Weiterhin sehen wir, dass nur die untere Hälfte der Rumpfanlage, der „Afterwulst“,
ein solider Zellring ist, dass aber an diesen sich eine kurze massive Ringfalte anschliesst,
deren Konvexseite nach oben sieht, deren eines (inneres) Blatt dem Enddarm anliegt und in
den Afterwulst übergeht, während das (hutkrämpenartige) Aussenblatt vorn direkt, seitlich
und hinten durch Vermittlung einer dünnen Membran sich mit dem Hyposphärenepithel in der
„Ansatzlinie“ verbindet (Taf. VI, Fig. lb , 3b).
So entsteht zwischen Analfeld einerseits, Rumpf knospe und Verbindungsmembran
(resp. ventralem Aussenblatt) andererseits ein besonderer Raum („Periproktraum“), der durch
den anus larvae nach aussen mündet, während er durch den After mit dem Enddarm (und durch
die Poren der Seitennephridien wahrscheinlich mit dem Blastocöl) kommuniziert.
Endlich finden wir auf Schnitten, dass zwischen Enddarm und dem Innenblatt der
beschriebenen Ringfalte jederseits noch eine kompakte Zellplatte, die M e so b la s ta n la g e , sich
befindet. Wir wollen jedoch aus praktischen Gründen diese und ihre Weiterentwicklung einstweilen
ganz zurückstellen, um zu sehen, wie sich im Speziellen der ektodermale Teil der Rumpfanlage
gestaltet und bis zur Reife weiter entwickelt. (Mesoblast: cf. pag. 50.)
a. Das Ektoderm der Rumpfanlage.
Vor A u f t r e t e n d e r S e k u n d ä r f a lte n :
Hier ist topographisch wie histologisch einiges Spezielle nachzutragen, denn bereits bei
recht jungen Larven beginnen erhebliche Komplikationen platzzugreifen. Diese betreffen zunächst
die erwähnte Ringfalte, welche nicht einheitlich bleibt, sondern sich in vier Teilen verschieden
weiter entwickelt, d. h. genauer: die beiden seitlichen Teile entwickeln sich gleichartig,
aber ganz anders als der ventrale und dorsale Abschnitt, die sich ihrerseits einander
wenigstens annähernd gleichartig weiterbilden. Soweit diese Verschiedenheit das „Aussenblatt“
berührt, wurde sie bereits erwähnt: ventral ist dasselbe schon früh sehr lang, sodass
es bis zur Ansatzlinie reicht; seitlich erscheint es viel kürzer, geht aber in die schleierartig
dünne, ektodermale Seiten- und Rückwand des Periproktraums über (Schema Textfig. 11);
ein dorsales Aussenblatt tritt etwas später auf, übertrifft aber bald an Länge die seitlichen
Teile, während es hinter dem ventralen Blatt stets
zurück bleibt. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es
spitz zuläuft und dass seine Umschlagkante zum Innenblatt
(„Faltengrund“) eine Zeitlang median tief eingekerbt
ist (Taf. VI, Fig. 4 a).
Diese Umschlagkante der ganzen Ringfalte ist im
übrigen dadurch kompliziert, dass sie auf, wenig späterem
Stadium in einen ventralen, dorsalen und zwei
seitliche Teile getrennt ist. Zwischen dem ventralen
Faltengrund und jedem seitlichen sind Mesoblastzellen
eingekeilt, aus denen die Retraktoren, zwischen diesem
und der dorsalen Umschlagkante treten etwas später
Ventralfalte, Aussenblatt.
F ig . 9. Q u e r s c h n i t t d u r c h d e n o b e r s t e n
T e i l e i n e r j u n g e n R u m p f a n l a g e , ( o h n e
S e k u n d ä r f a l t e n ) s c h e m a t i s c h .
D ie 4 P rim är-„T asch en “. E k to d e rm : A u ssen b latt
d u n k e l, In n e n b la tt h eller sch raffiert, M esoblast
schw arz. E b enso in F ig . 10—13.
Mesoblastzellen auf, aus denen die Levatoren entspringen.
