Wie J. Brandes1) mitteilt, wurde das Reich Dompu 1279 (Caka = 1357 A. D.) durch
das javanische Mädjäpähit erobert. Seine Verfassung gleicht der von Bima. Die hohen
Beamten, die Bumi und Djeneli, haben keine besonderen Einkünfte, sondern nur Rechte
auf Jagd und Strafgelder. Sie tragen ähnliche Festkleider wie in Bima, und da ihre Macht
nur gering ist, legen sie auf Äußerlichkeiten großen Wert. So unterscheidet sich u. a. der
Reiskorb (baku göa) des Bumi nae von der gewöhnlichen Sorte (kula) durch besondere
farbige Verzierungen, ebenso derjenige (baka) der Djeneli, der Herren Minister; ferner die
zugehörigen mit Zeug überzogenen Speisendeckel (padingi umpu) durch ihren turm-, bezw.
terrassenartigen Aufbau und ihre Einfassung (umpu) mit Silberband.
Wie Zollinger2) hervorhebt, soll früher, vor dem Tambora-Ausbruch, als das Land
noch stärker bevölkert war, auch eine Einteilung in Daris bestanden haben, und den Schmieden
sagt man heute noch große Tüchtigkeit nach. Diese gewinnen nach Aussage meines
Dolmetschers Abdullah, Sohnes des Sultans von Sanggar, eines begabten jungen
Mannes, ihr Eisen selbst, nämlich aus Schwefelkies (däna muntja) des südlichen Berglandes,
u. a. schon unweit der Hauptstadt im Gebiet des Sori Naa-Flüßchens. Das fein gestampfte
Erz vermischen sie mit Holzkohle und Kokosöl und schmelzen es vor dem Gebläse. Um
beim Zusammenschweißen die hellen und dunkeln Schattierungen der einzelnen Eisenbänder,
den sogenannten Pamor, zu erzeugen, sollen sie Bleierde „dana tambinga“, einen stark zersetzten
Bleiglanz, von dem noch später im geologischen Teil die Rede sein wird, hinzufügen.
Die B e v ö lk e r u n g Dompus erinnert in ihrem Gebaren stark an die Bewohner
Javas und ich möchte sagen, sie macht auch einen aufgeweckteren Eindruck als die Bimas
und Sumbawas. Die Menschen sind vielleicht etwas kleiner als die Bimanesen, aber von
kräftiger Statur und scheinen von Charakter freimütiger und kühner zu sein. Sie gleichen
diesen nicht nur in ihrer Sprache, sondern überhaupt in der Körperbeschaffenheit, nur
zeigen ihre Gesichter im allgemeinen einen energischeren Zug.
Die Dompu-Frauen tragen außer Jacken (badju) auffallenderweise wie die Araberinnen
eine Maske (baruko), welche die untere Partie des Gesichtes bis oberhalb der Nase verdeckt,
und pflegen auch ihren Kopf durch einen Schal (tembe bako) zu verhüllen, welcher
oft mit Sternen und Borten aus Silberdraht verziert ist. Diese, wohl von den Mekka-
Pilgern, den Hadjis, eingeführte Sitte besteht aber nur in der Hauptstadt. An anderen Orten,
z. B. Kempong, hüllen sich nur die Braut bei der Hochzeit und die jungen Weiber in schöne,
schleierartige Tücher. Das Hüfttuch der Frauen (tembe kala) fällt hier nach vorn in langer
Schleppe auf den Boden, und das kürzere der Männer (katente bako) hängt bei Festgewändern
mit einem Zipfel herab (Taf. XIV, Fig. 2).
Die Dompunesen sind leidenschaftliche J ä g e r , halten selbst große Treibjagden zu
Pferd ab und erlegen die Hirsche, die hier wie nirgendwo sonst auf Sumbawa in erstaunlicher
Menge Vorkommen, sowie wilde Büffel nicht allein mit der Lanze, sondern wissen
sie geschickt mit dem Lasso zu fangen. Auch stellen sie gern Schlingen und lange Netze
und beschleichen in hellen Nächten die Wildhühner in den Büschen.
Wie die Bimanesen schätzen sie außer Wildpret S ü ß i g k e i t e n und Kaffee, mehr
vielleicht noch als den Wein der hier häufigen Lontarpalme. Von den Fürstlichkeiten werden
die e ß b a r e n S c h w a lb e n n e s te r , eine gesuchte Delikatesse, geliebt und durch klettergewandte
Leute in großer Anzahl in den Höhlen der Südküste gesammelt. Sie stellen eine bessere
Qualität dar, sind im jungen Zustande schön weiß und enthalten nach einer Analyse von
9 „Pararaton“ in „Verhandl. v. h, Bataviaasch Genootsch. v. K. en W.“ Deel 49. 1897. blz. 141.
