sein, weil sehr ähnliche Gebilde auch bei Insektenembryonen nachgewiesen wurden. Zunächst
sind bei Stenobothrus eigenartige grosse Zellen beschrieben worden, die beim Embryo hinter
dem Ösophagus gelegen sind. Hierauf hat namentlich W h e e le r (1893) die Aufmerksamkeit
auf eine eigentümliche, von ihm als Suboesophagealkörper beschriebene Gewebspartie bei
Xiphidiumembryonen gelenkt. Ein entsprechender Suboesophagealkörper ist auch von mir
(1895a) bei einer Anzahl verschiedener Insektenembryonen gefunden und gleichzeitig sein paariger
Ursprung aus dem Mesoderm des Intercalarsegments festgestellt worden. Ich habe ferner bei dieser
Gelegenheit bereits auf die Natur des Suboesophagealkörpers als lymphoides Organ hingewiesen.
E s k a n n k e in em Zw e ife l u n te r lie g e n , d a s s d e r p a a r ig e L ym p h k ö rp e r von
S c o lo p e n d r a h om o lo g i s t dem S u b o e s o p h a g e a lk ö r p e r d e r In s e k te n . Die gleiche
Lage, der übereinstimmende Ursprung dieser Teile und die gleiche Beschaffenheit ihrer Zellen
sprechen hierfür. Überdies ist auch der weitere Entwicklungsverlauf ein ganz ähnlicher. In
beiden Fällen sowohl bei Scolopendra wie bei den Insekten handelt es sich um embryonale Organe,
deren Zellen nach ihrer Trennung voneinander wahrscheinlich die Charaktere von Lymphzellen
einbüssen, so,- dass damit die besprochenen Organe wieder verschwinden. Wenn ich den
paarigen Lymphkörper von Scolopendra nicht ebenfalls a ls,,Suboesophagealkörper“ bezeichne, so
geschieht es, weil er nicht wie bei manchen Insekten unter (ventral von) dem Ösophagus, sondern
neben (lateral von) demselben gelegen ist, und weil ich ferner seine- Nachbarschaft mit dem
Ösophagus überhaupt nur als eine nebensächliche und mehr zufällige Eigenschaft ansehen kann.
Bei Scolopendra treten nach dem Schwunde des embryonalen im Kopf gelegenen Lymph-
körpers in der Rumpfregion die lateral gelegenen Lymphstränge hervor, die voraussichtlich
dazu bestimmt sind, den Lymphkörper physiologisch zu ersetzen. Die Struktur der Zellen der
Lymphstränge stimmt genau mit derjenigen des embryonalen Lymphkörpers überein, so dass
man hiernach wohl jedenfalls auf eine gemeinsame Funktion beider Teil§; schliessen kann.
Durch Injektionsversuche am lebenden Tier ist von Kowalewsky (1892) und neuerdings
namentlich durch die ausgezeichneten Untersuchungen von Dusboscq (1898) festgestellt worden,
dass die Lymphstränge des Scolopenders (filaments [tubes] acides, cellules ä ccirminate) eine
saure Reaktion besitzen, dass sie durch karminsaures Ammon rot gefärbt werden und dass sie
demnach genau so funktionieren wie die Nephridien der Anneliden.
Im Hinblick auf dieses Verhalten scheint es mir nun nicht ohne Bedeutung zu sein, dass,
auch in morphologischer Hinsicht, d ie L ym p h s tr ä n g e g e r a d e von d e n s e lb e n U rseg -
m e n tte ile n h e r z u le ite n sin d , au s d e n e n b e i Peripatus capensis u n d edwardsi die N ep h r
id ie n h e rv o rg e h e n . Bei den Onychophoren wird, wie schon oben erwähnt wurde, der
laterale Ursegmentteil einmal zur Bildung der Extremitätenmuskulatur verwendet (pedaler Teil
s. str.) und zweitens geht aus ihm auch noch das Nephridium oder doch wenigstens der Neph-
ridialtrichter hervor (Nephridialteil s. str. Fig. XVII usl1).
Da n u n die L ym p h s tr ä n g e d e s S c o lo p e n d e r s , w e lch e p h y s io lo g is c h mit
den N e p h r id ie n d e r W ü rm e r ü b e re in stim m en , ih r e r s e i ts g le ic h f a lls a u s den
la t e r a l e n U r s e gm e n tte ile n h e rv o rg e h e n , so e rg ie b t s ic h h ie rm it also auch e in e
b em e r k e n sw e r te o n to g e n e tis c h e Ü b e r e in s tim m u n g zw isc h e n L ym p h s tr ä n g e n
u n d N e p h r id ie n , d ie es wohl g e s t a t t e t , d ie e r s t e r e n th a t s ä c h l i c h a ls ru d im e n t
ä r e S e gm e n ta lo rg a n e zu d e u te n . Freilich haben die excretorisehen Lymphstränge des
Scolopenders mit dem Schwinden des segmentierten Cöloms auch ihre segmentale Anordnung
verloren, so dass sie wie bemerkt, die Vasa Malpighi der ganzen Länge nach begleiten.
