Die primäre Zahl der Antennenglieder beträgt 17. Diese Zahl habe ich bei beiden Arten
im Fetusstadium und bei Scol. dalm. auch regelmässig im Adolescensstadium beobachtet*),
letzteres bemerke ich besonders, weil Latzei (1880) angiebt, dass die von ihm untersuchten
Dalmatica-Individuen während des Adolescensstadiums im Gegensatz zu den ausgebildeten
Formen mehr als 17 Fühlerglieder (bis zu 21) besassen. Eine grössere Zahl von Antennengliedern
wird sicherlich gelegentlich auch schon bei ganz jungen Tieren Vorkommen können,
gerade so wie ich sie mehrfach auch bei Erwachsenen beobachtet habe, doch darf die grössere
Gliederzahl jedenfalls .nicht als ein specifisches Merkmal des Adolescensstadiums betrachtet werden.
Die Mandibeln behalten relativ lange die Form einfacher Zapfen bei. Späterhin bekommt
ihr nach vorn und innen (medial) gerichteter Rand Einkerbungen» so dass eine Reihe von 5
(qivgulata) oder 4 (dalmatica) Zacken entsteht, von welchen ein jeder in einige Spitzen aus-
iäuft- Die Zacken und Spitzen bedecken sich mit einer starken Chitins.chicht. In dieser
Form sind die Mandibeln während des Fetusstadiums (Fig. VIII) ausgebildet,
doch sind sie zu dieser Zeit noch einfach, und es fehlen ihnen
noch besonders die am Hinterende befindlichen parallelen Borstenreihen
(die sog. Wimperkämme). Letztere kommen erst der Adolescens zu,
bei welcher die Mandibeln eine Zusammensetzung aus mehreren Stücken
aufweisen und überhaupt schon völlig das definitive Aussehen darbieten.
Es wurde von Latzei die Vermutung geäussert, dass die an den
Mandibeln von Scolopendra in zwei Querreihen vorhandenen Zähne
„sich wahrscheinlich auf 4|j§5 verwachsene Zähne zurückführen lassen4
Diese Vermutung hat sich als richtig herausgestellt, indem die späteren
Einzelzähne den Spitzen der erwähnten 4 oder 5 ursprünglich vorhandenen
Mandibularzacken entsprechen.
cefa
Fig. VIII. Linke Mandibel
von Scol. dalm. im Fetalstadium.
cod — Condylus
für die Artikulation mit
Üem Kopf, wp == Stelle,
an welcher später de?
Wimperkamm entsteht,
Z = Zahnplatte mit vier
Zacken.
Da die Mandibeln bei der Bildung des Kopfs in der Medianlinie ziemlich nahe aneinander
rücken, so. kann es. im Mandibularsegmente nicht zur Entfaltung einer eigentlichen Bauchplatte
kom.qien. Letztere wölbt sich vielmehr nach der Ventralseite vor und bildet dort einen medianen
Zapfen, den man als Hypopharynx zu bezeichnen hat.
Die Entwicklung dieses Hypopharynx, der in Fig. 24 von einem Embryo abgebildet ist,
kon.nte vpn mif gan? genau verfolgt werden. Es ist zweifellos, dass der Hypopharynx bei den
Scofopendern nur aus dem Sternit des Mandibelsegments hervorgeht, und dass sich an seiner
Zusammensetzung Extremitätenanlagen in keiner Weise beteiligen. Der Hypopharynx stelk
anfangs nur eine einfache mediane Erhebung dar. Erst später bildet sich an ihm eine, auch
in Fig. 24 markierte mediane längsverlaufende Rinne aus, welche in die Mundöffnung hinüber-
ieitef. Diese Rinne ist auch an dem in Fig. XIX dargestellten Schnitt erkennbar. In Folge
der Ausbildung einer solchen Rinne erscheint der Hypopharynx dann aus zwei lateralen Hälften
zusammengesetzt, obwohl seine erste Anlage durchaus unpaar ist.
Die Bildung des vorderen Maxillenpaars vollzieht sich in etwas abweichender Weise.' Man
beobachtet zunächst, dass, sich medial an der Extremitätenbasis ein höckerförmiger Vorsprung
entwickelt. Derselbe ist auch in Fig. 24 schon ganz schwach angedeutet. In etwas späteren
*) Ein Adolescens von Scol. dalm. besass, ausnahmsweise auf einer Seite 16gliedrige, auf der anderen Seite, nur
14 gliedrige Antennen, deren letzte Glieder normal ausgebildet waren. Vermutlich dürfte hier in einem früheren Stadium
eine Verletzung stattgefunden haben.
