
Auch innerhalb des -Gehirns selbst -sind isolierte Querkommissuren nicht zur Sonderung
gelangt. Nur eine breite quere, äus Punktsubstanz bestehende MaSsfibüberbrückt im Gehirn
dorsal den Schlund. In ihr verlaufen Fibrillenzüge in verschiedenartigen Richtungen.
Ich konnte beim ausgebildeten Tier in der Punktsubstanz des Gehirns im wesentlichen
drei transversal verlaufende Fibrillenzüge nachweisên, die auch Saint Rémy (1889); dem
genaueste Beschreibung von dem histQl®gischen|)|au deliScoIogfndergehirns zu verdanken ist,
nachgewiesen hat. In diesen drei Faserzügen sind wohl ohne Zweifel die Reste der drei Querkommissuren
der Ganglienpaare des l’rotocerebrums, Deuterocerplirums und Tritocerebrums
also der Ganglien d^-Präantennen-,, ,dçs Antennen- und Interealarsegments zu erblicken. -Di|t
beiden letzteren wurden bereits vonSaint Rémy in entsprechender Weise als commimif, , , j|
cérébrale (antennaire) und als comm^ife, tritoeérébralè bezeichnet. Die protocerebrale Kommissur
hat derselbe dagegen als commissure des lobes, optiques gedeutet.
Ich habe di& f,cpnamssitre des lobes optiques“ nicht so stark ausgebildet gefunden, wi&sie
der französische Autor wohl in einer etwas.,schematischen Weise (Tl. V, Fig. 56) abgebildct
hat, und ich konnte die betreffenden Fäserzüge yör allem niemals bis in dieiieigentliehe MasMe
der Lobi optici hinein, verfolgen. Aus diesem Grunde, bin ich der Meinung, dass eine eigentliche,.
den Lobi optpci. zugehörende und;«»* ihnen gebildete Kommissur nicht existiert, und diSsl
der bisher ujjph^eine solche gehaltene Teil in Wirklichkeit der Querkommissur der protoCëre-
bralen Ganglien entspricht. 'Da diese.Ganglien, w%-ich eben auseinandergesetzt llb e , in diji
Substanz des Vorderhirns einschmelzéh- und noch zur Bildung, »desselben beitragen, so^st-es
erklärlich, dass).beim ausgebildeten Gehirn die protoijrebräle Kommissur ihre Lage zwischen
den Frontallappen einnehmen muss. :
Die im Gehirn von Scolopendra vorhandenen drei Kommissuren sin$|als*die Kommis*
suren der, den dil^ vordersten po|{pralen Segmenten angehörenden,. Rumpfgänglien zù l l p
trachten. Die präoralg Lage dieser Kommissuren ist nicht etwa- eine Besonderheit , durch
welche sich gerade Scolopendra¡auszeichnet, sondern erhandelt sieh hierbei bek an n ffe 'um ein
Gesetz, das im Prinzip für sämtliche Arthropoden gültig ist, indem bei den letzteren Ä t s die Köm-
mlssurenppoji einem oder von mehreren der vordersten Rumpfganglien vor dem Mundèslfegen.
Diese Lage .erklärt sich optogenettsch durch die späte Entwicklung der Querkommissuten,
welche erst dann zur Ausbildung gelängen, wenn die zugehörigen vordersten Rumpfganglien
bereits eine präorale Lage gewonnen haben.
4. Hirnbriieke und Eingeweidenervensystem.
In der unmittelbar auf die Einkrümmurig des Keimstreifs folgenden wichtigen Bildungsperiode
kommen gleichzeitig mit den Anlagen zahlreicher anderer Organe auch die ersten Andeutungen
des Eingeweidenervensystems zum Vorschein.
An der dorsalen Fläche des jffomatsdäums und zwar an der Basis der Oberlippe findet
eine Differenzierung der dort befindlichen Ektodermzellen- statt. Die Kerne derselben rücken
ganz an die Basis des Zellkörpers, letzterer zieht -sich überhaupt mehr und mehr ..von dem
Lumen des Stomatodäums.zurück, und es entsteht dadurch an der betreffenden Stelle eine
Einsenkung', welche vollkommen den Habitus einer Gangliengrube des Bauchmarks besitzt
(Fig. XXXIX fgl).
