Umlagerung der Kerne und die dadurch bedingte Mehrschichtigkeit der Augenwand erkennbar.
Deutlich zeigt sich die Mehrschichtigkeit namentlich am Grunde der Augenanlage d. h.
am proximalen Ende derselben. Die Zellen bilden hier einen Zapfen (optp), der in proximaler
Richtung bereits über die Basalmembran des Ektoderms hinüberreicht. In dem betreffenden
Zapfen ist die Anlage des Nervus opticus zu erblicken.
Die Entstehung der Nervi optici ist bei Scolopendra ziemlich schwer zu verfolgen. So
viel ich feststellen konnte halte ich es für wahrscheinlich, dass die Anlage derselben nicht
vom Gehirn, sondern vom Auge a l l stattfindet und yon diesem aus durch ein centripetales
Wachstum sich vollzieht. In den frühesten Stadien, in denen-die Augenanlagen innerhalb des?
Ektoderms eben sichtbar werden, sind letztere von den unterhalb (proximal) befindlichen Zellen
des Ganglion opticum noch deutlich durch die Basalmembran getrennt. Während dieser^ eit
findet noch die Einwucherung neuer Ganglienzellen statt, die von der Oberfläche aus, ungefähr
in der Richtung wie der Pfeil in Fig. 64 zeigt, in das Innere diingen und zur Ver-
grösserung des Ganglion opticum dienen. In etwas späteren Stadien habe ich dann beobachtet,
dass das proximale Ende der Augenanlage, wie Fig. 64 (optp) zeigt, sich über die Basalmembran
hinaus erstreckt und hierdurch in Kontakt mit den Ganglienzellen gekommen ist. Durch
Weiterwachsen des Ocellus in die Tiefe ist also vermutlich die Verbindung zwischen dieie®
und den Zellen des Ganglion opticum hergestellt worden. Aus dem Gesagten ergiebt sich,
dass die Nervi optici anfangs nur äusserst kurze Verbindungsbrücken sind und sie eigentlich
nur den Vereinigungsstellen zwischen Hirn und Ssellen entsprechen. Die später ansehnliche
Länge dieser Nerven (Fig. XXIV n. opt) erklärt sich durch Streckung und Dehnung derselben,
welche bei dem weiteren Wachstum des Körpers naturgemäss eintreten mussim ;
Hat der Embryo die Embryonalcuticula und Schale abgeworfen, so erscheinen in den
basalen Teilen der Retinazellen die ersten spärlichen Pigmentkörnchen. Die Augenanlagen
werden jetzt auch ohne Zuhilfenahme der Schnittmethode äusserlich erkennbar (F ig * |l).
Auch ist inzwischen von den lentigenen Zellen, welche sich vorübergehend über dem Auge)
zusammengeschlossen hatten, eine zarte Cuticula abgesondert worden, die in unmittelbarem
Zusammenhänge mit der übrigen Körpercuticula steht und noch nicht linsenarti^i:verdickt ist.
In diesem Zustande befinden sich ungefähr noch die Augen im Fetusstadium des Ssplopenders.
Das Retinapigment ist nunmehr bereits so reichlich vorhanden, dass'fchon bei makroifopischer
Betrachtung die Augen als kleine an der Seite des Kopfes gelegene braune Flecken sich ohne
weiteres von dem weissen Körper deutlich abheben (Fig. 31). Das Cutispigmentand die Linse
fehlen noch. Die Sehstäbchen sind zarte Fortsätze, über deren feineren Bau ich infolge ihrer
hinfälligen Beschaffenheit in diesem Stadium nichts bestimmtes auszusagen vermag. Das Nichtvorhandensein
des lichtbrechenden Apparats und die immerhin noch unvollständige Versorgung
des Auges mit Pigment machen es wahrscheinlich, dass beim Fetus die Augen höchstens nur
erst ganz unvollkommen funktionieren können. Bei dem unterirdischen Aufenthalte der jungen
Tierchen, die in diesem Stadium noch von ihrer Mutter beschützt werden, ist ein Gebrauch
der Sehwerkzeuge natürlich auch noch überflüssig.
Die weitere Differenzierung der Augen gehört bei Scolopendra erst der postfetalen Zelt
•an. Wenn ich in Folgendem noch auf eine Schilderung des Auges in späteren Stadien, wie
man es beim freilebenden Scolöpender antrifft, eingehe, so geschieht, dies namentlich der Vollständigkeit
wegen und ferner weil ich glaube die früheren Beschreibungen auch noch durch
einige Details ergänzen zu können. Zur Erläuterung mag Fig. 67 dienen, die nach einer Anzahl
verschiedener Schnitte zusammengestellt ist.
