Sechzehneck führt direkt zum Kr e i s e (Fig. 43). Dieser wird wie die Quadrate entweder
mit anderen kleineren (Fig. 44) oder mit quadratischen Mustern, vor allem mit Karreefiguren
ausgefüllt. Die Toradjas und Bugis verwenden ihn sehr viel in der einfachen
Form als große, runde, weiße Scheiben aus Muschelschale mit schwarzem Mittelstück, geheftet
auf Schilde, Kriegshelme (pälo) und Panzerjacken (paräka) oder eingeschnitten auf
Lederschilden von Kalösi (Fig 43, 44). Die Maronene endlich sticken ihn gern auf Zeugstoffe,
selbst in langen Reihen nebeneinander, und die dann nie fehlenden radialen Fäden
weisen auf die Kreuzblüte hin.
Der Kr ei s läßt sich noch auf eine andere Art ableiten: Erhält die schrägliegende
Kreuzblüte (Fig. 47) in ihrer breitblättrigen Form eine Untergrundausfüllung (Fig. 48), so
■ K r a n e n
45 46 47 48 49 50 51
D ie v o n d e r Kreuzblüte ab g e le ite ten F o rm en : Kreis, S anduhrfigur u n d Za ckenband, sowie die Spirale.
treten bereits runde Formen im Umriß hervor. Verschwinden die mittleren Partien, so
resultiert die häufig bei Toradjas und Maronene gefundene konkave Sanduhrfigur (Fig. 49, 26)
und nach Fortlassen der Trennungsstriche ein Kreis. Diese entwickelt sich weiter durch
Aneinanderreihen zum doppelten R u n d z a c k e n b a n d (Fig. 50, 51). Ist sie jedoch aus
dem schrägliegenden Linienkreuz entstanden, so liefert sie die gewöhnliche Spitzzacke
(Bd. I, S. 242, Fig. 123), die dem Putjuk trebong (Bd. I, S. 48, Fig. 32) der Sasaker und
Javanen entspricht. Wird das geradlinige Sanduhrmuster (Fig. 31) unmittelbar nebeneinander
gebracht, so umschließen sie auf Eck stehende Vierecke, falls aber abwechselnd
immer eine Figur ausfällt, so geht der Zwischenraum, wie bei Ornamenten am oberen Rande
des Tragkorbes (Fig. 26), in ein regelmäßiges Sechseck über. Dieses ist als selbständiges
Motiv gedacht, denn es tritt, als Ganzes ausgeschnitten, farbig heraus und kommt auch allein
vor, z. B. an Näharbeiten aus Zeuglappen und bei Hüten. Ein solcher (Fig. 24) zeigt auch
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c —s B E 3 m [0 3 52 53 54 55 56 57 58
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S C g O
A u s s ch n ittm u s te r an G egenständen au s P a lm b la tts ch e id e bei d en Maronene.
eine Möglichkeit der Entstehung eines Dreiecks, das sich am einfachsten aus der Vierteilung
(Fig. 18) oder Halbierung eines Quadrates (Fig. 29, 30) herleiten läßt.
2. Wie Meyer und Richter gezeigt haben, kann die Spirale sehr gut aus der unvollständigen
Ausführung der Kr e u z b l ü t e (Fig. 46, 45) entstanden sein, doch möchte ich
noch auf einen zweiten Weg hinweisen. An Hand der A us s c h n e i d e a r b e i t e n der Maronene,
To Mengkoka und To Membula läßt sich die Entstehung, wie folgt, herleiten: Auf
Tragkörben (u. a. dem Fig. 26 abgebildeten), auf Sirihschalen in Rumbia und Kabaéna trifft
man die Kreuzblüte1) (Fig. 52) und ihre höhere Entwicklungsform, den Kreis, und zwar
als halbmondförmige Ausschnitte (wie in Fig. 53), welche gefärbt sich aus den Wandungen
9 Sie zeigt hier auch durch die verschiedene Breite der Blätter, daß ihre achtstrahlige Form
aus der Kombination mit dem Linienkreuz hervorgegangen ist.
der braunen Sagoblattscheide hervorheben. Häufig werden die Halbkreise jedoch voll ausgeschnitten
und zwei nebeneinanderliegende-verschmelzen unter sich (Fig. ,54) Formen,
welche schon bei unvorsichtigem Hantieren mit dem längsgefaserten Blattscheidenstoff in
dieser Weise ausfallen können. Wird diese Grundfigur später wieder als Band ausgeführt,
so entsteht die Spi r a l e , welche (in Fig. 55).schon etwas stilisiert auftritt. Stellt man sie
zu mehreren nebeneinander (Fig. 56, 57), so kommen die Spiralbandornamente (Fig. 16, oben),
wie, hauptsächlich bei Stickmustern, zustande.