Die sich einsenkenden Zellen, die übrigens abgesehen von ihrer abweichenden Lage
auch duich die hellere Färbung ihrer Kerne gekennzeichnet sind, lösen sich bald vollständig
von der Epithelschicht des Vorderdarms ab und stellen, nachdem ihre Plasmaausläufer in bekannter
Weise Punktsubstanz geliefert haben, ein rundliches Ganglion dar.
Die Existenz dieses als Ganglion frontale zu bezeichnenden Gebildes (Fig. 65 fgl) ist
indessen nur eine vorübergehende. Wenn bei der Bildung des Kopfes die Ganglien des Inter-
calarsegments nach der Dorsalseite empor rücken, so legen sie sich an die rechte und linke
Seite des Ganglion frontale an, um sich bald darauf vollständig mit ihm zu vereinigen. Eine
Unterscheidung, wie weit der von den Loben des Tritocerebrums gelieferte Anteil und wie
weit derjenige des Ganglion frontale reicht, ist dann nicht mehr zu ziehen. Das Ganze stellt
nunmehr eine- gemeinsame Masse (Fig. XXIV po) dar, deren medianer Abschnitt jedenfalls
aus dem Ganglion frontale hervorgegangen ist, und welche von Saint Remy (1889) als pont
stomato-gastrique bezeichnet wurde.
Die Hirnbrücke befindet sich oberhalb des Schlundes und schliesst sich dort eng an die
Unterseite des gleichfalls präoralen Vorderhirns an. Zwischen dem Vorderhirn und der Gehirnbrücke
bleibt schliesslich nur ein rundliches Loch (Fig. 65 fore) übrig, durch welches die
Arteria cefhalica nebst zwei Muskeln und einem dorsalen kleineren und ventralen grösseren
Tracheenstämmchen hindurchtritt. Die genannten in dem Foramen cerebri gelegenen Organe,
namentlich die Arterie (acr) und die Muskeln sind an Fig. XXIV zu erkennen. Mit der Entwicklung
der Hirnbrücke hat das Gehirn von Scolopendra die ihm eigentümliche kompakte
Gestalt erlangt.
Im Anschluss an die Bildung des Ganglion f rontale erfolgt diejenige des Nervus recurrens,
welcher vom Hinterende der Hirnbrücke seinen Ursprung nimmt. Der genannte Nerv lässt
sich auf Ganglienzellen und Nervenzellen zurückführen, die in der Medianlinie aus der dorsalen
Wand des Stomatodäums austreten (Fig. XXXIX n. rec). Wenn auch an einzelnen Stellen
die Auswanderung dieser Zellen in grösserer Zahl vor sich geht, so kommt es doch nicht
mehr zur Bildung von weiteren Gangliengruben. Grössere gangliöse Anschwellungen fand ich
überhaupt im Bereiche des Nervus recurrens nicht mehr vor. Der letztere bleibt dauernd der Epithelschicht
des Stomatodäums aufgelagert und verläuft also zwischen dieser und der Muskularis.
Als Andeutungen eines paarigen Eingeweidenervensystems sind möglicher Weise zwei
kleine Nerven aufzufassen, die an der Ventralseite des Gehirns am Hinterende der Loben des
Deuterocerebrums entspringen. Dieselben wurden auch von Saint Remy (1889) bemerkt.
5. Das dorsale Nervensystem.
Unabhängig von den bisher genannten Nervencentren, nicht nur von denen des Eingeweidenervensystems,
sondern auch denen des Gehirns und Bauchmarks gelangt an der Dorsalseite
des Körpers ein feiner Nervenstamm zur Anlage.
Entsprechend dem Entwicklungsprinzip des ganzen Organismus, dessen Bildung von der
ventralen zur dorsalen Seite fortschreitend sich vollzieht, entsteht der dorsale Nervenstrang