Stadien, wenn dieser Vorsprung länger geworden ist, zeigt es sich, dass er dem basalen oder
coxalen Gliede der vorderen Maxille angehört, er kann demnach als Coxalfortsatz bezeichnet
werden. Die beiden Coxalfortsätze des vorderen Maxilienpaares rücken dann in der medianen
Mittellinie immer dichter aneinander, bis sie sich dort fast berühren.
Die vorderen Maxillen eines Fetus von Scol. cing. habe ich
in Fig. IX abgebildet. Sie besitzen im wesentlichen schon den
definitiven Bau. Die beiden Coxalfortsätze (cöxl) liegen neben
einander. Die primäre Extremitätenanlage ist dreigliedrig geworden.
Die beiden distalen Glieder (2 und 3) repräsentieren zusammen die
^äussere Unterkiefefläde“ oder ,,Mala maxillarnm externa“ nach
Latzei (1880), das basale Glied (1) samt seinem Coxalfortsatz entspricht
der „Mala maxillarimi interna“. Das Sternit des vorderen
MaxillenSegments ist zu einer schmalen, basalen Plätte geworden
(Stern).
Die Entwicklung des hinteren Maxillenpaares und der Maxilli-
pedert Weicht etwas von deri soeben geschilderten Verhältnissen ab.
Urti ein richtiges Verständnis zu gewinnen, muss man sich vör allem
vor Augen halten, dass die bei dem 1. Maxillenpaar bereits stättfindende
Fig. IX. Vorderes Maxillenpaar
von Scol. cing. im Fetalstadium.
1 —3 = die drei Glieder des Ex-
tremitätenstamms, coxl = Coxalfortsatz
des Basalgliedes, steril
= Sternit des vorderen Maxillensegments.
efige Aneinanderlägerung der beiden Kieferhälften bei den 2. Maxillen und bei den
Kieferfüssen zu einer vollständigen medianen Verwachsung der basalen Glieder oder Coxen
führt. In Folge dieser medianen Verschmelzung wird aber auch noch das Sternit des betreffenden
Segments in sofern in Mitleidenschaft gezogen, als es sich ebenfalls mit den verwachsenden
beiden Coxen vereinigt; Hiermit gelangt in den genannten beiden Segmenten eine ü n p a a r e
S te r ho c o x a lp l a t t e zur Ausbildung.
Ich gehe Zunächst auf die hinteren Maxillen ein. Hier ist besonders hervorzuheben, dass
dieselben beim Keimstreifen an ihrer Lateralseite in der Nähe der Basis (anscheinend am
späteren Zweiten Gliede der Extremität) einen höckerartigen Auswuchs bekommen. An dem
letzteren Wird der bereits erwähnte cütikulare Eizahn gebildet. Nach der Entwicklung der
beiden Eizähne findet eine starke Streckung der Gliedmassenanlagen statt, bei welcher die
Auswüchse wieder ausgeglichen werden. So kommt es, dass, wie Fig. 17 zeigt, an der schon
etwas abgehobenen Cuticula noch die Eizähne sichtbar sind, während die dazu gehörigen Bil-
dungshöcker schon verschwunden sind.
Die primäre Gliedmassenanlage Wird bei den hinteren Maxillen fünfgliedrig (Fig. X). Das
erste oder basale Glied Wurde früher als ,,Stamm“ bezeichnet, die drei folgenden Glieder pflegte
man als dreigliedrigen „Taster“ aufzufassen. Das kleine Endglied wurde hierbei überhaupt nicht
mitgezählt, sondern nur als ,,Klaue“ aufgeführt. Diese Deutung ist nicht zutreffend, denn es
handelt sich nicht um eine Kläue, sondern um ein kurzes echtes Glied, welches beim Fetus
noch gartZ deutlich als solches entwickelt ist, und erst später (vom Adolescensstadium an)
stärker chitinisiert und sich klauenförmig gestaltet.
Die „Nebenkiauen“ der hinteren Maxillen sind dagegen lediglich als Cuticuläfgebilde äüf-
zufassen, sie fehlen übrigens noch im Fetusstadium. Das Gleiche gilt von den an der oberen
(dem Körper zugewendeten) Seite des 4. Gliedes befindlichen Sinneshaafen, welche ebenfalls
erst im Adolescettsstadium erscheinen. Nur die lappenartige Verlängerung dieses Gliedes, die