wie bereits hervorgehoben wurde, beteiligt sich ja gerade die mediane Partie nicht an der
Bildung des eigentlichen Mesoderms. Allerdings sind auch längs der Mittellinie einige wenige
Zellen von der oberflächlichen Schicht abgespalten worden, doch ist die Einwanderung der
letzteren Zellen schon etwas früher erfolgt, als die Bildung der eigentlichen Mesodermstreifen.
Die in Rede stehenden einzelnen median befindlichen Zellen gehören zweifellos nicht dem
Mesoblast an, sondern dem noch undifferenzierten Entoderm und Mesenchym, welches, wie
oben dargelegt wurde, sich von der ganzen Eioberfläche, namentlich aber in der näheren
Umgebung der Keimstelle abgespalten hat. Die in der Medianlinie der Embryonalanlage zwischen
den Mesodermstreifen gelegenen Zellen scheinen, soviel ich ermitteln konnte, späterhin hauptsächlich
zu Mesenchymzellen (Blutzellen) zu werden.
Ebenso wie zwischen den beiden Mesodermstreifen vereinzelte Mesenchym- (und Ento-
derm-)Zellen Vorkommen, so darf es natürlich nicht überraschen, wenn man auch unterhalb
(proximal) von den Mesodermstreifen derartige Elemente antrifft. Dieselben sind etwas früher
als die Mesodermzellen von der Oberfläche abgetrennt worden, unterscheiden sich aber von
den letzteren in histologischer Hinsicht zunächst noch nicht, höchstens macht sich ein gewisses
Charakteristikum in der Weise geltend, dass die Entodermzellen sehr bald eine abgeplattete
Form annehmen und sich der Dotteroberfläche anschmiegen, während die Mesodermzellen noch
ihre rundliche Form beibehalten.
Fasst man speziell die Region der Keimstelle ins Auge, so lassen sich selbstverständlich
auch dort einige abgeplattete Entodermzellen beobachten, indessen gestaltet sich die Hauptmasse
des Cumulus primitivus nicht zu Entoderm um. Dies geht namentlich daraus hervor,
dass die von der Kcimstelle eingewanderten Zellen sich nicht allseitig gleichmässig verteilen,
sondern dass sie, wie bereits erwähnt wurde, einen ausgesprochenen Wanderungstrieb in der
Richtung nach vorn erkennen lassen. Sie bilden anfangs hierbei den oben beschriebenen kielförmigen
Vorsprung (Fig. 34) und nehmen schliesslich an der Bildung der Mesodermstreifen Anteil.
Uber die mutmassliche Bedeutung dieser nach vorn wandernden Zellen des Cumulus primitivus
als Genitalzellen werde ich mich unten aussprechen. Die weitere Ausbildung der Keimblätter,
namentlich die später auch in histologischer Hinsicht erfolgende scharfe Differenzierung derselben,
soll in dem Abschnitt über die Entwicklung des Mesoderms behandelt werden.
B. Über die Entstehung der Keimblätter bei Myriopoden und Insekten.
Die Furchung des Eies von Scol. dalm. und cing. bietet verhältnismässig wenig neues dar,
sie zeigt sich im allgemeinen als ein getreues Bild derjenigen Vorgänge, welche schon durch
Z o g raf (1883) an Geophilusferrugineus undproximus beobachtet und genau beschrieben wurden.1
1 Das Verständnis der russisch gieschriebenen Arbeit von Z o g ra f ist mir wesentlich durch die vom Autor gegebenen
klaren Abbildungen erleichtert worden. Ausser der vorläufigen Mitteilung (1882) desselben konnte ich noch das im Jahresbericht
der zoologischen Station in Neapel für 1883 enthaltene Referat über die ausführliche Arbeit benutzen, sowie auch
die im Lehrbuch von K o r s e h e i t und H e id er (1892) auf Grund der Z o g ra f’sehen Befunde gegebene Beschreibung der
Geopliilusentwicklung für meine Zwecke verwenden. Sollte es mir trotz meiner Bemühungen nicht gelungen sein, in historischer
Hinsicht der ausgezeichneten Abhandlung des russischen Forschers in jedem Punkte vollkommen gerecht zu werden, so findet
dies lediglich seinen Grund in sprachlichen Schwierigkeiten, und ich hoffe deshalb wohl erforderlichenfalls auf nachsichtige
Beurteilung rechnen zu können.
