Seitdem ist es anders geworden, das Gouvernement hat auf alle überschwenglichen
Ehrungen Verzicht geleistet. Auch die Zustände bei Hofe sind verändert. Der heutige
Sultan, ein Mann in den besten Jahren, spricht gut malayisch, residiert in großen an den
Giebeln mit Büffelschädel gezierten Holzbauten mit moderner Einrichtung und darf selbst
als ein europäisch angehauchter Herr gelten.
Der Civiel-Gezaghebber bat daher, als Vertreter der holländischen Oberhoheit und
Beamter des unter direkter Verwaltung der niederländisch-indischen Regierung stehenden
kleinen Gebietes rings um den Hafenplatz, bereits am ersten Tage meiner Ankunft um
eine Audienz für denselben Abend. Dieser erste Besuch verlief denn auch ohne besondere
. Form, und hinterher ging der Sultan mit zur Wohnung des Beamten, um noch gemütlich
bei einem Glase Portwein das Weitere zu besprechen.
Der hohe Herr machte für den nächsten Tag den Vorschlag einer Reittour, um mir
in den Dörfern die Töpferei und Weberei zu zeigen. Sultan und Kronprinz mit großem
Gefolge, einige niedere holländische Beamte, sowie meine Gattin und ich begaben uns der
Verabredung gemäß auf tüchtigen Pferden des Marstalles nach Raba-ngodu (raba = Umzäunung
aus Bambus, ngodu = Töpfe backen), ln diesem Orte betreibt man auf Bima
hauptsächlich die Töpferei . Die Ebene bedeckt hier überall ein Lehm, Absätze des Meeres,
der als Tonerde (däna ngodu) Verwendung findet. Er wird ohne Sandzusatz allein durch
Kneten plastisch (räde) gemacht und mit der Hand unter Zuhilfenahme eines Klopfspatens
(wunga kawiwi) und eines runden Steines (wadu ngodu) zum Gegenhalten, also auf dieselbe
einfache Art, wie schon von Lombok und Muna beschrieben (Bd. I, S. 88, 155), geformt
(kawiwi = entstehenlassen, herstellen). Mit Hilfe von Stäbchen stellt man an fertigen
Töpfen allerlei Ornamente her, erhabene Wülste in Bändern, Zacken, Diagonal- und andere
einfache Figuren oder schlägt mit einem gerieften Spatel vertiefte Muster ein. Manche
noch ungebrannte Gefäße (roa rarede) werden während des Brennens mit Reisspreu bestreut,
sodaß sie sich von der Asche schwarz färben.
Die Bimanesen verfertigen nun folgende Töpfereien, welche denen der Bugis und
Makassaren von Südwest-Celebes ähneln: Große bauchige Wasserkübel (mudja) fürs Haus,
Wassertraggefäße, teils g ro ß e '(ro a ntjuwu) mit halbkugeligem Boden wie bei Kochtöpfen,
teils kleine (panombo rapeta) mit einer Verjüngung nach unten, welch letztere meist schön
ornamentiert und gewöhnlich zum Gebrauch im Hause bestimmt sind; die kleinsten, von
ähnlicher Form aber mit breitem Boden, werden als Trinkflaschen (ngamo) benutzt. Unter
den Kochgefäßen lassen sich zwei Sorten unterscheiden, der gewöhnliche kugelige Topf
(„roa oha“, oha = gekochter Reis, mal.: näsi) mit Hals und kleinem Deckel (lengge) und der
kesselförmige mit voller Öffnung (tabe fiko) und mit Ohren (fiko), sowie besonders weite
mit Deckel (bonto) für die Bereitung von Gemüsen oder zum Braten. Kleine halbkugelige
Schalen („katowa tjedo“, tjedo = Schöpflöffel) und große Töpfe (katowa nae) dienen
zum Waschen von Fisch etc. Auch das Eßgeschirr besteht aus Ton, wie die becherförmigen
mit Fuß versehenen Eßschalen (karäku) und der flache, einem Blumentopfuntersatz-
ähnliche, kleine Teller („karäku toi“, toi = klein) für Gemüse. Schließlich seien noch ein dem
javanischen ähnliches Räuchergefäß (padupa), eine Schale mit durchlöchertem Deckel und
ein Tonherd, lediglich ein ganz flaches, deckelartiges Becken (sarahe) erwähnt, welches mit
Erde gefüllt zum Tragen der Kochsteine und zur Aufnahme der brennenden Holzkohlen dient.
