Ebenso bleiben die als „Gelbe Körper“ bezeichneten einzelligen Drüsen der Scheitelplatte
ziemlich unverändert, sie liegen anfänglich zwischen den gleichartigen Zellen des Ektodermpolsters,
rücken dann, wenn aus diesem die Kopfhaut differenziert wurde, an deren Innenfläche,
wo sie mit den Ganglienzellen in Berührung kommen, auch nicht selten zwischen diese
eingebettet werden. Gegen Ende des Larvenlebens sieht man nicht selten weitere solche
Drüsen innerhalb der Ganglien neu auftreten, ihre Herkunft ist dunkel, wahrscheinlich entstehen
sie durch Umbildung aus dem embryonalen Ektoderm.
Endlich ist die K o p fh ö h le zu erwähnen, welche in Form von Spalträumen zwischen
Tentakelanlagen, Ganglien und Kopfhaut erst bei älteren Larven in der bis dahin ganz soliden
Scheitelplatte auftritt. In diesen Spalträumen (Taf. X, Fig. 8, 9, 11) fallen kleinkernige
Zellen von verschiedener Form auf, welche später die Auskleidung der Kopf höhle liefern,
wenn diese bei dem Auseinanderrücken der Kopfteile während der Metamorphose als ein beträchtlicher
Hohlraum entsteht, (cf. unten.) Ferner bemerkt man Fasern von durchaus mesen-
chymatischem Habitus, welche zumal in der Medianlinie zwischen den Tentakelanlagen sich
hinziehen und die dorsale Kopfwand mit dem Cerebralganglion verbinden. (Taf. X, Fig. 11.*)
Die Herkunft dieser Zellen Hess sich nicht nachweisen, es ist natürlich nicht ausgeschlossen,
dass sie vom Blastocöl her als echtes Mesenchym einwandern, resp. von der (mesenchyma-
tischen?) Zellschicht an der Basis der Scheitelplatte abstammen, ebenso gut können wir es
aber mit umgebildeten Embryonalzellen der Ektodermplatte selbst zu thun haben. Man kann
in dem dichtgedrängten Gewebe nicht bestimmen, ob einzelne Zellen im Begriff sind, aus dem
Ektodermpolster der Haut- oder Tentakelanlagen auszuwandern, oder ob sie sich an dieselben
eng angelegt haben.
B. Die aus dem larvalen Gewebeverband zu den Wurmkeimen hinzutretenden Organe.
Soweit wir bisher die Entstehung des Annelids aus der Polygordius-Trochophöra betrachteten,
handelte es sich um den Ausbau zweier Embryonalkeime, welche, ohne irgend Anteil
an den Lebensfunktionen der Larve zu nehmen, einerseits den Kopf, andrerseits den Rumpf
des Wurmes als Neubildungen hervorbrachten.
Es handelt sich aber nun doch nicht etwa um 2 Descendenten der Trochophora oder
um 2 Teile eines Abkömmlings, welche, auf ungeschlechtlichem Wege entstanden, aus sich
heraus den Wurm fertig stellen und dann die „mütterliche“ Hülle verlassen, sondern die Trochophora
giebt, ausser den embryonalen Anlage-Zellen der betr. Ektoderm- und Mesoblastkeime,
auch aus ihrem eigenen Gewebeverband weiteres Material zum Aufbau des Anneliden her.
Erstens nämlich liefert sie die 5 V e r b in d u n g s s tr ä n g e , die den Kontakt zwischen
Kopf- und Rumpfkeim auch im Larvenleben hersteilen müssen, und zweitens wird der la rv a le
Da rm , wenn auch nach merkwürdig gründlicher Erneuerung und Veränderung seiner drei Teile
in den Wurmorganismus übernommen.
