Bei den beiden Menschen-Varietäten waltet das engwellige, oft sehr krause Haar
vor, während langwelliges selten ist und sich in diesem Falle für gewöhnlich bei Männern
vom ersten Typus mit dicker Nase und wulstigen Lippen findet, sodaß eine auffallende
Ähnlichkeit mit den Butonesen entsteht. Einem eigentlichen Schnurrbart begegnet man nicht,
höchstens einem kurzen Flaum. Manche Typen, z. B. der auf Tafel XXII (Fig. 2) abgebildete
Mann, werden durch eine auffallend breite Nase, gewaltigen Mund, grobknochigen Körper
und plumpe Füße ausgezeichnet und erinnern wohl an die Melanesier. Dieser Eindruck
erhöht sich durch das sehr krause Haar und die stechenden, nicht ganz geöffneten, oft wilden
Augen (Taf. XXI, Fig. 2, Taf. XXIV, Fig. 2).
D ie g e s c h i ld e r t e n K ö rp e r e ig e n s c h a f te n , hauptsächlich des ersten Typus, v o r
a llem d ie P r o g n a th ie , d a s Z u r ü c k t r e t e n d e r S tirn , d ie s ta rk e k u g e lig e , z e n tr a le
V o rw ö lb u n g d e r s e lb e n , d ie b r e ite , a b e r h o h e , n ic h t an d e r W u rz e l v e r tie f te ,
g e r a d e o d e r g e b o g e n e , v o rn a b g e s tu t z t e u n d d a h e r le ic h t a b g e p l a t t e t e r s
c h e in e n d e N a s e , d ie s ta rk e n A u g e n b r a u e n w ü ls te u n d d e r p lum p e U n te rk ie f e r
k e n n z e ic h n e n d ie F lo re s e n a ls e in t i e f s t e h e n d e s in d o n e s is c h e s Volk, dem sic h
b e r e i t s f rü h e r p a p u a s iS c h e s B lu t b e im is c h te , w e lc h e s e in e g ew is s e Ä h n lic h k e it
m it M e la n e s ie rn e rk lä r t. Sie m ü s s e n d a h e r a n th r o p o lo g is c h v o n d en w e s tlic h e n
in d om a la y is c h e n S täm m e n a ls a u s tro m a la y is c h e r Z w e ig a b g e t r e n n t w e rd e n .
Im W e s e n der Bergbewohner von Flores liegt etwas Kraftvolles, Kühnes und
Wildes. — Wir wurden nicht gerade unfreundlich empfangen, aber trotz Verteilung des hier
kostbaren Reises waren Träger nur schlecht zu bekommen, und viele von ihnen liefen fort.
Selbst im Schutze Kakidupas fühlten wir uns hier nicht gerade, gemütlich. Die Leute
beobachteten uns mißtrauisch und schienen mir auch etwas unberechenbar. — Sie gleichen
eben im Charakter der Natur ihres romantischen Landes mit den steilen Bergen, auf denen
ihre Dörfer wie Festungen an weiten und tiefen Tälern über fast senkrecht abfallenden
Wänden liegen. Wie ihre kleinen Bergflüßchen friedlich, scheinbar harmlos zum Meere
dahinplätschern, plötzlich aber nach einem Gebirgsregen zum reißenden Strome anschwellen,
Bäume entwurzeln und Felsblöcke spielend talwärts rollen und alles unter sich vernichten,
so können auch die Floresen auf einmal zu unheimlichen Gesellen werden. Dann ziehen sie
mit schlaggewandtem Haumesser und stoßsicherer Lanze todbringend durch die Gegend,
überfallen nächtlicherweile die^nichtsahnenden Bewohner der Küste und verbrennen ihre
Hütten oder senden ihnen aus einem Versteck die tückischen Pfeile.
Diese Charakterzüge dürften es verständlich machen, daß die erste Nacht unter
diesen Menschen uns unruhigen Schlaf brachte. Die Eingeborenen waren auch sehr aufgeregt,
rannten mit Fackeln hin und her, redeten fortwährend laut, und nicht selten klang
uns aus der Heftigkeit ein nicht gerade beruhigender Ton entgegen. Auch die Lage unseres
Zeltes unmittelbar am Abhang der Steilwand, die Enge auf diesem Felsengrate und die
schwarze Nacht drückten auf unsere Gemüter. Diese Stimmung erhöhte der außergewöhnlich
starke Wind, der die Zeltbahnen klappernd auf und ab riß und so stark an den Seilen
zerrte, daß ich mehrfach aufstehen und die Pflöcke tiefer in den Boden treiben mußte. -|§
Der Nordwest erreicht auf dem Bergkamm in dieser Jahreszeit ziemliche Kraft, da er gegen
den Nordabhang des Grenzgebirges stößt und dann auf der Südseite, gerade hier zwischen
Watu Manu und Nira Djawa (Taf. XVIII, Fig. 2) in einen tiefen Kessel hineinfällt.
