Bekanntlich hat nun
Kenne! (1.888) für. Peripatus edwardsi eine etwas abweichende
Darstellung von der Gliederung des Cöloms gegeben.
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Fig. XVI. Schematischer Transversalschnitt durch den Embryo von
Peripatus capensis nach der Darstellung von Sedgwick (1887, pl. 35,
Fig. 20). usd = i dorsaler Teil des Ursegments („dorsal part“ nach
Sedgwick, „dorsomedianer Teil“ nach Korschelt und Heider 1892;),
usl =■ lateraler Teil des Ursegments („ventral or appendicular part“
nach Sedgwick). In dem abgebildeten Schnitt gehören links die beiden
bezeichneten Teile nicht demselben Cölomsäckchen an, indem usl
dem Ursegment des zweiten Segments, usd dagegen dem sich dorsal
weiter nach vorn erstreckenden und daher bereits angeschnittenen
Ursegment des dritten Segments zugehört.
Man hat diesem Autor zufolge nicht zwei,
sondern drei verschiedene Abschnitte auseinander
zu halten, einen „äusseren-lateralen
Teil“, einen „medianen Teil“ und
einen später durch eine Falte sich äb-
grenzenden mittleren ventralen Teil. Die
Wand des erstgenannten Teils (Fig. XVII
usl2) liefert namentlich die Muskulatur
für die-Extremität, der zweite Teil (usd)
gelangt an die Rückenfläche des Tiers
und sein Cölom wird zum GenitalcÖlom,
während der dritte Teil (usl1) in Gestalt
des Trichters des Nephridialkanals sich
dauernd erhält.
Der Unterschied, welcher auf Grund
dieser-Darstellung v. Kennels im Vergleich
zu derjenigen von Sedgwick sich ergiebt,
dürfte, wenigstens für den hier interessierenden
Gegenstand, kein sehr erheb-,
licher sein. Die beistehendenschematischen
Abbildungen lassen leicht erkennen,
dass der durch v. Kennel als Trichterteil
beschriebene (Fig. XVII usl1)
Ursegmentabschnitt nur einem
durch eine Falte etwas stärker
abgegrenzten Bezirke des von Sedgwick
beschriebenen lateralen Ur-
segmentraums entspricht, welcher
seinerseits bei dem afrikanischen
Peripatus gleichfalls dasNephridium
liefert. Es ist demnach nicht schwer,
die drei Ursegmentabschnitte des
Peripatus edwardsi. auf die zwei
Cölomabschnitte des Peripattis capensis
zurückzuführen-.
Zieht man jetzt zum Vergleich
auch Scolopendra wieder hinzu, so ist es ohne weiteres klar, dass die drei von mir bei diesem
Myriopoden beschriebenen Cölomabschnitte keineswegs den drei Ürsegmentabschnitten von
Peripatus edwardsi homolog sein können, sondern dass.gerade wie bei Peripatus capensis nur
zwei Cölomabschnitte des Scolopenders als Vergleichsobjekte dienen können.
Aus der Lagerung der betreffenden Teile geht nämlich hervor, dass der dorsale Ursegmentteil
von Scolopendra verglichen werden muss mit dem „medianen“ Ursegmentteil von
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Fig. XVII. Schematischer Transversalschnitt durch den Embryo von P eripatus
edwardsi nach der Darstellung von Kennels (1888, Taf. 6, Fig. 65).
usd = dorsaler Teil des Ursegments („medianer Teil“ , nach v. Kennel,
„dorsomedianer Teil“ , nach Korschelt und Heider 1892), usl = lateraler Teil
des Ursegments, (usl1 = „mittlerer ventraler Teil“ oder „Trichterteil“ nach
v. Kennel, usl2 = „äusserer lateraler Teil“ nach v. Kennel).
Peripatus edwardsi (Fig. XVII usd), während der laterale Ursegmentteil von Scolopendra
der Summe der beiden übrigen Cölomabschnitte bei der amerikanischen Peripatusform homolog
ist. Man kann die Sache'selbstverständlich auch so• darstellen, dass der laterale Ursegmentteil
von Scolopendra allein dem „äusseren lateralen“ Teil von Peripatus edwardsi • entspricht,
und dass demnach der Trichterteil bei Scolopèndra als solcher überhaupt nicht existiert. Dies
läuft im Grunde aber auf dasselbe hinaus.