1. Die V e r b in d u n g s s tr ä n g e .
a. N e rv i l a t e r a l e s . Wie wir oben gesehen haben, besitzt die junge Larve 8 unverzweigte
Radiärnerven und zwischen diesen einen diffusen Ganglienzellen-PIexus zur Innervierung
der Hautzellen. Ebenso ist schon angegeben worden, wie nur das zweite Paar dieser
Radiärnerven (von vorn gerechnet) sich kräftig entwickelt und die Verbindung zwischen der
Basalfasermasse der Scheitelplatte und der Querkommissur des ersten Bauchganglions (Unter-
schlundga.) herstellt, während der Verlauf der anderen 6 Radiärnerven sich auf die Episphäre
beschränkt.
b. Mu. l a t e r a l e s , Mu. d o r s a lis . Auch das sahen wir bereits, dass an der proximalen
Fläche der N. laterales sich nachträglich Muskelfasern bilden, wie sie ausserdem massenhaft
unter dem Epithel der Hemisphären liegen. Die Muskelfasern wachsen nicht von den ventralen
Longitudinalmuskeln, mit denen sie in Verbindung treten, aus, sohdern werden an Ort
und Stelle gebildet, ebenso wie jene anderen subepithelialen Muskeln aus Mesenchymzellen,
die der Innenwand der Larvenblase anliegen.
Den Mu. d o r s a lis , später die unpaare Verbindung der beiden dorsalen Längsmuskeln
des Rumpfes mit der Scheitelplatte (Kopf), fanden wir schon im hinteren Meridian der Trochophora
vor, ehe nochr der Mesoblast der Rumpfanlage den Darm überhaupt dorsal umgreift
und gar hier (nach Entstehung der Levatoren und Suspensoren) zur Bildung der Longitudinalmuskeln
geschritten ist.
Inwieweit diese fünf Verbindungsstränge während des Larvenlebens „funktionieren“ , ist
schwer zu sagen. Irgend eine Thätigkeit der 3 kontraktilen Stränge vor der Metamorphose
wurde nie beobachtet, würde auch durch die an ihrer Proximalfläche ausgespannte Ringmuskulatur
sehr erschwert sein und zu Zerreissungen führen, ob die nervösen Verbindungen schon
vor der Verwandlung wirklich leiten, ist natürlich kaum zu entscheiden. Es ist besonders auch
deshalb zweifelhaft, weil sie während jenes Aktes so ausserordentlich verkürzt (zusammengeschoben)
werden, dass von einem Persistieren vorher ausgebildeter Leitungswege keine Rede
sein kann, sondern es den Anschein gewinnt, als ob die N. laterales nur das Fasermaterial
für die Schlundkommissur zu liefern hätten.
2. D e r D a rm k an a l.
: Die Zusammensetzung und den Bau des Trochophoradarmes haben wir oben (S. 34 p.)
kennen gelernt und wollen nun sehen, wie derselbe verändert und vorbereitet wird, um den so
ganz anders gebauten und zu ganz anderen Leistungen bestimmten Wurmdarm zu liefern.
Gerade der letztere Umstand lässt ohne weiteres verstehen, warum auch der Darm,
wenn er auch nicht einfach abgeworfen und aus einem Embryonalkeim neu aufgebaut werden
kann, dennoch so tiefgreifend verändert und regeneriert wird. Während die Trochophora nur
zarte, im Wasser suspendierte Lebewesen und Reste in ihren kugeligen Magen hineinstrudelt,
passiert den segmental gegliederten Röhrendarm des Wurmes der Sand und Schlamm, in
welchem er lebt.
Charakteristisch ist nun, dass diese Darmerneuerung in den 3 Abschnitten des Verdauungstrakts
völlig verschiedenartig verläuft.
Während Mund- und Ö s o p h a g u s in Analogie mit den (ebenfalls ektodermalen) Anlagen
von Kopf und Rumpf einer völligen Neubildung von zwei seitlichen Keimstellen aus
anheimfällt und seine alten Zellen verliert, wird das M itte l d a r mepithel einerseits durch Formveränderung
seiner Zellen, andererseits durch diffuse Neubildung (von den „Amöbenzellen“ aus)
zu seiner enormen Streckung befähigt und der „E n d d a rm “ endlich geht mitsamt seiner