embryonen hauptsächlich in der hinteren Kopfregion sich abspielen, so ist es bei den Oviparen
Arthropoden (Myriopoda, Insekta) in derselben Region zur vorzugsweisen Anhäufung von Nähr-
dotter gekommen. An dieser Stelle ist das embryonale Ektoderm am stärksten ausgedehnt
worden und hier werden dann natürlich auch die überflüssigen Bestandteile desselben sich
vorfinden müssen, oder richtiger gesagt diejenigen Bestandteile des Ektoderms, welche nur
zur Bildung des embryonalen Dottersacks beitragen, die aber bei der Herstellung der definitiven
Körperhaut dann entbehrt werden können. Unter diesen Umständen wird auch gerade
die konstante Bildung der Dorsalorgane in der Nähe des vorderen Körperendes nicht überraschen
können.
Bei den amnioten Insekten liegen die Verhältnisse ganz ähnlich wie bei den mit einem
Dorsalorgan ausgestatteten amnionlosen Formen. Das Ektoderm wird bei den ersteren, soweit
es nicht eben im Keimstreifen selbst sich befindet, und an der Bildung des Amnions sich
beteiligt, in toto zu einem Dottersack (Serosa), welcher jeden Konnex mit dem Embryo verliert
und deswegen auch schliesslich in seiner ganzen Ausdehnung zum Dorsalorgan wird.
Das aus der Serosa hervorgegangene Dorsalorgan amnioter Insekten findet gerade wie das
Dorsalorgan niederer Tracheaten typisch seinen Platz in der Nähe des embryonalen Kopfes.
Von d ies em G e s ic h tsp u n k te au s fa sse ich das D o rs a lo rg a n de r P te ry g o ta als
e in e dem D o r s a lo r g a n von S c o lo p e n d r a u n d am n io n lo s e r In s e k te n im P r in z ip
h om o lo g e B ild u n g auf, ich vermag jedenfalls zwischen ihnen keine scharfe Grenze zu
ziehen, die durch Substitution in irgend einer Weise bedingt wäre. Z w is c h en dem D o r s a lo
rg a n n i e d e r e r und h ö h e r e r A t e lo c e r a t a (T ra c h e a ta ) g i e b t e s n u r e in e n U n te r s
c h ie d in g r a d u e l le r H in s ic h t, in d em b e i d e n e r s t e r e n n u r e in k le in e r T e il d es
E k to d e rm s , be i d en l e t z te r e n a b e r f a s t d a s g e s am te em b ry o n a le E k to d e rm o d e r
d o c h w e n ig s te n s e in s e h r a u s g e d e h n te r T e il d e s s e lb e n d a s D o r s a lo rg a n lie f e r t.
Bekanntlich sind embryonale Dorsalorgane nicht auf die Gruppen der Myriopoden und
Insekten allein beschränkt, sondern sie zeigen sich in mannigfaltiger Weise auch bei den
arthrostraken Grustaceen ausgebildet. Bei letzteren scheinen die Dorsalorgane ebenfalls von
denjenigen Strecken des oberflächlichen Ektodermepithels gebildet zu werden, die bei dem
Aufbau des Körpers überflüssig sind und keine Verwendung mehr finden können.
b. Die K rüm m u n g en b e i d en E m b ry o n e n d e r M y rio p o d e n u n d In s e k te n .
Es sei zunächst darauf hingewiesen, dass mit Ausnahme des bereits besprochenen, ex-
ceptionellen Verhaltens der Collembolen, die Entwicklung des Dorsalorgans sowohl bei Scolopendra
wie bei den Insekten ungefähr in der Mitte derjenigen Entwicklungsperiode sich vollzieht,
in welcher der Eidotter noch als Nährmaterial dient, und die damit als Embryonalperiode
gekennzeichnet ist.