Im Schwesterdorfe Raba-dompo (dompo = abschneiden) betreibt man mehr noch
die We b e r e i (muna = weben, päso-kun H das Schiffchen hin und her schieben), welche
jedoch auf die gewöhnliche Art, genau wie auf Java und Celebes ausgeführt wird.
1 85 -
Die Bimanesinnen weben mit großer Sorgfalt. Das vom Wickler (lengiri) kommende
Garn (kapa) wird auf einem schweren Holzgestell (nane) mit mehreren Zapfen zur Abteilung
in die notwendigen Längen gebracht und alle Fäden
beim Aufziehen der Kette auf den Webstuhl sorgfältig vermittels
einer Leiter bezw. Kamm (ntau = zusammenfassen)
sortiert. Die Gewebe tragen wie das Umschlagtuch, der
Slendang für Frauen (salamba, auch salampe), das Hüfttuch
der Frauen („temba kala“, kala — rot) und .Männer (..tembe
seri-keta“, keta -Iprot und blau), die Kopftücher für Männer
(simbolo, kale) hell- und dunkel bis braunrote Farben, während
das Gürteltuch der Männer (salampe lenta) und die Hosen
(däko) beider Geschlechter ungefärbt bleiben. Sie alle werden « £ £
auch wohl für Feste der Vornehmen mit Silber- und Golddraht
durchwirkt in ähnlicher Weise wie bei Bugis und Makassaren, meist in quadratischen
Feldern, mit vierteiligen Sternen, selbst mit gefiederten Strahlen, Zacken und anderen Mustern.
Ferner erhalten die Kopftücher noch eine Bestickung mit Silberfäden in Sternen, Blumen und
Ranken, die fetzten ähnlich dem Naga-Ornament. Sultan und Fürsten tragen bei Hofe
eine Menge der schönsten Gewänder und die Frauen eine interessante, in gleicher Weise
bestickte, dünne gazeartige und daher durchsichtige Jacke und Slendang, wie es scheint,
aus importierten Stoffen.
Besonderen Wert legen die Bimanesen auf die schöne und dauerhafte Ausführung
aller zur Weberei nötigen Gegenstände, wie des Webstuhles (muna), Rückenstützholzes
(dapu) für die Weberin, vor allem kräftiger hölzerner Pfeiler (tandii muna), die auf Java
meist aus Bambus bestehen, des oberhalb befindlichen Wickelholzes (dapu, auch Rahmen)
für den Stoff und des unteren (tampe, auch tambe = aufnehmen) für Garn, des Spanners
(sadike), an dem das Tuch durch Nadeln festgesteckt und glatt gehalten wird. Die langen Lagenteiler
(koro) aus Bambus zum Auseinanderhalten der beiden Fäden und die Webschiffchen
(tropo) tragen wie auf Lombok (Bd. I, Fig. 1, 49, tropong) und West-Sumbawa (Fig. 83)
schöne Ornamente, wie Kokospalmen, Zacken und Rankenmuster. Das lange, glattpolierte
Webholz (lira, jav.: walira, die Weberspule) zum Festklopfen des Fadens legt man gern auf
ein Ruhegestell (njanta oder „sadanta lira), das nicht selten die Gestalt eines Vogels hat. Ein
solches vom Orte Soa an der Westseite der Bima-Bai (Fig. 79) soll nach Aussage der Leute
einen Reiher (bango, mal.: bangaü) darstellen, der auf einer Schildkröte (penju) steht. Das
Vogelornament erfreut sich in Bima einer besonderen Beliebtheit, u. a. bei Reismessern
(Fig. 80), welche man außerdem noch mit den gewöhnlichen geometrischen Mustern aus
der Serie der Quadrate und Kreisfiguren schmückt.
Nachdem in Raba noch einige anthropologische Aufnahmen gemacht waren — die
Frauen photographierte meine Gattin, die Männer ich — begann ein Wet t rei t en mit dem
Endziel: Sultanshof. Den 6 km langen Weg ging es in gestrecktem Galopp, der Sultan auf
seinem prächtigen Pferde anfangs immer voran, doch meine Frau, ebenfalls auf einem guten
Tier, überholte ihn mehrfach. Die anderen blieben bald hinten, und der Sultan arbeitete
beim letzten Stück mit Händen und Füßen. Die uns entgegenkommenden Leute stürzten
erschreckt von dannen; in brausender Eile stürmten wir über die grasbewachsene Ebene,
und meine Gattin schoß als erste durch das Tor, dann der Sultan und ich trotz meines
Körpergewichtes als dritter, auf einem kleinen, aber feurigen Pferde. Der hohe Herr
konnte sich nicht genug darüber wundern, von einer Frau geschlagen zu sein, auch die Fürstin