Meine Besorgnis löste in der kommenden Nacht einen schweren Traum in mir aus,
den ich wegen seiner komischen Folgen erzählen möchte: Ich glaube noch auf dem
Regierungsdampfer „Zeemeeuw“, und zwar im Sturm zu sein. Meine Frau fällt durch die
krachend zusammenbrechende Luke in den Maschinenraum, ich springe sofort hinzu, ziehe
sie zwischen den sich hin und her bewegenden, laut ächzenden Maschinenteilen heraus
und sage dabei:* „So, nun bist Du heraus, schnell fort von hier!“ Bei der Lebhaftigkeit des
Traumes habe ich nun aber den Gedanken in die Tat umgesetzt, meine Frau in Wirklich-
keit ergriffen und in die Höhe gerissen. Diese, dadurch wach gemacht, denkt natürlich
an einen Oberfall der Eingeborenen, ruft laut nach unseren Leuten und will sich befreien.
Doch je mehr sie sich wehrt, desto fester fasse ich zu und hebe sie mit Anstrengung qller
Kräfte bis an die Zeltdecke, als .plötzlich mit einem Krach das Feldbett zusammenbricht.
Jetzt war auch ich aufgewacht, und lärmend stürzen meine Leute, die ebenfalls an einen
Überfall denken, mit Waffen ins Zelt. Zu ihrem Erstaunen beleuchten sie uns, die wir
gerade unter den Trümmern des Bettes hervorkriechen.
Am Morgen, welcher wieder mit Regen anhub, hatten wir Muße, uns das Dörfchen
anzusehen Da aber über Hausbau und Einrichtung, Bekleidung und Schmuck der Floresen
schon manches durch Arbeiten von Roos,1) M. Weber,2) ten Kate*) u. a. aus benachbarten
Teilen der Insel bekannt ist, werden kurze Andeutungen von mir genügen. Die H ä u s e r (sao),
ruhend auf 8—10 niedrigen Pfeilern und von einem Erdrand umgeben, haben hohe, bald
gerade, bald seitlich stark durchgebogene Dächer (Taf. XX, Fig. 1). Unter dem überhängenden
Rande derselben erhebt sich die häufig nur wenig über dem Erdboden angebrachte
Vorgalerie (tenda), vor welcher meist noch eine lange niedrige Bank steht. Mit 3 —4 Stufen
steigt man auf einer breiten Leiter mit durchbohrten Holmen in das Haus, das aus 2 Räumen
besteht, dem vorderen zum Wohnen (tenda wawo) und dem hinteren zum Schlafen (oro
ndawa)'. Im ersten befindet sich der Herd (rapu api), ein durch 4 Balken zusammengehaltener
Erdhaufen mit 3 Steinen, im zweiten die Schlafstellen (nweki keta), meist Matten
aus Pandan oder Lontar, die vor allem im Küstengebiete verfertigt werden. Zur Aufbewahrung
von Vorräten dienen Recks an der Giebelwand und ein seitliches Abdach (nweki ruru),
sowie der schmale Anbau des Wohnraumes.
Die Bauart ist zwar in allem einfach, jedoch repräsentieren die Balkenverbindungen
bereits den höheren Stil. Wie auf Bima schiebt man nämlich die Wandhölzer und Balken
in Durchbohrungen der Pfeiler; Bambiisgeflecht aus breiten, plattgeklopften Streifen oder
Blockhaus-artig aufgeschichtete, dünne Stämme bilden die Umwandung.
Das Dach wird gewöhnlich mit Alanggras, gelegentlich Bambusschindeln, die Reisschober
mit den schwarzen, widerstandsfähigen Fasern der Arengpalme gedeckt, und den
First schmückt man in manchen Dörfern, z. B. Puu mere-wawo, mit zwei hohen, schopfartigen
Grasbüscheln. Da die Dörfer meist auf Anhöhen liegen, wird das von den Dächern
äblaufende Wasser gesammelt. Natürlich sieht es schmutzig und braun aus und riecht meist
nach Schweinen, die sich hier überall herumtreiben. 1
" So unappetitlich das Trinkwasser, so nachlässig auch die Zubereitung der Speisen.
Die Eingeborenen brieten sich gleich nach unserer Ankunft unter einem Regendach ein
Schwein, notdürftig ausgenommen, ungewaschen, mit Haut und Haar, indem sie es, gestützt
durch zwei untergeschobene Palmenblattstiele, direkt ins Feijer warfen. Mit einem Stück
Bambusholz schabten sie die schwarze, verbrannte Kruste ab, und ein entsetzlicher Gestank
verbreitete sich. Ohne viele Umstände zu machen, wurde das Tier dann in mehrere Teile
zerhauen bezw. zerrissen und verzehrt.
‘) Tijdschr. v. Ind. Taal-, Land- en Volkenk. 24 Batavia 1877.
*) „Ethnograph. Notizen üb. Flores u. Celebes“ im „Internat. Archiv f. Ethnogr.“ Bd. III, 1890.
s) Tijdschr. v. Nederl. Aardrijkskund. Genootsch. 2. Serie Deel XI. Batavia 1894.