abgesonderten oder Bergmenschen. Diese bewohnen vor allen Dingen die Westseite der
Bai, und nach ihnen trägt die Landschaft den Namen: Donggo, d. h. die Berge.1)
Wenn sich inmitten des Islam eine solche altheidnische Insel unberührt erhalten Hat,
so beruht diese Erscheinung hauptsächlich auf der großen Abneigung der Donggos gegen
die Muhamedaner, mit welchen ihr Glaube ihnen eine Verbindung nicht gestattet. Gleich
auf eine meiner ersten Fragen, warum Ehen mit Bimanesen nicht vorkämen, antwortete mir
ein Donggo-Häuptling mit folgendem Spottverschen:
Wati p ili di tembe kala, I Ich halte nichts vom roten Gewand,
(Nicht angenehm sein von Kleid rot,)
Nahu kupili di tembe sengge, Ich liebe ein dem meinen gleich gefärbtes Kleid,
(Ich verlange mit Kleid übereinstimmend,)
Ba loa mu Ijoma matji-li lola. Denn Du kannst mit gutem Garn es nähen.
(Weil loslösen Du Nadel süß besonders Garn.)
Diese große Abneigung erwidern auch die Bimanesen, welche nur mit Verachtung
auf die Ungläubigen herabsehen und sich direkt fürchten, ihre Dörfer zu besuchen. Die
Donggos wiederum kommen selten und nur, um Waren einzutauschen, zum Markt nach
Bima. Wie Zollinger8) von seiner Reise berichtet, haben sie früher viel unter der Willkür
des Sultans und unter der Unterdrückung durch die Reichsgroßen gelitten. Die Machthaber
ließen ganz nach Belieben ihre besten Pferde fortführen, für welche man ihnen ein
billiges Eisengerät als Entschädigung gab, und irgend welche freien Männer, Frauen und
Kinder aus den Dörfern in die Sklaverei schleppen.
Kein Wunder, daß solche Menschen scheu und furchtsam ^ind und auch heute noch
die Abgesandten des Sultans nur mit Mißtrauen aufnehmen. — Vor einigen Jahren führten sie
mit dem Landesherrn einen Krieg um ihren Glauben, wurden aber schnell niedergeworfen. Im
November des Jahres 1908 begab sich nämlich der Kronprinz in friedlicher Absicht mit
seiner Leibwache ins Donggo-Land, und man dachte an keinen ernsten Aufstand. Die Donggos
aber meinten, jetzt solle der Islam eingeführt werden, und versuchten einen Oberfall, den man
jedoch zurückschlug. Der Sultan rief nun die holländische Regierung um Hilfe an. Nach
hartnäckigem Kampfe und erst, als ein für unverwundbar angesehener Priester gefallen und
ein Dorf niedergebrannt war, ergaben sich die Aufständischen.
Nach diesen bösen Erfahrungen vernahm der Sultan meine Absicht, die Donggos
zu besuchen, nicht gerade mit Vergnügen, wollte mir aber seinen Sohn, einen Teil der
Leibwache und den Kommandeur derselben, einen tüchtigen Ambonesen, mitgeben.
Von der Hauptstadt Bima aus übersieht man bereits das in mehreren Terrassen
ansteigende Donggo-Land (Taf. V, Fig. 2, Taf. VI, Fig. 1), zerschnitten durch schmale, kurze,
zur Bai sich entwässernde Täler und besetzt mit einigen Kuppen, unter denen außer dem
1570 m hohen Wadu-ndanga der 1205 m messende Soromandi durch seine Kegelform auffällt.
In der Frühe des 24. November 1909 fuhren wir von Bima in den Ruderbooten des
Sultans, an der Insel Kambing vorbei, nach der Westseite der Bucht, wo, beim Dörfchen
Oiwonto die Häuptlinge der umliegenden Orte mit 24 prächtigen Pferden schon auf uns
*) Das Wort: „donggo“ hat doppelte Bedeutung, das erste „d“ kurz gesprochen heißt „trennen“
und „Berg“, 1 ng „ö“ „geben“, z. B. in „dönggo usubäq“ = von der Familie trennen, „donggo usubäq“ ==
der Familie übergeben, aber »tjengga“ =■= teilen, Bima: Ehescheidung („usu“ d. h. fruchtbar).
*) a. a. O., S. 130.
warteten. Die Tiere waren wie zu einer Zirkusvorstellung mit blitzendem Zaumzeug geschmückt
und mit bunten, bestickten, dickgepolsterten Satteldecken belegt, auf denen
man zwar weich, aber sehr breitbeinig und unbequem saß. Unser Gepäck, sowie das umfangreiche
des Kronprinzen und seines Hofstaates, das in einem Segelschiff schon tags-
zuvor hinübergeschafft war, ging mit Trägern unter militärischer Bedeckung voraus.