9 a. a. 0 ., S. 144.
Herrn Dr. J. Tillmans 54,82 °/o Eiweiß (8,74 °/o Stickstoff), also ebensoviel wie die chinesischen
von Hongkong. Bekanntlich zählen die javanischen zu den besten und eiweißreichsten,
denn nach J. Bettels1) setzen sie sich aus 57,37 °/o Stickstoff, 10,42°/o Wasser, 0,09°/o Fett,
l,4°/o Rohfaser, 8,74°/o Asche und 21,98°/o stickstofffreien Extraktstoffen zusammen. Die
noch weit verbreitete Ansicht, sie seien aus Meeresalgen aufgebaut, wird durch die chemische
Zusammensetzung und Konstitution und, wie Bettels hervorhebt, durch das Fehlen der den
Algen eigenen Galaktane widerlegt. Wegen des hohen Mucin-ähnlichen Proteingehaltes aber
müssen die Vogelnester ein Erzeugnis des Speichels der Salanganen, der Seeschwalben
(Collocalia-Arten), sein. Zwar sind sie geschmacklos und nur mit kräftiger Fleischbrühe
oder Zucker und Ei genießbar, aber wie die Analyse lehrt, sehr nahrhaft sowie leicht verdaulich.—
Verschiedentlich überreichten mir die Sultane, u. a. der von Dompu, beim Besuch
ein Paket dieser kostbaren Leckerbissen.
Den indischen Vogelnestern im Geschmack nicht unähnlich ist das bekannte
A g a r -A g a r , das auch in Bima, Dompu, Sumbawa, vor allem von den Badjos, auf dem
Ünterwasserstrand gesammelt und zu puddingartigen Kuchen gebraucht wird. Es besteht
aus dem Thallus von Meeresalgen, meist den Florideen, wie Eucheuma-Arten und Gracilaria
lichenoides Ag. Nach Bettels enthält es bis 6,13°/o Protein und etwa 35°/o Galaktose-Zucker,
stellt also ein wohl zu beachtendes Nahrungsmittel dar.
Außerdem liefern die Wälder Dompus noch ziemlich viel Wachs und Honig, doch
beruht der Haupterwerb natürlich im A c k e r b a u . Zollinger berichtet, daß es mit diesem
bei seinem Besuche, also 32 Jahre nach den Verwüstungen durch den Tambora-Ausbruch,
noch traurig bestellt war. Heute, nach weiteren 62 Jahren, macht das Land wieder einen
ganz guten Eindruck, ist aber immer noch ziemlich dünn bevölkert, mit Ausnahme des
Tales. Reichtum besteht allerdings noch keineswegs, jedoch haben die Bewohner ein
genügendes Auskommen.
Bei meiner Absicht, Dompu nach mehrtägigem Aufenthalt zu verlassen, versuchte
der Sultan, mich mit großem Wortschwall zu bewegen, erst ein bevorstehendes Fest mitzumachen,
welches mich jedoch wegen des rein muhamedanischen Charakters nicht reizen
konnte. Die sonderbare Hoheit hielt mich sogar an den Händen fest und strampelte mit
den Beinen, als ich abzureisen gedachte. Glücklicherweise brachte gerade ein Bote aus
Kempong, dem Nachbardorfe an der Saleh-Bai, einen Brief, der mir meldete, daß der
Sergeant mit seinen Soldaten schon dort angeko'mmen und sich für mich bereit hielte. Dieser
neue Grund brach endlich den königlichen Widerstand.
Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang ging mein Gepäck nach K em p o n g ab,
und wir selbst folgten gegen Mittag zu Pferd, nachdem noch einmal beim Sultan getäfelt
war. Schon auf halbem Wege kam mir unser Patrouillenführer, Herr W. A. van Zuilen,
entgegen und meldete in höchst dienstlicher und militärischer Form: „Gekommandeert voor
de Soenda-Expeditie.“ Herr Kapitän A. C. C. Müsch hatte mir trotz meiner Ablehnung
liebenswürdigerweise eine Abteilung Soldaten, wie er mir später scherzhafterweise sagte,
nicht zum Schutz, sondern als Ehrenwache geschickt. Für die Sendung und die gute
Wahl eines so gewissenhaften und umsichtigen Mannes, wie van Zuilen aber, möchte ich
gleich an dieser Stelle meine Dankbarkeit ausdrücken.
Unser Sergeant gestand mir später, daß ihm dieser dienstliche Auftrag sehr viel
Kopfzerbrechen bereitet habe, vor allem wegen des gewiß umständlichen Transportes meiner
9 „Die Kohlenhydrate der Meeresalgen und daraus hergestellter Erzeugnisse.“ (Dissert. d. Univ.
Münster i. W. Hildesheim 1905.) S. 51.