Endlich ist hinzuzufügen, dass im Bereiche jedes Faltengrundes Aussen- und Innenblatt
seitlich verschmolzen sind, sodass man hier eigentlich von v ie r T a s c h e n sprechen müsste
(cf. Schema Textfig. 9 und Taf. VI, Fig. 3a).
Noch einige Worte über die Gründe der Verschiedenheit der Falten, die natürlich mit
ihren Funktionen Zusammenhängen:
Die V e n t r a l f a l t e ist von Anfang bis zu Ende die bei weitem stärkste, weil einmal,
wie wir bei der Mittelmeerlarve sehen werden, die ganze Rumpfanlage ventralen (präanalen)
Ursprungs ist, andererseits, weil hier die N. laterales aufzunehmen und später die mächtigen
Ganglien und Fasern des Bauchstrangs auszubilden sind. Schon auf dem Stadium der Fig. 1
(Taf. I) sehen wir an den beiden seitlichen Ecken des unteren Aussenblattrandes die N.
laterales (noch ohne Mu. lat.), eintreten und median zur künftigen Querkommissur des Unterschlundganglions
zusammentreten.
Die D o r s a lf a lte wird erst dann als solche deutlich, wenn die dorsalen Levatoren
ausgebildet sind und der Mu. dorsalis der Larvenhaut mit den Fasern der dorsalen Longitudinalmuskeln
in Verbindung tritt. Der Grund dieses späteren Auftretens liegt darin, dass
die Longitudinalmuskeln überhaupt später gebildet werden als die Anlage des Bauchstrangs,
welche von vornherein ein starkes Uberwiegen der ventralen Teile bedingt.
Die S e i te n f a l t e n endlich sind die einzigen, deren Aussenblätter auf den jüngsten
Stadien stärker sind als später. Dieselben tragen von Anfang an die Seitennephridien, sie
bekommen relativ wenig Zellzuwachs und während die beiden ändern Falten ihre Masse
nur durch immer weitergehende Faltung unterbringen können, müssen die Seitenfalten
sehen, wie sie mit ihren spärlichen, immer länger und dünner ausgezogenen Zellen die
Verbindung zwischen den mehr und mehr auseinanderrückenden Bauch- und Rückenteilen
hersteilen.
Uber die H is to lo g ie dieses jungen Rumpfektoderms ist nicht viel zu sagen. Wir
haben es mit typisch embryonalem Gewebe zu thun, die grossen ovalen Kerne sind so dicht
gedrängt, dass Zellgrenzen zu sehen ausgeschlossen ist, dabei sind Mitosen in allen Teilen der
Rumpfanlage sehr häufig.
Die Kerne zeigen i. a. das Bestreben, ihre Längsachse senkrecht zur Wachstumsachse einzustellen
und liegen daher meist parallel neben einander. Zunächst sind alle Blätter, noch
lange oder eigentlich stets die Seitenblätter einschichtig.
Der A n a lw u ls t zeichnet sich dadurch aus, dass seine länglichen Kerne im distalen
Zellabschnitt liegen, dass der proximale stets fein gestreift erscheint und dass alle Zellen
kranzartig auf den Innenrand des Wulstes zu konvergieren, welcher von den Ringfasern des
analen Sphinkter eingenommen wird. Letzterer scheint mesenchymatischer Herkunft zu sein.
Bemerkenswert ist im Anal wulst besonders das P r ä a n a lo rg a n , eine grosse ovale Zelle direkt
am ventralen Rande des Afters, deren Zellleib ganz merkwürdig hell und locker für eine
Wimperzelle ist. Die Cilien sind äusserst dünn, sie inserieren in der üblichen Weise vermittelst
Basalknöpfchen (cf. Taf. VI, Fig. 5).
Damit haben wir ein ziemlich erschöpfendes Bild des jungen Rumpfektoderms gewonnen,
es erübrigt nur noch zu bemerken, dass die Formen der Falten einigermassen variabel sind,
dass schon früh eine Bewegung, die in einem Glätten und Zusammenziehen der Falten besteht,
bemerklich ist, und endlich, dass bis zur Ausbildung des levator dorsalis häufig beobachtet
wird, wie durch Kontraktion der Retraktoren der ventrale Teil nach oben gezogen wird,