Die Doppelspirale ermöglicht nun ferner eine einfache Herleitung des R a n k e n mot
ivs . Sie schmückt in der gewöhnlichen Form Armbänder aus Messing, Kalkbüchsen
aus Horn (Fig. 59, unten) u. a. Wird sie mehrfach wiederholt, z. B. auf dem Büffelhornstück
(Fig. 59, oben), so bekommen die Spirallinien bei Verschmelzung ein rankenartiges
Aussehen. In den nächsten Mustern. (Fig-60) erkennt man in der Ranke noch die Spiralen,
welche mit den Enden zusammenstoßen, und bereits kontinuierlich ineinander übergehen.
In den beiden danebenstehenden Abbildungen (Fig. 61, 62) ergänzen sie sich zu einer
schlangenförmig verlaufenen Verzierung, und ihre
Zusammensetzung ist bereits verloren gegangen.
Derartige Ornamente schneiden die Maronene
mit prachtvoll stilisierten Formen in Holz, Bambus
und Rottan ein. Sie verfertigen u. a. außerordentlich
zierliche Leibreifen (kabunko, s. Bd. I,
S. 243) aus Rohr, denen dje Zeichnungen (Fig. 60
b fs| 62) entstammen. Die Balken der Häuser
Schmücken sie mit ihnen, und manche Geräte,
z. B. Schaufeln (Mar.: holüe) zum Umwenden
von aufgestapeltem Reist weisen verschlungene
59—62. Aus d e r Dop p e lsp ira le entwickeln sich
d ie Rankenornamente.
Ranken (Fig. 63) auf. Dieselben schönen Ver- |
zierungen sieht man ferner an den Giebeln, kastenartigen Aufsätzen und Umzäunungslatten
der Grabhäuser (Bd. 1, Taf. XXV, Fig. 2).
Auffallenderweise säh ich dieses Rankenmuster bei den Maronene niemals auf Bambusbüchsen
in Linienzeichnung, wohl aber bei Stickarbeiten in stilisierten gefälligen Formen.
Es ist bald eine Zickzacklinie mit symmetrisch angebrachten Spiralen, bald eine . stark
mäandrische Schlangenlinie (eine rechts ausgezogene Doppelzylinderspirale) oder wie auf
dem (Fig. 14) abgebildeten Rande eines Schals nach links auseinander gezogene Doppelzylinderspirale.
Die mannigfaltigen, nach und nach erfundenen Or n a m e n t e übertrugen die Maronene
auch auf die Fl e c htwe r ke . In den Anfängen dieser Kunst lieferte bereits das einfache
taftbindige Geflecht durch sein natürliches Linienmuster das stehende Kreuz aus den Geflechtssträngen
und -Streifen, welche man durch Farben sichtbar machte. Weil nun die
Technik der Taft- und Köperbindung lediglich die Herstellung bestimmter, einfacher, geometrischer
Figuren gestattet, so erfand der Ausschmückungstrieb die Üb e r f l e c h t u n g ,
mit deren Hilfe alle Muster auszuführen sind.
Tafel XXIX im Bande 1 gibt mehrere derartige Flechtwerke wieder. Da die Anfertigung
von der Mitte aus geschieht, so stellt das Linienmuster ein einfaches, bei dem
rundlichen Teller doppeltes Kreuz (also mit 8 Strahlen) dar; es wird durch die Flechttechnik
selbst bedingt, und jedes seiner Viertel findet im benachbarten Stücke sein Spiegelbild.
Durch mehrfache Nebeneinanderstellung des gleichen Musters vervielfältigt sich die FeldFig.