halten?) seine natürlichen Bedürfnisse verrichtet. Nach jedem Gebrauch — mehr als profan —*
werden diese Hausgötter sofort und sorgfältig gereinigt. Priester gibt es bei ihnen nicht.“
Aus diesem nicht ganz zutreffenden und sehr dürftigen Berichte Zollingers1) ersieht
man, wie schwer es ist, über religiöse Dinge richtige Auskünfte zu erhalten. Man muß
auf irgend eine Weise seelische Fühlung mit den Leuten bekommen, was ja meist erst nach
längerem Aufenthalt geschieht, andernfalls alle direkten Fragen fast immer falsch beantwortet
werden. Der Grund liegt wohl in der Furcht, den Zorn der göttlichen Wesen durch Mißachtung
oder gar eine Beleidigung von Seiten des Fragestellers, der vielleicht durch Unkenntnis
eine unbedachte Äußerung tut, heraufzubeschwören. Meine eingeborenen Begleiter
mußten mich stets als den Nichtmuhamedaner, den Andersgläubigen, hinstellen und, um
schnell Vertrauen zu gewinnen, paßte ich mich immer möglichst den Anschauungen und
der Denkweise des betreffenden Volkes an. Dazu kam, daß meine Gattin sich mit den
Weibern in gutes Einvernehmen setzte und nötigenfalls,
wie z. B. auf Kabaena, selbst die Kleidung derselben anlegte.
Jedenfalls aber machten uns die Donggos die
Arbeit garnicht besonders schwer, und ich kann Folgendes
mitteilen:
Die Religion der Donggos schließt sich in vielen
Punkten an die der anderen indonesischen Stämme des
westmalayischen Gebietes an. Nur in der S e e l e n v e r e
h r u n g hat sie Neues und Interessantes, vielleicht etwas
an den Totemismus der polynesischen Völker Anklingendes.
Die Donggos unterscheiden zwischen den Seelen der verstorbenen
Familienmitglieder einiger Gerterationen, der
Nbawa, und den Ahnenseelen der Urzeit, den Waro und
Par afu. Ein Teil der Bevölkerung führt nun seinen
Ursprung auf die Waro, ein anderer auf die Parafu zurück.
Beide sind zu Lebzeiten sehr vollkommene, bedeutende
Menschen gewesen, und vermitteln jetzt im Seelenlatide
den Verkehr mit den Göttern. Wenn Krankheiten ein-
treten oder bei der Reisauspflanzung der Regen ausbleibt,
Fig. 76. E ine O p fe rampe l d e r Donggos. . .. , , . , , , I i r .. . , , • . überhaupt mit allen Wünschen wendet man sich zuerst
an diese Fürsprecher, da diese die Bedürfnisse der Erdenkinder am besten zu beurteilen
vermögen.
Die Waro und Parafu denkt man sich in großen Felsen auf den Bergen wohnend,
während die Seelen der gewöhnlichen Menschen in der Nähe der Gräber bleiben müssen,
mit Ausnahme derjenigen der großen Häuptlinge, welche von Zeit zu Zeit auf die Götterberge
steigen dürfen. Diesen legt man deshalb nicht w ieden gewöhnlichen Njjawa (malay.:
njawa 4# Seele) Sirihpinang aufs Grab, sondern opfert, wie den Schutzgeistern, in der
heiligen Ampel „Dewa ka'i“ (vielleicht aus „kakai“ = senden, „dewa“ sanskr. = Gott),
einem Rohrkorb, der mit Federn (Fig. 76) geschmückt ist. Nur an den Tagen des Radju-
Festes wandern alle Seelen mit den Lebenden zu den heiligen Stätten im Gebirge.
Diese religiöse Auffassung weist also auf den nämlichen Vorgang der Entstehung
der Geister aus bevorzugten Menschenseelen, z. B. der Häuptlinge hin, ähnlich wie auf Buton
') a. a. O., S. 128; desgl. „Journal of the Indian Archipelago and Eastern Asia“, 1845, p. 544.