Man kann, wie ich es schon oben für Scolopendra ausgeführt habe, wie es in gleicher Weise
aber auch für die Insekten gilt, die ganze embryonale Entwicklungsgeschichte dieser Tiere ge-
wissermassen in drei Perioden einteilen, von denen die erste die Furchung umfasst, die zweite
die Anlage des Keimstreifs nebst der Segmentierung des letzteren in sich schlieSst, während
die dritte Periode besonders durch die Ausbildung der definitiven Körperform und der inneren
Organsysteme ausgezeichnet ist. Der Übergang von der zweiten zur dritten Entwicklungsperiode
wird nun meist durch bestimmte sehr charakteristische, gewissermassen stürmische Erscheinungen,
die an der Eioberfläche vor sich gehn, vermittelt. Bei Scolopendra wird sie durch
die rasch erfolgende ventrale taschenmesserförmige Einkrümmung des bisher an der Oberfläche
ausgestreckten bandförmigen Keimstreifs bedingt, während bei den Insekten diese Übergangsperiode
mit den schon vielfach beschriebenen eigenartigen Umrollungsvorgängen verknüpft
ist, die mit einer Entblössung der ventralen Körperseite von den Keimhüllen beginnen
und dann ebenfalls zu einer ventralen Einkrümmung des Körpers führen. Während der
genannten lebhaften Entwicklungsvorgänge, also« zwischen der zweiten und dritten Embryonalperiode
, pflegt sich das Dorsalorgan zu bilden, und ich glaube, dass dieser Umstand zu
Gunsten der früher (1895a) von mir geäusserten Ansicht ins Gewicht fällt, dass der Umrollungsprozess
der Insekten in dem Übergang des dorsal gekrümmten, superficiell befindlichen
Keimstreifs zum ventral eingeknickten Embryonalkörper bei den Myriopoden (Chilopoden)
sein Analogon findet.
Eine Erklärung der Krümmungen und Gestaltveränderungen des embryonalen Körpers
bei Myriopoden und Insekten bietet überhaupt manches interessante dar. Man bezeichnet
einen Keimstreifen als dorsal gekrümmt, wenn seine dorsale der Dotteroberfläche anliegende
Seite konkav, seine ventrale der Eischale zugewendete Seite konvex ist. Die Keimstreifen
zahlreicher Insekten und Myriopoden z. B. auch diejenigen von Scolopendra und Geophilus
sind mithin als dorsal gekrümmte aufzufassen.
Bei den Insekten ist bisweilen aber auch der Keimstreif von Anfang an ventral gekrümmt,
indem er mit konvexer Dorsalseite und konkaver Ventralseite in den Dotter einsinkt. Abgesehen
hiervon können sowohl beim dorsal wie beim ventral gekrümmten Keimstreif auch noch
Inversionen des Vorderendes (cephale Krümmung) und des Hinterendes (kaudale Krümmung)
sich geltend machen, wobei dann fast stets das eingekrümmte Körperende ventral eingeknickt
ist, so dass die Ventralseite desselben der ventralen Seite des Körpers zugewendet ist.
Während mithin beim Keimstreif innerhalb der zweiten Entwicklungsperiode verschiedenartige
Krümmungen und Biegungen Vorkommen können, so gilt als Gesetz, dass in der dritten
Entwicklungsperiode sowohl bei den Myriopoden wie bei den Insekten die Embryonalanlage
entweder nur ventral gekrümmt oder (sekundär) gerade gestreckt ist.
In einer früheren Arbeit (1897) habe ich bereits diese verschiedenen Krümmungen der
Insektenembryonen erklärt und sie aufeinander zu beziehen versucht. Neuerdings ist Willey
(1899) im Anschluss an meine Erörterungen auf diese Fragen zurückgekommen. Er wählt
als Ausgangspunkt seine interessanten Beobachtungen an Peripatus novae hritanmae, eine Form,
bei welcher die Embryonen ausser einer ventralen Krümmung ihres gesamten Körpers auch
noch eine besondere kaudale und cephale Krümmung erkennen lassen.
Willey ist geneigt, die ventrale Krümmung der Embryonen von Peripatus novae bntanniae
zu vergleichen mit der ventralen Krümmung der Myriopoden (namentlich Chilognathen) und
weiter mit der ventralen Krümmung, wie sie sich bei niederen Insekten z. B. bei Lepisma
vorfindet und dort zur Amnionbildung geführt hat. Er sagt ,,Thus although the amnion itself
first • appears within the group of the Hexapoda, it does not owe its origin to purely mecha-
nical cause, as has been so often supposed, bat can be traced back, through the link supp-
lied by Lepisma, to the primitive ventral flexure of ancestral forms.“
Es ist mir nicht möglich, mich dieser Ansicht vollkommen anzuschliessen, sondern ich
muss an dem festhalten, was ich schon oben über die Entstehung des Insektenamnions durch