Dasselbe gilt, wie schon oben erwähnt wurde, auch für diejenigen isolierten Mesenchym-
zellen, welche in der ventralen Medianlinie des Keimstreifens zur Entwicklung gelangt waren.
4. Genitalcölom, Perikardialseptum und transversale Ventralmuskeln.
In engstem Zusammenhänge mit der Entstehung des Blutgefässsytems steht die Bildung
einer Anzahl von Organen und Geweben, die sich in der nächsten Umgebung des dorsalen
und ventralen Gefässstammes vorfinden.
Wenn in der Rumpfregion die Cardioblasten nach der dorsalen Seite emporrücken, um
sich daselbst in der Medianlinie zur Bildung des Herzrohrs zu vereinigen, so gelangen gleichzeitig
auch die mit ihnen in Verbindung stehenden dorsalen Ursegmentabschnitte an die Rückenfläche
des Körpers.
Es wurde bereits von mir darauf hingewiesen, dass die dorsalen Teile oder Genitalteile
der dorsalen Ursegmentabschnitte (Fig. 50 gcöl) noch deutlich durch Dissepimente gekammert
sind. Somatische und viscerale W and behalten dort noch vollständig ihren epithelialen Charakter
bei, und wenn das Cölom in ihnen auch vorübergehend auf einen schmalen Spaltraum reduziert
wird, so geht es doch niemals gänzlich zu Grunde:
Sobald nun im Anschluss an die Cardioblasten auch die Genitalteile der Ursegmente
zur Dorsalseite des Körpers hinaufgerückt sind, stossen sie dort in der Medianlinie mit den
Genitalteilen der anderen Körperhälfte zusammen, und es entsteht daher, ventral vom Herzen
und diesem eng anliegend, eine doppelte gekammerte Röhre, welche in Fig. 60 (gcöl) dargestellt
ist und der Genitalanlage entspricht. Die weitere Umgestaltung derselben soll in einem späteren
Abschnitt besprochen werden.
Verfolgt man die Genitalteile in lateraler, also vom Herzen abgehender Richtung, so
zeigt sich, wie auch Fig. 60 erkennen lässt, dass die somatische (dorsale) Wand der Genitalanlage
noch direkt in die somatische Wand des dorsalen Ursegmentabschnittes übergeht. Die
viscerale (ventrale) Wand der Genitalanlage verliert sich dagegen bald in einem äusserst
feinen Häutchen, dem später zu erwähnenden Darmperitoneum.
In der ganzen Länge der somatischen Wand des dorsalen Ursegmentabschnitts lösen
sich nun später Zellen ab, die zur Bildung einer dünnen Membran, der Perikardialmembran
Veranlassung geben. Die Ablösung derartiger Zellen geht natürlich auch in dem unmittelbar
dem Herzen benachbarten Genitalteil vor sich, so dass die genannte Membran bis zum Herzen
heran reicht und sich daselbst in zwei Lamellen gespalten an die Adventitia desselben anheftet.
Dort findet die Perikardialmembran aber noch nicht ihr Ende, sondern sie erstreckt
sich vielmehr an jeder Seite noch über das Herz hinaus und setzt sich dorsal von letzterem an
die Körperhaut an. Hiermit kommt das paarige Aufhängeband des Herzens, das ich als Ligamentum
dorsale cordis bezeichne, zu Stande (Fig. XVIV, XVIII, ldc, Fig. 66).
Von Wichtigkeit ist der ursprüngliche Zusammenhang zwischen der Perikardialmembran
und der Dorsalseite der Genitalröhre, welche ja beide aus der somatischen Wand des dorsalen
Ursegmentabschnittes hervorgehen. Wenn nämlich später die Genitalröhre vom Herzen abrückt
und tiefer in das Körperinnere gelangt, so bleibt sie doch zunächst noch durch eine
dünne bindegewebige Lamelle, das Cardiogenitalband, wie ich dieselbe nennen will, mit dem
Perikardialseptum bezw. indirekt dadurch mit der Unterseite des Herzens in Verbindung.