(Bd. I, S. 199). Von der Nachbarinsel Flores soll später noch von einem weiteren Entwicklungsstadium
dieser Idee berichtet werden, nämlich einer Läuterungszeit, welche jede
böse Seele am Orte der Reinigung, bis zur Gemeinschaft mit dem Gotte, wie im Fegefeuer
der Katholiken, durchmachen muß.
Das Volk der Donggos teilt sich nun seiner Abstammung nach in verschiedene Sippen:
1. London Dou Däke, das Geschlecht der Gecko-Menschen, das älteste und angesehenste,
welches auf die Parafu zurückgeht, und 2. London Dou Duna, das Geschlecht der Aal-
Menschen, welche ihre Abkunft von den Waro (ursprünglich: Urgroßväter, bezw. Urahnen)
herleiten. Beide haben früher in getrennten Dörfern gewohnt, und heute herrscht in den
meisten entweder das eine oder das andere vor, z. B. im größten Dorfe Oo die Dou D&ke.
Außer ihnen, welche u. a. noch in folgenden Dörfern: Mangge-kompo, Mangge-nae, Ntolo-
loa, Molö.loa, Dori-dungga, Langentu, Lakeke, Ndano-dere, Katjambar, Ntoke, Wadu-kbpa,
Wadu-ruka und Kambödu, Zusammenleben, bestehen andere Geschlechter, nämlich 3. London
Dou Gande, das der Spinnen-Menschen in Kananta, 4. London Dou O'i, der Wasser-Menschen
in Tuntu und 5. London Dou Winte, der Kropf-Menschen (wörtlich: der Geschwollenen) mit
dem Stammsitze im Dorfe SaT.
Für die 5 Geschlechter bestehen allerlei Bestimmungen, welche, wie gesagt, vielleicht
Überbleibsel eines früheren Totemismus sind. Leider hüllten sich die Donggos hierüber
stark in Schweigen, doch glaube ich, daß sie selbst keine klaren Vorstellungen,
z. B. der Fleischverbote der Dou Dbke mehr haben, da man sich nur noch teilweise daran
zu halten scheint. Nur folgende Einzelheiten vertrauten sie mir an: Ehen innerhalb desselben
Geschlechtes sind verboten, und die Kinder folgen in jedem Falle dem Geschlecht
des Vaters. Früher jedoch, so erzählt der Häuptling von Oo, haben die Männer, welche
ein Mädchen vom London Dou Dbke heirateten, zu diesem Geschlecht übergehen müssen.
Noch heute genießen die Gecko-Menschen viele Vorrechte, u. a. erhalten ihre Toten noch
ein rundes Grab. Die Priester pflegen immer Dou Duna zu sein, und ihr Amt vererbt sich
in der Familie der Aale.
Außer den Waro und Parafu verehren die Donggos noch drei Go t t h e i t e n : den
Gott des Himmels, Dewa Langi, den des Wassers Dewa Oi und den der Trockenheit Dewa
Mango. Dieser letzte wird hauptsächlich bei Krankheiten angerufen, welche vor allen Dingen
zu Beginn der Regenzeit auftreten. Die Donggos legen in solchen Fällen, sowie bei anderen
Anliegen zuerst Sirihpinang auf die Opfersteine neben ihren Häusern für die Waro und
Parafu oder auf die Gräber für die Nbawa.1) Glaubt man hierdurch keinen Erfolg zu haben,
so opfert der Ntjuhi-Priester Sirihpinang, berührt mit diesem des Kranken Haupt und spricht
die Worte:
Dewa Mango, Dewa Mango,
Nbei toi-pu, Zwar wenig gebe ich,
Taho reniai Doch lasse gesunden
Supu ake. Diesen Kranken,
Bei großer Trockenheit im Lande pflegt er auch in einem Gebet den Wassergott
durch Vermittlung der Ahnenseelen um Hilfe anzurufen.
Der größte der Götter ist Dewa Langi, welcher über den Wolken, vielleicht in der
Sonne wohnt. Um ihn zu verehren, müssen die Menschen auf die Spitze des Berges steigen.
■) Einige Donggos bezeichneten mir diese auch als Engel (malaika, bim.: malaeka, ein von dem
arabischen „malaikat“ stammendes Wort, welches aui den bereits beginnenden Einfluß des Islam hindcutet.