Unsere stattliche Reiterschar, der sich überall berittene Eingeborene als Gefolge
angeschlossen, bewegte sich auf guten Pfaden, erst über die südwestliche Ebene und, dann
direkt nach Nord westen am Fuß des kegeligen Iku, die blockbesäten Abhänge zu den Donggo-
Bergen hinauf. Diese machen durch ihre Steinfelder mit einzelnen Bäumen, Buschgruppen
und Graswildnissen überall, soweit das Auge reicht, denselben trostlosen Eindruck. In ihren
südlichen Teilen walten die Tamarindenbäume vor, und im nördlichen findet man viel Gartenkräuter,
ein Zeichen ehemaligen Kul tur landes. Als auffallende Pflanzen seien genannt die
vielen amerikanischen Arten, wie Hyptis capitata, ein Lippenblütler; Polanisia viscosa, ein
Kappernkraut; Drymaria cordata, eine Caryophyllacee; Agremone mexicana, ein Mohn und
der bekannte Zierstrauch Mirabilis Jalapa. Ihre Einführung mit amerikanischem Getreide
findet in den Ruinen der alten portugiesischen Festungen auf den beiden Seiten der schmälsten
Stelle der Bai eine natürliche Erklärung.
Eine sehr malerische, jedoch unfruchtbare Parkl andschaf t (Taf. VII, Fig. I) aus nur
niedrigen Bäumen bedeckt die unteren Abhänge dieses Berglandes. Die zu den Boragineen
gehörende Cordia ähnelt unseren Birn- und die Euphorbiacee Antidesma unseren Apfelbäumen.
Ein niedlicher Micromelum, eine Rutacee mit doldenähnlichen Blüten breitet seine
Blätterschirme aus, und ihm entspricht in der Tracht die Lythracee Lagerstroemia flo s regina,
die purpurne Blütentrauben besitzt und ihrem Namen „Königinnenblume“ Ehre macht. Eine
Apocynacee: Voacanga mit gelblichweißen Blüten ist Oleander-artig und eine kleine Tiliacee:
Grewia, Ulmen-ähnlich. Zahlreiche Straucharten bilden hübsche Gebüsche: dickblätterige
Ficus, starkbelaubte, dem Schneeball nahekommende Verbenaceen (Callicarpa) und Vitex
mit blauen Blütenähren, sowie Dornenpflanzen, vor allem Caesalpinien, wie die rosablütige
Dichrostachys und der Sappan mit seinen büschelig vom Boden steil abstehenden Ästen,
welche das gesuchte Farbholz liefern, und schließlich die Rhamnacee Zizyphus mit schönen,
kugeligen Kronen und leicht überhängenden Zweigen. Die vereinzelt alles überragenden
Tamarinden prangen zur Zeit in frischem Hellgrün und lassen die Dürre vergessen, die mit
den Steinen aus dem Boden sieht.
In den höheren Teilen des Gebietes bei den Dörfern nimmt die Zahl der Tamarinden
stark zu, und ein Wald von grauweißen blühenden ölnußbäumen (Aleurites triloba) überzieht
die Berge, untermengt mit einzelnen Akazien, Seifen-, Ebenholz-, Linden- und Guajava-
Harzbäumen. Wegen des ärmlichen Unterholzes entbehrt die Vegetation jedes tropischen
Gepräges, aber die Flora zeigt ihr Frühlingskleid, das nur e ch t e Mo n s u n w ä l d e r des
ostmalayischen Archipels anlegen.
Während mein Botanikerherz sich in Lenzesfreude an dem Vegetationsbilde labte,
waren wir bereits längere Zeit mit der unangenehmen Seite der Jahreszeit bekannt geworden,
dem heftigen Regen des Westmonsuns. Schon am frühen Nachmittage suchten wir deshalb
in Mangge, einem Donggo-Dorfe, wo der Islam (ebenso in Padjo Palama) bereits einige
Anhänger gefunden hat, Schutz. Wegen der bedeutenden Regenmengen war kein Zeltplatz
zu finden, sodaß uns ein reinlich aussehendes Eingeborenenhaus aufnahm. Kaum in frische
Kleider geschlüpft, lud uns schon der Kronprinz zum duftenden Kaffee, und wir verschanzten
uns hinter den hohen Haufen der von ihm mitgeführten Kuchen.