mm I , mmmmm ^ uaiur gewonnen zu sein,
w.e man sich die Rückbildung bezw. den Verlust der Nephridien bei den Tracheaten vorzu-
.stellen hat. Dieselben sind zweifellos nicht plötzlich verloren gegangen, sondern sie mögen
sich zunächst -als excretonsche Zellenstränge erhalten haben, die zwar ihre äussere Verbindung
mit der |jrperoberfläche einbüssten, die aber hierbei doch noch ihre Funktion im wesentlichen
bewahrten, und wie das Beispiel von .Scolopendra, zeigt, auch noch lateral an der gleichen
Stelle im Körper sich erhalten haben, an der die Segmentalorgane gelegen waren.
ei den im « g le ic h zu den Chilopodengfchon viel höher organisierten Insekten ist demgegenüber
eine Modifikation zu konstatieren. Bei ihnen sind laterale Lymphstränge in der
für Scolopendra charakteristischen Gfäfjilt und Anordnung bisher wenigstens noch nicht aufgefunden
worden. Ein Ersatz in physiologischer Hinsicht wird bei den Insekten durch Zellen
o d « , Zellenstrange geliefert, welche nicht mehr lateral liegen, I n d e rn die sich vorzugsweise
■ h H B H d<?s Herzens vorfinden. Unter ihnen sind in erster Linie die Peri-
kardialzellgn-zu nennen, welche bei den Insekten zum lymphoiden Gewebe gehören, während
sie bggpcolopendni noch fast ganz äen Charakter ;gewöhnlicher gfe ttk JlL ze llen besitzen. Es
ist angesichts, dieser m h ältn is se nicht unwahrscheinlich, dass überhaupt das ganze Fettkörper-
geweb^ ciau i^U ^ i'''d e n ursprünglich eineÄeretorische Bedeutung gehabt hat.
Zum Schlugl n S h einige Worte über die Morphologie defe primären im Kopf gelegenen
Lymphkörpers (SuboesophagealkorpdfS) der Myriopoden (Scolcfendra) und Insekten (Thysa-
nuren Orthopteren u. a.). Ich habe schon oben, gesägt, dass dieser Lymphkörper mit den im
umpfe gelegenen I .ymphslrängen zu vergleichen ist, und wenn diese von den Nephridien
wurmartiger Tiere Jierzuleiten sind, s | muss letzter® natürlich auch für jenen gelten.
Da der Lymphkö||er; namentlich durch seine Lage in der Nähe des Vorderendes und
durch seine frühzeitigere Entwicklung sich von den Lymphsträngen unterscheidet, so ist es
v ieMdit nicht ganäjjjch au s^ ch lo ssen ! : :|asS in ihm die modificierten Reste einer Art von Ur-
mere oder primären Kopfniere zu Tage treten. Gerade wig eine solche besitzt auch defj
Lymphkörper yön Scjfcpendra nur eine provisorische jejifeutung, um Ägäter durch die weiter
hinten in den Rumpfsegmenten gelegenen definitiven lymphoiden (excretorischen) Gewebe ersetzt
zu werden. Näher dürfte aber wohl, ein'Vergleich des; Lymphkö*§ers mit definitiven
Nephridien liegen.
^ ^ Es scheint mir jedenfalls bemerkenswert zu sein, dass die Bildung des erwähnten
eephalen Lymphkörpers im Bereiche des Intercalarsegments von statten geht, wie dies für
Insektenembryonen erwg|en ist und im gross& und ganzen auch iliftriie Embryonen von
Scolopendra zutrifft. S h werde unten auseinandersetzen, dass das Intercalarsegment der genannten
Tracheaten homolog ist dem 2 . Antennensegment de^Crustaceen. Da n u n das
2. A n te n n e n s e gm e n t d e r K r e b s e d ie g l e i c h f a l ls a u f N e p h r id ie n z u rü c k fü h r e n d
en A n t e n n e n d r ü s e n a ls d tx k r e t io n s o r g a n e / e n th ä lt , so e r g i e b t s ic h e in V e rr
g le ic h zw is c h e n dem e e p h a le n L y m p h k ö r p e r d e r M y r io p o d e n u n d I n s e k te n
m it d e r A n t e n n e n d r ü s e (g rü n en D rü s e ) d e r C r a s ta c e e n . Zu Gunsten desselben
kommt ausser der gleichen Lage beider Organe auch noch der Umstand in Betracht, dass
bekanntlich auch bei vielen Krebstieren die Antennendrüse lediglich noch eine provisorische
Bedeutung bei jj^.Naupliuslarye.. besitzt und später durch ein weiter hinten gelegenes Exkretionsorgan
(Schalendrüse) ersetzt wird.
Zoologien. Heft 83. .