Bei Betrachtung des fertigen Auges fällt zunächst die relative Grösse der Linse auf,
welche übrigens lediglich durch eine in proximaler Richtung erfolgte Verdickung der Cuticula
zustande kommt. Die Linse springt infolge dessen nach dem Augeninnern halbkugelig vor,
während sie distal nur unerheblich über das Körperniveau emporragt. Bei den nicht genau
kreisförmigen sondern mehr länglich geformten hinteren Ocellen besitzt die Linse die grösste
Dicke an ihrem vorderen Rande, dort wo sie den grössten Breitendurchmesser aufweist.
Es ist leicht zu konstatieren, dass die Linse nur die unmittelbare Fortsetzung der Körpercuticula
darstellt, jedoch erleiden die beiden äussersten Schichten derselben eine gewisse
Modifikation. Die äusserste Cuticularschicht wird zu einem sehr feinen Häutchen, an welchem
die charakteristischen Vorsprünge nicht mehr erkennbar sind. Die zweite braun gefärbte
Cuticularschicht hört mit einem schief abgestutzten dunkler gefärbten Rande im Umkreise der
Linse scheinbar auf. In Wirklichkeit setzt aber auch sie sich in die Linsensubstanz fort, nur
wird sie dabei zu einer glashellen homogenen Schicht, die mit Hämatoxylin leicht zu färben
ist. Die Hauptmasse der Linse besteht aus der innersten Cuticularschicht und wird wie diese
letztere von zahlreichen übereinander geschichteten Lamellen aufgebaut. Porenkanälchen sind
an der Linse nicht wahrzunehmen, doch konnte ich an macerierten Linsen sowie an solchen,
die bei der Häutung abgeworfen waren, eine feine radiäre Streifung erkennen, die an der
proximalen Seite in ein hexagonales Maschenwerk übergeht. Die Linse wird somit von zahlreichen
sechsseitigen Prismen zusammengesetzt, deren jedes das Produkt einer lentigenen Zelle
(Glaskörperzelle) ist.
Proximal von der Linse trifft man eine Zellenschicht an, welche nach Analogie mit
anderen Arthropodenaugen vielfach als „Glaskörper“ bezeichnet worden ist. Diese Benennung
ist deswegen nicht empfehlenswert, weil die betreffenden Zellen im Scolopenderauge physiologisch
nicht als besonderes lichtbrechendes Medium oder als Glaskörper fungieren. Ihre Aufgabe
besteht lediglich in der Abscheidung von Linsensubstanz, ich bezeichne sie deshalb als
lentigene Zellen. Letztere (Fig. 67 lt) stellen die unmittelbare Fortsetzung der Hypodermis-
zellen dar, nur fehlen zwischen ihnen selbstverständlich die Drüsenzellen.
Die Ausbildung der lentigenen Schicht ist eine sehr variable und steht, wie schon Grenadier
(1880) vermutete, im Zusammenhang mit den Häutungszuständen. Gewöhnlich erhält
man das Bild, welches Fig. 67 wiedergiebt. Die lentigenen Zellen breiten sich alsdann unterhalb
der Linse aus, lassen jedoch die Mitte derselben frei, so dass sie in ihrer Gesamtheit
eine irisähnlich geformte Membran mit centraler Öffnung darstellen. Vor Beginn einer Häutung
ändert sich dies Bild. Die lentigenen Zellen rücken unterhalb der Linse an einander,
die centrale Öffnung verschwindet und die genannten Zellen, die dann eine cylindrische Gestalt
besitzen, stellen eine zusammenhängende, das eigentliche Sinnesepithel vollständig überdeckende
Schicht dar, der die Absonderung einer neuen Cuticularlinse obliegt. Auch bei frisch gehäuteten
Individuen ist eine kompakte zusammenhängende lentigene Zellenlage proximal von der noch
unvollkommen ausgebildeten neuen Linse nachweisbar. Späterhin scheinen diejenigen lentigenen
Zellen, deren Kraft erschöpft ist, zu zerfallen. Hierauf deuten jedenfalls die zahlreichen Chromatin-
brocken und Kernrudimente hin, welche ich nach Ablauf der Häutung an den lentigenen Zellen
beobachten konnte. Die Reste der lentigenen Zellen werden zweifellos resorbiert und die
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