welcher man sich, wie des öfteren berichtet (Bd. I, S. 116, Bd. II,
S. 41, 110), ähnliche Vorstellungen macht.
Auffallenderweise verglichen die Leute wie auf Buton bei ihrer Beschreibung (Bd. I,
S. 216) die Schlange mit einer echten kleinen giftigen („sawa“ zum Unterschiede von der
langen Python „nipa“) und fügten hinzu, das Tier sähe teilweise auch dem Gecko (teke)
ähnlich, denn es besitze Füße. Die Naga ähnelt also teils der hinduischen Schlange, teils
dem chinesischen Drachen. In Ndona befindet sie sich wie auf Buton zum Schutz gegen
böse Geister sowie Menschen an Fenstersockeln und Türschwellen („naka“, Fig. 122) und
gilt hier mehr als Werkzeug des Kriegsgottes, welchen man Senda ndale nennt. Dieser
wird wie in Rea angerufen, wenn die Männer in den Kampf ziehen oder größere Waldwanderungen
unternehmen. Ihm errichten die Leute ebenfalls einen Steinpfeiler (tubu müsu)
welcher jedoch zu dem genannten „tubu kangga“ des Sonnen- bezw. Mondgottes in keiner
direkten Beziehung steht.
Auch Jacobsen und später ten Kate berichten von --einer Art „Götzenbilder“ bezw.
„afgodsbeelden“ aus der Landschaft Sika, welche sie als Fetische mit beschirmender Kraft
ansehen. Ten Kate fügt dann hinzu:2) „Als das Gleiche fasse ich auch die bei meinem
Besuch von Ritpuang genannten menschenförmigen Türpfostenverzierungen auf, wie auch
die vielen mit hölzernen Hahnen verzierten Pfähle, die man so oft in den Dörfern der Reiche
Sika und Lio findet. Ich halte diese „ s i g a “ oder „ s a g a m a n u “ eher für Bewacher der
Dörfer als für „Kriegstrophäen“,8) durch die dann auch die bei diesen Pfählen verrichteten
Opfer erklärt werden.“ An anderer Stelle sagt derselbe Forschungsreisende von den Schnitzwerken
an Häusern: „Die Naga-Figur mit drachenförmigem Kopf kam des öfteren vor, u. a.
auf einem Türpfosten.“
Die Bezeichnungen: „saga, siga“, oder „sawa“ bedeuten nun nach meinen Feststellungen
„Schlangenpfahl“, und auf dessen Ende werden die verschiedensten Dinge wie
*) Vielleicht als Doppelwesen aufgefaßt.
2) a. a. O., S. 225, 224.
' 8) Weber, a. a. 0 ., S* 7.
Hühner und selbst die Naga angebracht, je nach dem besonderen Zweck, welchen der
Eingeborene mit ihm verbindet. Diese Pfeiler können also sowohl dem Kriegsgott, dem
Dewa Naga oder Senda-ndale, wie dem Sonnengott Dewa Rara (in Rea), Ladja (Ndona)
Lero (Lio, Slka) und Mondgott Dewa Wura (in Rea) oder Wula (Ndona, Lio, Sika) errichtet'werden.
Außer den genannten Göttern kennen die Floresen von Rea und Ndona noch einen
J a g d g e i s t , den. Dewa Nitu-pai. Dieses Wesen, das sie sich klein von Körper vorstellen,
wohnt in einem großen Baum im Walde, und wenn die Leute zur Jagd ausziehen, so pflegen
sie erst dort eine handvoll Reis auszustreuen.
Eine ganz besondere Verehrung genießen in Mittel-Flores auch die T r a u m g e i s t e r
Djimu nipi (auch ninipi), welchen überall nahe dem Wohnhause ein urnenförmiger niedriger
Holzpfahl (Fig. 127), meist mit einem flachen Stein davor zur Aufnahme der Opfergaben,
beides umgeben von einem Zaun, errichtet wird. Falls nämlich der Florese Böses träumt,
z. B. daß er krank würde oder ein böser Geist käme oder, daß er aus Unvorsichtigkeit
einen als unberührbar (pemali) geltenden Ort betreten, vielleicht gar etwas Schlechtes, Verbotenes
gegessen habe, so ruft er die Geister um Verzeihung und Abwehr des drohenden
Unheils an.
Gewöhnlich steht außerdem in der Nähe eines jeden Dorfes ein großer heiliger
Baum (moi re-kadju mere), ein Ort, an dem die Götter und Geister mit den Menschen in
Verkehr treten, der Ore pire, der große Götterort (Taf. XXI, Fig. 1). An seinem Fuße befinden
sich die verschiedensten Arten von Opferpfeilern, besonders für Traumgeister, und in seine
Luftwurzeln und Äste hängt man allerlei Opfergaben, Eßwaren auf einem Pfahl mit Bambustablett
(tubu tenda) oder einer Opferampel (tenda dju)1) an Fäden, die Nachgeburt u. A.
Unter ihm wiid auch das mysteriöse Fruchtbarkeitsfest gefeiert, über welches ich leider
nichts Näheres erfahren konnte.
Wie überall im Archipel, so wendet sich auch hier der Eingeborene in allen möglichen
großen und kleinen Angelegenheiten an die Seelen, Geister und Götter, und falls
seine eigenen Mittel nicht den gewünschten Erfolg zeitigen, so nimmt er seine Zuflucht
zum P r i e s t e r (ata mari), dem großen Mann, denn dieser genießt das Vorrecht, direkt mit
den Göttern in Verbindung treten zu können.
Durch Zufall fiel mir die T a s c h e e in e s Z a u b e r p r i e s t e r s mit allen seinen Heil-
und Zaubermitteln in die Hände. Ich verhandelte nämlich einmal mit einigen, mein Zelt
umstehenden Leuten wegen Ankaufs von Gegenständen und ergriff plötzlich die Sirihtasche
(soba nbai) eines anscheinend beliebigen, mir aber durch einen gewissen, den Priestern
eigenen Gesichtsausdruck auffallenden Menschen und reichte ihm mit einigen freundlichen
Worten schnell die Bezahlung. Der Besitzer konnte vor Schreck nichts erwidern und sank
beinahe vor mir zusammen, denn ich hatte richtig dem heiligen Mann die allmächtige
Zaubertasche abgenommen. Ehe er es hindern konnte, hielt ich beim ersten Griff schon
sein größtes Geheimmittel in Händen, den in einer Büchse eingeschlossenen heiligen Stein
(watu mari), in Wirklichkeit ein gewöhnliches Stück Glas. Als ich nach seiner Bedeutung
fragte, zuckte der Medizinmann zusammen und entgegnete, einen Ton blasser werdend, der
Stein sei vom Himmel gefallen. Im Momente als er diesen in meiner Tasche verschwinden
sah, griff er hastig und angstvoll nach ihm. Meine Hand sogleich wieder herausziehend,
reichte ich ihm dann ein großes Geldstück. Schließlich willigte der Gottesmann in den
‘) entspricht dem „dewa-kai“ der Donggos; „dju“ ist die sanskritische Nebenform von „dewa“.
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