Diese Verhältnisse habe ich an dem beistehenden Schema (Fig. XIV) zu veranschaulichen
versucht. Die Wand der paarigen Genitalanlage (gcöl) steht nur noch an einem Punkte mit der
Perikardialmembran (pm) in Verbindung. Die Verbindung wird durch einen zarten Strang, das
Cardiogenitalband, vermittelt,
welcher das laterale Ende der
dorsalen Wand der Genitalanlage
mit der Perikardialmembran
vereinigt.
Die beiderseitigen Cardio-
genitalbänder, die nach dem
Herzen zu folgende Strecke
der Perikardialmembran und
die beiden dorsalen Auf hänge-
bänder des Herzens (Fig. XIV
ldc) kann man zusammen für
homolog dem dorsalen Mesenterium
von Anneliden betrachten.
Es ist hierbei aber zu
berücksichtigen, dass von den
genannten Bändern nur die
Umgebung des Herzens befindlichen mesodermalen Gewebe ünd Membranen beim
Embryo von Scolopendra. Dorsal gewahrt man das Herz (c), aus zwei in der
dorsalen und ventralen Mediane sich berührenden Muskelzellen bestehend. Dorsal
vom Herzen der (nicht bezeichnete) Dorsalnerv. Ventral vom Herzen die paarige
Genitalanlage mit dem Rest des Cöloms (gcöl). alm = Flügelmuskeln, dmm =
dorsale Längsmuskeln, fc = Fettkörperzellen, liyp = Hypodermis, in c = Epithelschicht
des Intestinums, ldc = dorsales Aufhängeband des Herzens, pm = Perikardialmembran,
splm = Muskularis des Darmkanals, tp = Tunica perilonealis.
Ligamenta cordis “sich dauernd erhalten, während die Cardiogenitalbänder mit der fortschreitenden
Entwicklung der Genitalien und des Fettkörpergewebes unkenntlich werden.
Aus dem Gesagten geht schon hervor, dass nur ein kleiner Teil von Zellen der somatischen
Wand der dorsalen Ursegmentabschnitte zur Herstellung der sehr dünnen und von grossen Lücken
und Öffnungen durchbrochenen Perikardialmembran Verwendung findet. Das übrige Zellmaterial
der betreffenden Ursegmentwände gestaltet sich zu den bekannten in transversaler (horizontaler)
Richtung verlaufenden und intersegmental gelegenen sogenannten Flügelmuskeln des Herzens
um (Fig. XIV alm). Ihre Fibrillenzüge breiten sich auf der dorsalen Fläche der Perikardialmembran
aus und gehen in der Nähe des Herzens in die Fasern dieser Membran allmählich über.
Flügelmuskeln und Perikardialmembran bilden zusammen das Perikardialseptum. Der zwischen
Perikardialseptum und der dorsalen Körperwand übrig gebliebene Raum der primären Leibes-
hÖhlej stellt die paarige Perikardialhöhle dar, in der die dorsalen Längsmuskeln (dmm) liegen.
An der Bauchseite des Körpers ist die Bildung der einzelnen Organe eine sehr ähnliche
wie an der Dorsalseite, nur hat man natürlich zu berücksichtigen, dass alle Teile in spiegelbildlich
entgegengesetztem Sinne orientiert sind.
Die somatischen Wände der ventralen Ursegmentabschnitte werden, soweit sie nicht
bereits bei der Fettkörperbildung aufgebraucht worden sind, zu transversal verlaufenden Muskelsträngen
umgewandelt, die intersegmental gelagert sind und als transversale Ventralmuskeln
bezeichnet werden können. Genetisch entsprechen diese Muskeln vollständig den Flügelmuskeln.
Gerade wie letztere unterhalb (ventral) des Herzrohrs verlaufen,' so befinden sich
die transversalen Bauchmuskeln oberhalb (dorsal) vom Vas ventrale. Der Unterschied beruht
hauptsächlich darin, dass die Flügelmuskeln vermittelst der Perikardialmembran sich an die
Herzwand ansetzen, während die transversalen Bauchmuskeln nicht in direkte Verbindung mit