gibt, werden böse Geister, sozusagen, an den Platz gebannt, um andere Menschen zu vertreiben
und gegebenenfalls zu töten. Leute, welche in den Gärten Früchte stehlen, sollen
von dem Baum herabstürzen oder durch den Genuß vergiftet oder gar von dem bösen
Geist besessen werden, sodaß sie an einer schmerzhaften Krankheit sterben. Der Matakau-
Glaube ist bei den Tobu Tihu so stark, daß die Leute getrost irgendwo einen Acker, irgend
einen neu entdeckten Fruchtbaum des Waldes durch ein Verbotszeichen als ihr Eigentum
erklären können, und niemand wagt es, diese Stätte zu betreten, denn das Auge (mal.: mata)
des bösen Geistes bezw. Baumes (Moluk. mal.: kau), in welchem er sich aufhält, wacht.
Noch mehr aber erschweren sich die Leute ihre eigene Bewegungsfreiheit durch die Platzverbote
(luli). Träumen sie, z. B. daß in
irgend einem Baum, einer Höhle, besonders
solchen mit großen Schlangen
oder in einem Felsen ein Geist sitzt
oder aber hören sie unbekannte Laute,
wie das Ächzen eines Baumes im Winde,
so wird der Ort alsbald für „luli“ (mal.:
pemali) erklärt. Auch alle möglichen
Tiere dürfen sie nicht essen, z. B. gewisse
Fische, vor allem die des Tihu-
Sees, die Wildhähne, in welchen nämlich
Waldgeister wohnen, sowie Eßwaren, die
ihnen von Menschen anderen Stammes
angeboten werden. Auf diese Weise
vermehrt sich täglich die Zahl der Verbote,
und infolgedessen herrscht auf
Wetar, vor allem bei den am niedrigsten
stehenden Tihu-Leuten, eine ausgesprochene
P e m a l i - F u r c h t .
Überall wittert man böse Geister.
Die Swangi erzeugen Krankheiten und
versuchen das Herz des Menschen an
sich zu bringen. Riedel (a. a. 0 . S. 440)
erzählt sogar, daß Menschen, vor allem
alte Weiber, in den Dienst der Swangi
Fig. 150. Ein we ta re sisch e r O p fe ra lta r m it Sch lan g en aus e in e r , , , * 0 1 1
Fe lsen g ro tte be i Krono. treten, bezw. gegen eine Belohnung,
meist das Herz, in solche verwandelt
werden können, doch falls die Mitmenschen dieses bemerken, tötet man die Besessenen
mit Stockschlägen. Diese Vorstellung bildet also ein bemerkenswertes Analogon zu unserem
mittelalterlichen Hexenglauben, wie Jacobsen (Reise S. 114) bemerkt.
Außer den Swangi spielen auf Wetar die Ni tu , die Seelen Verstorbener, eine besondere
Rolle. Sie finden sich sowohl im west- wie ostmalayischen Archipel u. a. bei den Mentawai-
Insulanern und Tagalen (anito), sowie Igorroten der Philippinen, als auch bei den Alfuren
von Ceram, Buru (nitun), den Bewohnern Ambons, ferner Sumbawas, Flores, Rotis, Timors,
Keis, Timorlauts u. a. Auf Wetar sind besonders die Puk-Nitun, die Geister der vorweltlichen
Riesen gefürchtet, welche man sich in Höhlen und Felsen wohnend denkt und welche
den Menschen nach dem Leben trachten. In der mitgeteilten Sage der Tobu Tihu werden
sie von Ma-Fai und Sa-Lowe getötet. — Unter der Schar der Geister scheinen die Tobu Tihu
die im westmalayischen Archipel allgemein verbreiteten, gewöhnlichen Quellgeister nicht zu
kennen, wohl aber Spukgeister (gätun), um welche sie sich jedoch wenig kümmern.
Als weitere unsichtbare Wesen seien die K a r u h a in Welemur genannt, welche den
Menschen bald gut, bald böse gesinnt sind. Sie stehen mit dem S c h l a n g e n k u l t in
direkter Beziehung und wohnen vor allem in Höhlen, wo man ihnen ein Opfergestell
errichtet. In der Felsengrotte von Krono in Welemur besteht dieses (Fig. 150) aus 4 in
die Erde gegrabenen Pfeilern, die durch Querbretter miteinander verbunden sind und an
den Enden Schlangenköpfe tragen. Das zu diesem Kultgegenstande verwandte Holz stammt
von dem heiligen Baum, der auch die Wurzelhölzer der Matakau liefert und heißt „dare töas“.