Der Schwerpunkt des Vergleiches, auf den ich durch diese notwendigerweise leider etwas
umständliche Erörterung, Gewicht legen möchte, beruht vielmehr darin, dass bei Scolopendra
überhaupt nur zwei Cölomabschnitte, der dorsale und laterale, mit den bei Peripatus capensis
und edwardsi beschriebenen Ürsegmentabschnitten in Parallele gestellt werden können. F ü r
d en b e i S c o lo p e n d r a a u s s e rd em n o c h v o rh a n d e n e n C ö lo m a b s c h n i tt , den vent
r a l e n A b s c h n itt, f e h lt d a g e g e n n a ch d en b is h e r ig e n A n g a b e n be i d en b e id e n
u n t e r s u c h t e n P e r i p a t u s a r t e n , m ö g lic h e rw e is e a b e r b e i s äm tlic h e n On ycho-
p h ö re n , e in Ä q u iv a le n t g ä n ^ i c h 1).
Hiermit ergiebt sich das interessante Resultat, dass die Gliederung der Cölomsäckchen
bei Scolopendra eine reicherè oder doch wenigstens die Ausdehnung derselben eine vollkommenere
ist, alà selbst bei Peripatus.
Man würde irren, wenn man meinte, dass Scolopendra infolge der soeben besprochenen
vollständigeren Ausbildung des Cöloms etwa bereits eine höhere und kompliziertere Entwicklungsstufe
im Vergleich zu den Onychophoren einnehme. Das Gegenteil ist richtig. Der ventrale
Cölomabschnitt des Scolopenders, welcher bei den Peripatusarten vermisst, wird, stellt gewisser-
massen das ergänzende Gegenstück zu dem dorsalen Cölomabschnitt dar. Beide zweigen sich
von dem weiten primären, lateral verbleibenden Abschnitt ab und wachsen nach der dorsalen
und ventralen Medianlinie hin, wo sie mit den entsprechenden Ürsegmentabschnitten der gegenüber
hegenden Körperseite zusammenstossen. Hiermit kommt es bei Scolopendra also gewisser-
massen noch zu einer vollständigen Umwachsung des Darmrohres durch Cölomteile, welche
dorsal wie ventral sich aneinander legen und in der Medianlinie die beiden wichtigsten Haupt-
gefässe, das Vis dorsale und Vas ventrale• zwischen sich fassen.
Das beschriebene Verhalten - erinnert jedenfalls ungemein an die bekannte Organisation
des Annelidenkörpers. Freilich beschränkt sich bei Scolopendra die Annäherung an die
Anneliden nur auf den charakteristischen Wachstumsprozess der Mesoderm teile selbst, während
das eigentliche Cölom in den letzteren schon etwas früher wieder obliteriert ist. Hiermit erklärt
es sich auch, dass bei Scolopendra, abgesehen von den Genitalsegmenten, der Darm
nicht mehr wie bei den Ringelwürmern von der sekundären Leibeshöhle umfasst werden kann.
Bei Peripatus ist hingegen die Ähnlichkeit mit den Anneliden in der in Rede stehenden
Hinsicht auf einen geringeren Grad herabgesunken. Mit der Rückbildung (oder dem gänzlichen
Schwunde) des für Anneliden und Chilopoden charakteristischen Vas ventrale ist bei
Peripatus auch der ventrale Abschnitt der Ursegmente verloren gegangen, und es wird eine
Umwachsung des Darms durch Colomteilé in ventraler Richtung, soviel ich wenigstens aus
den bis jetzt vorliegenden Beschreibungen ersehen kann, vermisst.
1) Auf den sehr unklaren Abbildungen von Sedgwick (1887) ist allerdings vielleicht die Andeutung eines ventralen
Ursegmentabsclinitts an Fig. 20 links zu sehen. An der rechten Seite der Figur lässt aber das in Umrissen angegebene
Cölom nichts dergleichen erkennen.