Bei Geophilus handelt es sich gerade wie bei Scolopendra um ein Mittelding zwischen
einer totalen Furchung und einer sog. superfiziellen Furchung, welche letztere für die meisten
Insekteneier als typisch angesehen werden kann, und neuerdings von L é c a illo n (1898) ganz
treffend als Segmentation intravitelline bezeichnet wurde.
Das charakteristische Merkmal der Furchung bei den genannten Chilopoden besteht darin,
dass die ersten Furchungskerne im Innern des Eies inmitten der ungeteilten Dottermasse sich
vermehren. Da diese Furchungskerne bereits mit einem eigenen Plasmahof umgeben sind, so
kann man mit Recht von Furchungszellen sprechen, die im Innern des Nährsubstrates, also
intravitellin, gerade wie bei den Insekteneiern, sich vorfinden.
Während aber bei den Insekteneiern die Zellterritorien in der Regel zuerst an der Peripherie
bei der Ausbildung derBlastodermschicht abgegrenzt zu werden pflegen („superficielle Furchung“),
so erfolgt bei Geophilus und Scolopendra schon geraume Zeit vor der Blastodermbildung eine
Zerklüftung des Nahrungsdotters. Dieselbe vollzieht sich mittelst Segmentation des Dotters
in eine ganze Anzahl von Dotterpyramiden und täuscht eine totale Furchung vor. Thatsächlich
wird auch fast die ganze Dottermasse in dieser Weise abgefurcht, doch gehen im Centrum
des Eies die Dottersegmente noch alle in] eine ungefurcht bleibende Dottersubstanz über, ein
Umstand, der es eben unmöglich macht, hier von einer wirklichen totalen Furchung zu sprechen.
Die Zellindividualität der einzelnen Dotterpyramiden wird man jedenfalls schematisch
annehmen können. Man hat eine jede Pyramide als eine mit Dotter vollgepfropfte und daher
sehr stark vergrösserte Furchungszelle aufzufassen, obwohl der zugehörige Zellkern gerade
in dem ungefurchten Teil des Dotters sich befindet, und obwohl auch nach der Blastodermbildung
durch das Eindringen von kleinen Embryonalzellen in die Substanz der Dotterpyramiden
der Zellcharakter der letzteren nur unvollkommen gewahrt wird.
Die weiteren Vorgänge, namentlich das Aufsteigen der Furchungszellen (Intercalarzellen)
zwischen den Dotterpyramiden hindurch zur Oberfläche des Eies, sowie die Bildung des Blastoderms
sind ebenfalls bereits für Geophilus geschildert worden. Nur hinsichtlich der Differenzierung
der Keimblätter glaube ich manches Neue bieten zu können, da durch die Beschreibung
von Z o g raf (1883) infolge der damaligen technischen Schwierigkeiten diese Frage noch nicht
erschöpfend behandelt ist. In manchen Punkten- z. B. hinsichtlich der Entstehung des Mesoderms,
an dessen Bildung bei Geophilus Dotterzellen sich beteiligen sollen, bin ich auch zu
einer abweichenden Auffassung gelangt.
Die Differenzierung der Keimblätter vollzieht sich bei Scolopendra in einer recht komplizierten
Weise. Man kann im ganzen drei verschiedene Vorgänge unterscheiden, durch
welche die Sonderung der inneren Embryonalschichten von der oberflächlichen zum Ektoderm
werdenden Zellenlage vor sich geht. Die betreffenden Verhältnisse sind* im vorhergehenden
Abschnitt bereits im einzelnen besprochen, ich rekapituliere hier daher nur das Wichtigste.
1. Die in tr a v i te ll in e S o n d e ru n g . Als solche bezeichne ich die Absonderung der
central verbleibenden Furchungszellen von den übrigen Furchungszellen, welche aus den centralen
Partien des Eidotters zur Oberfläche emporsteigen. Es ist dies die früheste Differenzierung
der Embryonalzellen, welche an dem sich entwickelnden Ei bemerkbar wird und noch im
Innern desselben in der Nähe des Centrums vor sich geht.
Das Resultat ist die Bildung von zwei Zellensorten, indem alsdann zu unterscheiden sind,
einmal die centralen Furchungszellen (Dotterpyramiden) und zweitens die oben als Intercalar