Ein anderer Altar in einer Höhle beim alten Dorf Huhan am gleichnamigen Fluß,
einem Seitenarm des Meta Huru, sieht ähnlich aus, jedoch tragen die vorderen Säulen je
einen Menschenkopf. In der einen von diesen wohnt nach Ansicht der Welemur-Leute der
Geist Matan-laün (d. h. Auge glänzend) und der anderen Löi-laün,1) während die beiden
anderen Pfähle ebenfalls aus dem genannten heiligen Holz (dare töas) bestehen, ln der
Mitte zwischen diesen ist auf einer Bambusstange ein Brett, versehen mit zwei ausgeschnittenen
Schlangen und angebundenen Wimpeln aufgehängt, das als Fahne bezeichnet
wird. Diese erinnert an den von Jacobsen („Reise“, S. 123, 129, 142, 164, mit Abbildungen)
beschriebenen P u r k a -D i e n s t auf Kisar und Leti. Auch auf Wetar wird sie zur Zeit des
für. den Sonnengott Paipö'i we-waki veranstalteten Pflanzfestes unter einem großen Nuna-
Baum (Ficus) aufgestellt und mit Früchten des Feldes sowie mit Blättern der Lontarpalme
geschmückt. In die vorhandenen Löcher legt man Opfergaben: Sirihpinang, einige Feldfrüchte,
hauptsächlich Mais. Sowohl beim Betreten der heiligen Höhle, in der sie für gewöhnlich
aufbewahrt wird, als bei der späteren Aufstellung beim Pflanzfest wird die mit Varanfell
bezogene, kleine Geistertrommel (tbbu) gerührt. Die beiden gleichzeitig bei diesem Feste
verehrten Geister Matan-laün und LbT-laün, welche den in dem Matakau wohnenden gleichkommen,
sind die Beschützer der Feldfrucht. Sie entsprechen dem Ma Löte und Lö'i-mera
von Aüwa, dem Mau-räs und Bui-räs von Sao und dem Mau-petu und Bui-petun (petun =
mal. bambus petong) von Huru, von denen der erste männlich, der zweite weiblich
ist, und werden als Geister des Himmels und der Erde, zu welchen die Urahnen in
näherer Beziehung stehen, sowie als Vermittler mit Paipd'i we-waki aufgefaßt. Jacobsen
erwähnt ebenfalls zwei mit dem Purka-Dienst auf Kisar in Verbindung stehende Wesen,
Makarom-manuwe und Makarom-mawakii, die vielleicht dem genannten wetaresischen entsprechen,
identifiziert diese mit Opo lere und Opo nuse, dem Gott der Sonne und der Erde.
Eine große Rolle spielt bei den Wetaresen von Welemur und der Südküste die
S c h la n g e , Sao, im Küstengebiet auch Ula N a g a genannt, welche zu Urzeiten vom Himmel
gefallen bezw. von P a ip li we-waki zur Erde gesandt ist. Sie wird an vielen Kultgegenständen
abgebildet und dient zur Fernhaltung und Heilung von Krankheiten. Jacobsen
(„Reise“, S. 165) berichtet von Ma-Desi, dem Bringer und Verscheucher von Krankheiten,
daß er die Gestalt einer Schlange habe. Auf der Wetar benachbarten Insel Alor wird
bekanntlich die Naga-Schlange ganz besonders verehrt. Sie nimmt hier alle möglichen
Gestalten an, hauptsächlich die eines Drachen mit schuppiger Haut, selbst mit Flügeln
und wird mit den verschiedensten anderen Tieren, wie dem Tiger (harimau), wie auf Buton,
auch „lde“ wörtlich »öffnen“ entspricht dem „emar“ der Tihu und „hamar“ der Leute
an der Südwest-Küste, nicht zu verwechseln mit „löe, schief“. An der Ostküste ist „löi'“ gleich dem
„bero, Auslegerboot“.